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Mit 15 wachsen einem Flügel

Mit 15 wachsen einem Flügel

Titel: Mit 15 wachsen einem Flügel
Autoren: Tina Caspari
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schwatzten und lachten durcheinander, sie waren eine Welt für sich, in die Katja keinen Zutritt hatte. Wie selbstsicher und überlegen sie waren! Und diese Marcella! Alles an ihr war harmonisch und elegant, die großen dunklen Augen in dem schmalen, braunen Gesicht, die schwarzbraunen Haare, die zu einem dicken Zopf geflochten am Hinterkopf wie ein Hahnenkamm hochgesteckt waren und vorn in weichen Wellen das Gesicht einrahmten, der rassige, durchtrainierte Körper, die langen, schlanken Beine.

    Zu dem betont schlichten Kostüm trug sie ein wertvolles Seidentuch lässig um den Hals geknotet, an den Handgelenken klirrten goldene Armreifen. Gegen sie bin ich einfach ein zurückgebliebenes, blödes Baby, dachte Katja wütend. Warum kann ich nicht genauso sein?
    Katja stand auf und ging in die Küche hinüber. Petra stand mit hochrotem Kopf vor dem Backofen und krampfte die Finger ineinander.
    „Was machst du da?“
    „Ich bete — daß meine Salzburger Nockerln was werden. Sie wollen nicht richtig aufgehen! Vielleicht habe ich irgendwas falsch gemacht. Als die beiden Freunde von Janos reinkamen, habe ich meinen Teig eine Weile stehenlassen müssen
    Petra war den Tränen nahe. Das lenkte Katja für einen Augenblick von ihrer verzweifelten Stimmung ab.
    „Du hast doch niemandem gesagt, daß du Salzburger Nockerln machen willst?“
    „Nein“, sagte Petra und schluckte die aufsteigenden Tränen der Wut tapfer hinunter. „So schlau war ich wenigstens.“
    „Also gut — was haben wir denn noch an Vorräten da? Wir werden was anderes zaubern!“
    „Warte mal — im Tiefkühlfach ist noch Eiscreme. Dann haben wir Kompott, Kekse, Likör, Kakao, Schokolade...“
    „Herz, was willst du mehr. Also los - gib eine große Schüssel her. Die Kekse tränken wir mit Likör, dann das Eis drauf, Obst, wieder Eis, geriebene Schokolade — und dann zünden wir das Ganze an.“
    „Wie bitte?“
    „Flambieren — schon mal was davon gehört? Deine Mutter hat doch sicher irgendwo was Hochprozentiges?“
    „Klar! Du bist ein Schatz. Wir werden gemeinsam ein Restaurant eröffnen.“
    Schnell hatten die beiden Mädchen die Schüssel mit allem erreichbaren Süßen gefüllt, die oberste Schicht bildete ein kleiner Scheiterhaufen aus Bisquits, der reichlich mit Rum getränkt wurde.
    Mach eine richtige kleine Pfütze in die Mitte — da, in die ausgehöhlte Birne—, sonst brennt’s nicht. Wie nennen wir unsere Komposition denn?“
    „Hollywood-Prinzessins Traum“, meinte Petra.
    „Ich würde eher sagen Mickymaus’ Alptraum. Hast du die Streichhölzer? Also los.“
    Kurz vor der Wohnzimmertür zündete Katja den süßen Berg an. Die Flammen schlugen so hoch, daß Petra die Schüssel um ein Haar hätte fallen lassen, zum Glück aber war Katja darauf vorbereitet und kam ihr zu Hilfe.
    „Donnerwetter! Klasse!“ — „Phantastisch!“ — „In dem Lokal esse ich öfter!“ — „Dafür kriegst du fünf Sterne!“ — „Ihr wart doch eben alle satt? Ihr mögt doch nicht etwa noch was davon?“ so alberte und schrie die überraschte Gesellschaft durcheinander.
    Im Nu war der Inhalt der Schüssel verteilt. Katja holte die noch fehlenden Teller, aber, als sie endlich soweit war, sich selbst eine Portion zu nehmen, war nicht das kleinste Krümchen mehr da. Auch Petra hatte nichts mehr abbekommen.
    „Petra — Petra, hast du nichts mehr gekriegt? Komm, mein Schatz, ich teile mit dir. Du hast uns so verwöhnt!“ Peter Olzhausen zog Petra übermütig an seine Seite und reichte ihr seinen Teller. Janos fütterte Marcella wie ein kleines Baby. Daß Katja nichts bekommen hatte, bemerkte niemand.
    Katja schlich sich hinaus. Mechanisch drehte sie den Schalter des Backofens auf Null, in dem immer noch die Form mit den Salzburger Nockerln schmorte. Dann begann sie aufzuräumen und das herumstehende schmutzige Geschirr abzuwaschen.
    Je länger sie in der Küche stand, desto dicker wurde der Kloß in ihrer Kehle. Keinem schien es aufzufallen, daß sie in der Gesellschaft fehlte. Wenn er doch kommen würde! dachte sie verzweifelt. Nur kommen, nichts weiter. Kommen und fragen: Was machst du denn hier, wir vermissen dich! Laß doch den blöden Abwasch stehen, den machen wir nachher gemeinsam! Aber nichts dergleichen geschah. Drüben lachten und johlten sie, anscheinend erzählten sie jetzt Witze. Katja hielt es nicht mehr aus. Sie stürzte aus der Küche und lief in Petras Schlafzimmer. Dort warf sie sich auf das Bett, verbarg das Gesicht im
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