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Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Titel: Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
Autoren: Jens Rüffer
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eigenständige literarische Texte betrachtet, die zur erbaulichen Lektüre in einem affektiven Stil niedergeschrieben wurden. Bereits im ausgehenden 12. Jahrhundert begann man Predigtsammlungen zu kompilieren, die Handbuchcharakter hatten. Auch Berthold hinterließ einige. Zusammen mit den in dieser Zeit aufkommenden Lehrbüchern über die „Kunst zu predigen“ ( ars praedicandi ) gehörten diese zum Rüstzeug all jener Brüder, die den Auftrag zur Predigt erhielten.
    |129| Mag auch die überlieferte Zuhörerzahl von mehreren Zehntausend ins Reich der Legende gehören, so zog Berthold doch ein großes Publikum an, vorrangig aus den städtischen Mittel- und Unterschichten. Auch Berthold predigte, wie viele seiner Zeitgenossen, in Kirchen oder im Freien auf Plätzen ( Abb. 129 ). In den volkssprachlichen Predigten, die von wechselnder Zuhörerschaft geprägt sind, dominiert der Aufruf zur Bekehrung und Buße. Ein kaum oder wenig gebildetes Publikum musste emotional überzeugt werden. Eindringliche Beispiele ( exempla ) aus dem täglichen Leben, eine bildhafte Sprache, drastische Vergleiche, das Eingehen auf den Erfahrungshorizont des jeweiligen Publikums, interaktive Strategien, die dialogisch zwischen Redner und Hörer wechselten, Wortspiele oder bekannte Redensarten konnten eine äußerst lebendige Atmosphäre erzeugen und die Menschen bewegen. Im Mittelpunkt stand zwar eine allgemeine moralische Kritik, die jedoch nicht als Sozialkritik formuliert war. Die dargestellten Sachverhalte sind deshalb, wie Werner Röcke zusammenfasste, nicht als Spiegel realer Verhältnisse zu interpretieren. Sie weisen vielmehr darauf hin, dass nach Bertholds Ansicht die Gesellschaft an sich aus den Fugen geraten sei. Denn Eigennutz und persönliches Vorteilsstreben Einzelner auf Kosten anderer sei dem menschlichen Miteinander und der wechselseitigen Verantwortung gewichen. Dass dabei auf klassische Topoi zurückgegriffen wurde, wie der Übervorteilung des Handwerkers durch den Händler, Betrügereien in Abrechnungen von Materialmengen und -qualität oder der Spekulation mit der Zeit durch Wucher und Zinsgeschäfte, ist nicht verwunderlich.
    Die Predigt verlangte nach theologisch gebildeten Brüdern. Die Pflicht zum Studium hatten die Dominikaner schon in den „ältesten Konstitutionen“ fest verankert. Die Bedeutung, die dem Studium beigemessen wurde, lässt sich u. a. daran erkennen, dass es sogar einen Dispens vom Chorgebet geben konnte. Die Dominikaner übernahmen hier die Vorreiterrolle, die Franziskaner sollten diesem Beispiel in eigener Weise folgen. Studiert wurde auf drei Ebenen: Konvent, Provinzstudienhäuser und Generalstudienhäuser. Jeder Konvent war verpflichtet, eine Schule mit eigenem Lektor zu unterhalten. Hier erhielten die Brüder ihre erste Ausbildung. Auf einer übergeordneten Stufe gab es Provinzschulen, an die man begabte Schüler nach einem bestimmten Verteilerschlüssel schickte. Den eigentlichen Höhepunkt bildeten jene Studienhäuser, in denen die studia generalia gelehrt wurden. Die Studierenden erhielten eine dem Universitätsstudium vergleichbare Ausbildung, die sie entweder auf ein späteres Universitätsstudium vorbereitete oder, nachdem die Bettelorden erste Lehrstühle an Universitäten innehatten, sie auch zu akademischen Titeln ( baccalaureus, magister, doctor ) führen konnte. Für die deutsche Provinz der Dominikaner gab es ein Generalstudienhaus in Köln, für die sächsische in Erfurt.

    129 ▲ Königsfelden (Kt. Aargau), Franziskanerkloster, Predigerkanzel. Die Kanzel bildet in ihrer schlichten Form ein etwas erhöhtes Podest. Sie zeigt zugleich, dass sie als bewegliche Bühne nach Bedarf in der Kirche platziert werden konnte.
    An der Einrichtung der dominikanischen Generalstudienhäuser, aber auch an der inhaltlichen Ausgestaltung des Studiums hatte Albertus Magnus großen Anteil. Albert, der aus einer begüterten Familie
    |130| stammte, wurde um 1200 im schwäbischen Lauingen geboren. Über seine Jugendjahre und erste Ausbildung ist nichts bekannt. Mitte der zwanziger Jahre des 13. Jahrhunderts hielt er sich zu Studien in Oberitalien auf, wo er um 1223 dem Predigerorden beitrat. Daraufhin wurde Albert nach Köln zum regulären Ordensstudium geschickt. Zwischen 1230 und 1240 arbeitete er als Lektor in Köln, Hildesheim, Freiburg im Breisgau, Regensburg und Straßburg. Es folgte ein Studium in Paris, wo er 1245 zum Magister promoviert wurde. Albert übernahm 1248 die Leitung des neu
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