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Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Titel: Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
Autoren: Jens Rüffer
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in andere Konvente zu versetzen, in ordenseigene Einrichtungen zu senden oder auf Missionsreise zu schicken.
    Die Ausrichtung der Bettelorden auf die öffentliche Predigt, auf Beichthören und Spende der Sakramente hatte Konsequenzen für ihr Verhältnis zu den bestehenden alten urbanen kirchlichen Einrichtungen, die bisher die Seelsorge übernahmen, und dies waren in der Stadt die Bischofskirchen, Chorherrenstifte und die von diesen betreuten Pfarrkirchen. Die Auseinandersetzungen gewannen an Schärfe, nachdem die Bettelorden sich durch päpstliche Exemtion der bischöflichen Kontrollgewalt weitgehend entzogen, indem es ihnen offiziell erlaubt war, eigene Kirchen zu errichten, in diesen ohne Bischofserlaubnis zu predigen, Beichte zu hören, Sakramente zu spenden oder Begräbnisse auf den eigenen Friedhöfen durchzuführen. Aber auch untereinander konkurrierten Franziskaner und Dominikaner, deren Ziele in dieselbe Richtung führten, um Zuhörer, Spenden und Almosen, Lehrstühle und Lehrmeinungen, Nachwuchs und Neugründungen.

    127 ▲ Regensburg (Bayern), Franziskanerkloster, Klosterkirche, Darstellungen von Berthold von Regensburg und der heiligen Clara. Berthold von Regensburg, der auch in dieser Kirche begraben wurde, war der prominenteste Franziskanerprediger seiner Zeit im deutschen Sprachraum.
    Mit Berthold von Regensburg (1210 – 1272), David von Augsburg († 1272) oder Konrad von Sachsen († 1279) besaßen die deutschen Franziskaner des 13. Jahrhunderts überregional berühmte Prediger. Berthold von Regensburg ( Abb. 127 ) gilt als einer der bedeutendsten Prediger in der Volkssprache. Er war schon zu seinen Lebzeiten ein Mythos. So schrieb der Ordensbruder Salimbene von Parma (1221 – 1288/89) in seiner Chronik (Bd. II, S. 239) über Berthold: „Er gehörte dem Minoritenorden an, war Priester und Prediger, von ehrbarem und heiligem
    |128| Leben, wie es einem Mönche ziemt. [...] Und alle, die ihn gehört haben, sagen, daß seit den Aposteln bis auf unsre Tage niemand in deutscher Sprache ihm gleichgekommen sei. Ihm folgte eine große Menge von Männern und Frauen, zu Zeiten 60 000 bis 100 000, manchmal eine ungeheure Masse aus mehreren Städten vereint, um seinen honigsüßen, heilbringenden Worten zu lauschen. [...] Er bestieg, wenn er predigen wollte, einen Belfried, das ist ein hölzerner Turm, der etwa nach der Art eines Glockenturms gebaut ist und den er als Kanzel auf den Feldern benutzte; auf dessen Spitze ferner von denen, die das Gerüst aufstellten, eine Fahne aufgepflanzt ward, damit aus der Richtung des Windes das Volk erkenne, auf welcher Seite es sich niedersetzen solle, um am besten zu hören. Und wunderbar zu sagen: Es hörten und verstanden ihn ebensogut die von ihm Entfernten, wie die unmittelbar neben ihm Sitzenden, und keiner stand während seiner Predigt auf und entfernte sich, bevor sie zu Ende war.“

    128 ▲ Regensburg (Bayern), Franziskanerkloster, Klosterkirche, Blick vom Mittelschiff des Langhauses in den Chor nach Osten. Die Kirche besticht durch gesteigerte Raumproportionen und Schlichtheit der Architekturglieder.
    Die wenigen Lebensdaten sind durch Anekdoten und Geschichten in den chronikalen Überlieferungen so angereichert worden, dass die dahinter stehende historische Figur zu verschwinden scheint. Bruder Berthold ist wahrscheinlich am Magdeburger Studienhaus ausgebildet worden und seit 1240 als Prediger in Augsburg bezeugt. Er predigte im gesamten süddeutschen Raum und dies mit derartigem Erfolg, dass ihn Papst Urban IV. (1261 – 1264) 1263 zum Prediger gegen die Häretiker in Deutschland, Frankreich und der Schweiz einsetzte. Er starb am 14. Dezember 1272 und wurde im Kloster der Minderen Brüder zu Regensburg begraben ( Abb. 128 ).
    Berthold hielt seine Predigten in deutscher und lateinischer Sprache. Von den fünf überlieferten lateinischen Predigtsammlungen, die in einer Vielzahl von Handschriften überliefert sind, gelten drei als authentisch. Im Gegensatz zu den volkssprachlichen sind die lateinischen Sermones in der Gedankenführung systematischer, konzentrieren sich mehr auf die Auslegung von Schriftstellen und stützen die Überzeugungen durch den Hinweis auf Autoritäten. Die unter seinem Namen überlieferten Sammlungen deutscher Predigten, die nur in acht Hauptmanuskripten erhalten sind, gehen zwar auf lateinische Predigtexzerpte von ihm zurück, sind jedoch von einem unbekannten Autor aus seinem Umfeld verfasst worden. Sie werden heute als
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