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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel
Autoren: Marie Louise Fischer
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Gesangspädagogin.
    Dann war er nicht länger zu halten und eilte hinaus. Gabriele aber blieb noch einen Augenblick benommen sitzen, bis sie bemerkte, daß sich der Raum mit Schauspielern füllte, die zu einer Hörspielsendung zusammengekommen waren. Sie raffte sich auf und ging an Herrn Brauer vorbei, ohne dessen schadenfrohes Feixen auch nur zu beachten, durch die vornehme Empfangshalle und hinaus auf die Straße. Draußen schüttelte sie alle bedrückenden Gedanken von sich ab wie ein Hund Wassertropfen. Sie blieb einen Augenblick im hellen Sonnenschein stehen und fühlte sich im Handumdrehen wieder jung, elastisch, unbekümmert und zu neuen Taten bereit.

XXIII

    Till Torsten hatte sich keineswegs damit abgefunden, daß Liselotte für ihn verloren sei, was ihm Dr. Speelmann zu diesem Thema auch immer erzählen mochte. Er liebte sie, und er brauchte sie, und er wollte sie in seinem Leben behalten. Er war ganz sicher, daß Liselotte nicht ihr Spiel mit ihm getrieben haben konnte, sie hatte sich ernsthaft zu ihm hingezogen gefühlt, so etwas spürt ein Mann. Natürlich konnte es durchaus möglich sein, daß er sich in dieser Beziehung und überhaupt in Liselottes Charakter irrte, daß Dr. Speelmann in allem recht hatte, aber er wollte sich nicht durch intellektuelle Spekulationen überzeugen lassen, er wollte der Wahrheit auf den Grund kommen, und das konnte er nicht, ohne sich mit Liselotte ausgesprochen zu haben.
    So stand er denn kurz nach sieben, einen Strauß Blumen in der Hand — diesmal waren es rote Rosen — vor Liselottes Wohnungstür und klingelte. Er war fest entschlossen, wenn es sein mußte, die ganze Nacht auf sie zu warten, falls ihm nicht geöffnet wurde.
    Aber das erwies sich als durchaus unnötig, denn schon nach dem ersten Klingelzeichen wurde die Wohnungstür aufgemacht — aber von Oskar Hähnlein.
    »Sie wünschen?« fragte er und sah Till Torsten und seine Blumen von oben bis unten an.
    »Ich... ich... entschuldigen Sie bitte«, stotterte Till Torsten, durch Oskar Hähnleins unerwartetes Auftreten aus dem Konzept gebracht, »ich wollte Fräulein Klaus besuchen.«
    »Meine Braut ist noch nicht zu Hause«, wurde ihm mit größter Selbstverständlichkeit mitgeteilt.
    »Ihre... was?«
    »Meine Braut habe ich gesagt!«
    »Ich wußte gar nicht, ich hatte keine Ahnung, daß sie verlobt ist!« All die klugen Worte Dr. Speelmanns fielen Till Torsten plötzlich wieder ein. Sollte er doch recht gehabt haben?
    »Es gibt gewiß noch viel mehr, was Sie nicht wissen!« erklärte Oskar Hähnlein kühl.
    »Ich... hm, ja dann...«, stotterte Till Torsten, noch immer unschlüssig.
    »Sie wollten ihr wohl einen Heiratsantrag machen, wie? Sieht gerade so aus...!«
    »Ja, in der Tat, ich...«
    »Nehmen Sie es sich nur nicht zu Herzen!« tröstete ihn Oskar Hähnlein mit der Herablassung des Besitzenden. »Es gibt eine Menge netter Mädchen, die alle gern heiraten möchten.«
    Till Torsten stand ziemlich hilflos da, alle Felle waren ihm davongeschwommen. Er war zu verstört, um irgend etwas unternehmen zu können, nicht einmal das Naheliegendste, nämlich seinen verlorenen Posten aufzugeben und sich zu trollen.
    »Geben Sie die Blumen schon her!« Oskar Hähnlein griff nach dem Strauß, und Till Torsten überließ ihn widerstandslos. »Ich werde meiner Braut Ihren Gruß bestellen. Wie war doch Ihr Name?«
    »Das... das ist doch jetzt nicht mehr nötig«, erklärte Till Torsten.
    »Auch wieder wahr«, stimmte Oskar Hähnlein ihm zu, »na, jedenfalls, Kopf hoch, junger Freund!«
    Oskar Hähnlein schloß vor Till Torstens Nase die Wohnungstür, und Till Torsten blieb nun wirklich nichts mehr anderes übrig, als sich zum Gehen zu wenden. In seinem Herzen war es düster und leer. Er wußte plötzlich nicht mehr, wozu er auf der Welt war.

    Oskar Hähnlein fühlte sich als Sieger. Die Freude an der vermeintlichen Eroberung Liselottes wurde noch durch den männlichen Triumph gewürzt, sie einem anderen weggeschnappt zu haben — gerade noch im letzten Augenblick. Denn so eingebildet er auch sein mochte, es war ihm ganz klar, daß Till Torsten, ein soviel jüngerer und dabei gutaussehender junger Mann, ein ernstlicher Rivale für ihn hätte sein können, wenn es ihm nicht gelungen wäre, ihn abzuservieren.
    Mit großem Vergnügen betrachtete er immer wieder das auserlesene Blumenarrangement, das er Liselotte zur Feier des Tages mitgebracht hatte, zog das Kästchen hervor, das er darin versteckt hatte, öffnete es und
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