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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen
Autoren: Christian Ditfurth
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Kollegen an anderen Unis würden sich um diesen Auftrag reißen. Wenn ich da nur an die Bremer denke! Aber du bringst mich auf eine Idee. Wenn Anne wieder an Bord ist, soll sie dich unterstützen. Ich werde ihr das schon beibringen. Und wenn du sonst Hilfe brauchst, wir stehen alle bereit.«
    Stachelmann überlegte, ob er Bohming berichten sollte von seinem Zerwürfnis mit Hartmann. Aber er sagte nichts. Und wie sollte er zusammenarbeiten mit Anne?
    »Ich habe für dich schon einen Termin bei Meyerbeck vereinbart, provisorisch natürlich. Übermorgen Nachmittag. Ist dir das recht?«
    »Und wie lange soll das Projekt dauern?«
    »Nicht lange. Und du musst nicht jeden Tag daran sitzen. Hauptsache, wir kriegen den Auftrag und du fängst an.«
    Am Abend zog sich der Stau bis zum Horner Kreisel. Stachelmann war es egal. Mit dem Schmerz kam die Niedergeschlagenheit. Der Regen hatte aufgehört, Pfützen standen in der Spurrille. Endlich bog er ab auf die Autobahn 24 nach Berlin und dann auf die 1 Richtung Lübeck. Er fuhr langsam, leise ertönte ein Barockkonzert aus dem Autoradio. Als er von zu Hause losgefahren war, ging es zur Beerdigung. Es war viel geschehen seitdem. Die Nacht mit Ines rückte weiter weg. Er dachte an Anne. Es würde eine Weile dauern, bis sie aus dem Schwangerschaftsurlaub zurückkam. Was sollte er dann tun?
    ***
    Er wusste nicht, wie lange er an die Wand gestarrt hatte, als es an der Tür rasselte. Riegel knallten, ein Schlüssel knirschte im Schloss. Ein Uniformierter stand in der Tür.
    »Aufstehen! Machen Sie gefälligst Meldung!«, brüllte er.
    Der Gefangene stand auf.
    »Sie melden sich als 17 rechts!«
    Der Gefangene verstand, ein zweiter Häftling in der Zelle trüge die Nummer 17 links.
    »Es meldet 17 rechts!« »Kommense!«, schnauzte der Mann. Sie gingen den Gang entlang, wieder musste der Gefangene an Linien auf dem Boden warten. »Gesicht zur Wand, Hände auf den Rücken!« Wieder wurden grüne Lampen aus- und rote angeschaltet, bevor sie weitergingen. Sie stiegen Treppen hoch, bis sie einen Gang mit gepolsterten Türen erreichten. Über jeder Tür ein Licht. Die Lichter waren auf Rot geschaltet. Vor einer Tür befahl der Wächter: »Stehen bleiben!« Er öffnete die Polstertür, dann sagte er: »Gehense rein!«
    In dem Zimmer saß ein Mann mittleren Alters mit schwarzen Haaren. Auf dem Schreibtisch stand eine Vase mit Blumen. Es roch nach frischem Kaffee und Zigarettenrauch. Der Mann hinter dem Schreibtisch stand auf und näherte sich dem Gefangenen, während der Wächter die Tür schloss. »Nun haben wir Sie endlich«, sagte der Mann. Der Gefangene erkannte Dienstgradabzeichen auf der Schulter. »Solche Typen wie Sie kriegen wir immer! Sie sind zu dumm für uns!« Er schrie es dem Gefangenen ins Gesicht. Der spürte Speicheltröpfchen. Er hob die Hand, um sich das Gesicht abzuwischen. »Stehense still!«, brüllte der Mann. Dann sagte er ruhiger: »Setzen!« Er wies auf einen Hocker. »Ich bin Ihr Untersuchungsführer«, sagte der Mann. »Nennen Sie mich Leutnant Kurbjuweit.«
    Der Gefangene beschloss zu schweigen. Er schaute aus dem Fenster auf ein graubraun verputztes Haus. Der Hof war von Scheinwerfern beleuchtet.
    Die Polstertür öffnete sich. Es erschien ein kräftiger Mann mit grauen Bürstenhaaren. Der Vernehmer stand auf und schnauzte den Gefangenen an: »Stehense auf!«
    »Nun, Genosse Kurbjuweit«, sagte der Unbekannte.
    »Macht er Sperenzchen?«
    »Natürlich, Genosse Major«, sagte Kurbjuweit. »Das machen am Anfang alle.«
    Der Major lachte trocken. »Und alle gestehen am Ende doch. Würden Sie freiwillig wochenlang in Einzelhaft sitzen wollen, Genosse Leutnant?«
    Kurbjuweit grinste. »Nein, ich gehe heute Abend nach Hause zu meiner Frau und meinen Kindern. Was Gutes essen, ein Bierchen, ein Kessel Buntes und dann gut schlafen im weichen Bett.«
    »Tja«, sagte der Major. »Ich habe für heute Abend einen Tisch reserviert im Moskau. Haben Sie da mal die Soljanka gegessen?«
    »Ja, Genosse Major, die ist vorzüglich.«
    »Manche verzichten freiwillig auf diese schönen Dinge, weil sie meinen, sie müssten in Betonlöchern sitzen.«
    »Die werden sich später fragen, warum sie sich umsonst geplagt haben. Ein sauberes Geständnis, und schon gibt’s den Umzug in eine schöne Zelle mit einem schönen weichen Bett. Und bald kommt ein Zellengenosse dazu. So allein, das ist doch nicht schön.« Kurbjuweit verzog das Gesicht. Dann sagte er: »Die neue Zelle, das wäre schon
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