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Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Titel: Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
Autoren: Jens Rüffer
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Vergrößerungen ein eigenes Kapitel (10). Hervorzuheben sind hier weniger die beginnenden Debatten um den Bauluxus, die schon bei der Materialwahl von Stein gegenüber Lehm oder Holz einsetzten, sondern die in einigen Exempla erzählten Befürchtungen der Brüder, dass sie durch den Hausbau ihre Gabe zur Predigt verloren hätten bzw. dass sie nicht in den Orden eingetreten seien, um Baumeister zu werden. Für die frühe Phase beider Orden dürfte zudem charakteristisch sein, dass man nicht in großen Zeiträumen dachte und deshalb an langfristigen Bauprojekten kein Interesse hatte.
    Die Beschlüsse des franziskanischen Generalkapitels von Narbonne 1260 zeigen sprachlich und inhaltlich eine gewisse Orientierung an den zisterziensischen Generalkapitelbeschlüssen, da hier auf Begriffe wie Neugier ( curiositas ) und Überfluss ( superfluitas ) zurückgegriffen wurde, um nicht ordenskonforme Gestaltungsweisen zu charakterisieren. Unter der Rubrik „Über die Beobachtung der Armut“ heißt es in Kapitel 15 „Wenn aber die Neugierde ( curiositas ) und allzu große Ansprüche ( superfluitas ) der Armut entgegenstehen, ordnen wir an, dass die Neugierde in Bezug auf die Gebäude, in Bildern, in getriebenen Metallarbeiten, Fenstern, Säulen und dergleichen oder die allzu großen Ansprüche in Bezug auf die Länge, Breite und Höhe [der Gebäude], gemäß den örtlichen Bedingungen strengstens vermieden wird.“ In den Kapiteln 17 und 18 wird noch ergänzt: Die Kirchen sollen keine Gewölbe besitzen, ausgenommen jenem in der Hauptapsis. Auch wurden die üblichen Glockentürme untersagt. Man verbot zudem figürlich bemalte oder mit narrativen Szenen ausgestaltete Fenster. Jedoch für jenes hinter dem Hochaltar im Chor waren Abbilder des Gekreuzigten, der heiligen Maria, Johannes, Franziskus oder Antonius erlaubt. Während die Bestimmungen reformmonastischer Rhetorik entsprechen, zeugt der kleine Einschub „gemäß der Bedingung vor Ort“ ( secundum loci conditionem ) für eine sinnvolle Relativierung. Denn nicht ein absoluter, ewig gültiger Maßstab war gefordert, sondern ein signifikanter Unterschied zu den anderen.

    132 ▲ Erfurt (Thüringen), Dominikanerkloster, Ansicht des Chores und des östlichen Klausurflügels von Südosten. Eine genaue Betrachtung der Fassade des Klausurflügels zeigt noch Reste der mittelalterlichen Fenstergliederung.
    Mit dem Predigerkloster zu Erfurt ( Abb. 132 ) ist ein imposanter Gebäudekomplex erhalten geblieben,
    |134| der vor allem durch den noch in weiten Teilen erhaltenen Konventsbau ein Kleinod der Bettelordensarchitektur in Deutschland darstellt. Da die Architektur der Predigerkirche noch Gegenstand sein wird, sollen im Folgenden nur Funktionsräume erläutert werden.

Nachwort
    D er Streifzug durch die Geschichte des Mönchtums und seiner Bauten zeigte, dass der Begriff der Ordensbaukunst zur Beschreibung der Bautenvielfalt nicht trägt und dass die regionalen Kontexte, die Landschaftsgebundenheit sowie die lokalen Gegebenheiten eine größere Rolle spielen, als die These von einer Ordensarchitektur zulassen kann. Denn hierbei muss über große geografische Räume so stark abstrahiert werden, dass die vermuteten Konzepte nicht mehr anschaulich auf konkrete Bauten bezogen werden können. Die zisterziensische Idee der forma ordinis bringt das Problem auf den Punkt. Der Begriff ist so abstrakt, dass er zeitlich immer wieder aktualisiert werden konnte, ohne im Detail normativ zu sein. Die Zisterzienser waren also hiermit in der Lage, dynamische Prozesse und Veränderungen zu verhandeln, ohne einer anachronistisch gewordenen Vergangenheit das Wort zu reden. Es verwundert deshalb nicht, dass die einschlägigen Gewohnheiten der verschiedenen Orden kaum Informationen zur Architektur enthalten, sieht man einmal von der Nennung von Funktionsräumen ab. Selbst die wenigen Beschlüsse der Generalkapitel sind diesbezüglich wenig erhellend. Auch hier werden dehnbare Konzepte bemüht. Begriffe wie Notwendigkeit ( necessitas ), Demut ( humilitas ) oder Überflüssiges ( superfluitas ) sind ebenfalls hinreichend abstrakt und flexibel genug, um nicht an möglichen konkreten normativen architektonischen Details zu scheitern. Andererseits ist nicht zu bestreiten, dass Ordensgemeinschaften eine Art „Corporate Identity“ anstrebten, also für ihr spirituelles Reformprogramm einen adäquaten äußeren Ausdruck suchten. Doch dieser findet sich eher in der Liturgie, dem normierten Verhalten, den
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