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1522 - Teuflische Gespielinnen

1522 - Teuflische Gespielinnen

Titel: 1522 - Teuflische Gespielinnen
Autoren: Jason Dark
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Diese Zeit wollte Alma Sorvino nutzen. Die 60-jährige Frau kicherte, als sie wieder zurück in das Zimmer tauchte, zum Tisch ging und dort nach der Weinflasche griff. Ihr verstorbener Mann war Portugiese gewesen. Er hatte den Portwein sehr gern getrunken. Für ihn war er alles gewesen.
    Bis zu seinem plötzlichen Tod. Danach hatte Alma Sorvino das Hobby ihres Gatten übernommen. Den ersten Schluck trank sie stets auf ihn, so konnte sie das Andenken in ihrem Herzen bewahren und es letztendlich auch im Mund schmecken.
    In ihrem Wohnraum brannte nur eine Lichtquelle. Alma stand etwas vom Fenster entfernt neben der Tür in der Ecke. Dort war der Raum nie richtig hell, wenn nur diese eine Lampe brannte.
    Man konnte auch nicht von der anderen Straßenseite hineinschauen.
    Bei ihr war das umgekehrt.
    Alma stellte die Flasche wieder ab und wischte mit dem Handrücken über ihre Lippen. Dann setzte sie ihre Brille auf, goss einen weiteren Schluck Portwein in ein Wasserglas, das sie auf die innere Fensterbank stellte, und warf dabei einen Blick auf die andere Straßenseite.
    Nein, dort tat sich noch immer nichts.
    Allmählich wurde es Zeit. Alma Sorvino kannte die Zeitabläufe recht gut und ärgerte sich über jede Verspätung. Die große Schau der beiden wollte sie sich nicht entgehen lassen.
    In der Wohnung selbst war sie noch nie gewesen. Sie kannte nur das eine Zimmer durch ihre heimlichen Beobachtungen, und ein Möbelstück war ihr besonders aufgefallen.
    Es war der große Stand-und Kippspiegel, der in der Mitte des Zimmers stand und so etwas wie ein Prunkstück war. Seiner Form nach stammte er aus der Zeit des Jugendstils, was nicht ganz Almas Geschmack war, aber das spielte letztendlich keine Rolle. Wichtig war der Spiegel mit seiner großen Fläche, die alles wiedergab, was sich vor ihm abspielte.
    Genau darauf lauerte die Frau.
    Einsam war sie. Zumindest tagsüber. Fiel jedoch die Dunkelheit über das Land, begann die spannende Zeit, und darauf wartete sie immer sehnsüchtig. Der Spaß würde auch heute nicht ausfallen, er verzögerte sich nur ein wenig. So nahm die Frau am Tisch Platz. Durch das Rauchen einer Zigarette wollte sie die Wartezeit überbrücken. Der runde Messingascher wartete darauf, mit Kippen gefüllt zu werden.
    Sie summte vor sich hin und hatte sich so hingesetzt, dass sie durch den Gardinenspalt auf das Fenster schauen konnte und natürlich die andere Seite der Straße sah.
    Sie rauchte langsam und mit Genuss. Dabei fragte sie sich, wie weit die beiden wohl an diesem Abend gehen würden. Es war zwar das gleiche Spiel, aber es lief immer wieder anders ab. Da waren sie sehr variantenreich. Einige Male war Alma schon der Gedanke gekommen, dass man gegenüber informiert war und ihr bewusst diese Schau vorführte. Das war alles möglich, aber letztendlich war es ihr egal.
    Alma drückte die Zigarette aus und wirbelte die letzte Asche mit einer Handbewegung zur Seite. Der Blick auf die Uhr. Es ging schon auf Mitternacht zu. Da wurde es Zeit. Allerdings kam es auch vor, dass nichts passierte, und dann ärgerte sich Alma und wartete noch gespannter auf den nächsten Tag.
    Das Licht im Zimmer gegenüber war um eine Idee heller geworden und hatte jetzt die Stärke erreicht, die optimal war.
    Alma Sorvino erhob sich. Ihre Augen zeigten einen schon beinahe leuchtenden Blick. Sie pfiff leise durch die gespitzten Lippen, löschte das Licht in ihrem Zimmer nicht und konnte trotzdem sicher sein, nicht gesehen zu werden.
    Der Spalt zwischen den beiden Gardinenhälften war ihr nicht breit genug. Sie zog ihn noch mehr auseinander, damit sie eine optimale Sicht hatte.
    Ja, so war es gut!
    Das breite Fenster auf der anderen Seite, das auch hoch genug war, lag wie eine Leinwand vor ihr, auf der bald der Film ablaufen würde. Schon jetzt spürte sie die Aufregung. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Das gehörte einfach dazu.
    Sie hatte gute Augen. Die Brille reichte ihr. So konnte sie auf ein Fernglas verzichten, obwohl es sicherheitshalber griffbereit auf der Fensterbank lag. Bisher hatte sie es nur selten einsetzen müssen.
    Jemand war im Zimmer. Das spürte sie, denn sehen konnte sie niemanden. Sie hatte es einfach im Gefühl, und sie griff zum Glas, um noch einen Schluck Portwein zu trinken.
    »Kommt schon, kommt schon«, flüsterte sie gegen die Scheibe. »Lasst eine alte Frau nicht im Stich…«
    Es war, als hätte man sie auf der anderen Straßenseite verstanden.
    Einen Herzschlag später begann das Spiel, und
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