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Mit 15 wachsen einem Flügel

Mit 15 wachsen einem Flügel

Titel: Mit 15 wachsen einem Flügel
Autoren: Tina Caspari
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nicht und dachte nicht daran, ihr betont munteres „Guten Abend“ zu erwidern.
    Celia begegnete ihr auf der Treppe.
    „Dicke Luft!“ flüsterte sie und grinste schadenfroh.
    Katja schaute ins Zimmer der beiden Brüder. Mami saß auf der Bettkante bei Fips und erzählte eine Geschichte. Katja hatte ein flaues Gefühl im Magen.
    „Hallo, ihr drei — guten Abend!“
    „Guten Abend“, sagte Mami kühl, und Markus und Fips machten Gesichter, als warteten sie begierig darauf, eine Schlange ein Kaninchen verspeisen zu sehen.
    „Die Probe war toll, Mami!“ versuchte Katja ein Gespräch in Gang zu bringen.
    „Wie schön für dich“, antwortete Mami ungerührt. „Um so mehr, als es für lange Zeit dein letzter Ausflug in die Stadt gewesen sein wird. In Zukunft möchte ich über solche Unternehmungen vorher genau unterrichtet werden.“
    „Bist du sauer auf mich?“
    „Sagen wir lieber — ich bin enttäuscht. Du hast dich dem armen Klaus gegenüber einfach unmöglich benommen. So eine Kaltschnäuzigkeit hätte ich bei dir nicht für möglich gehalten.“
    „Hat er sich über mich beschwert?“
    „Er hat kein Wort darüber verloren. Das war auch gar nicht nötig. Über eines solltest du dir klar sein, meine Liebe: Auch die größte Begeisterung für eine Sache oder einen Menschen rechtfertigt nicht, daß man sich andern gegenüber taktlos benimmt. Aber wahrscheinlich wirst du das erst begreifen, wenn du selbst einmal die Betroffene bist. Und nun laß uns allein, ich möchte meine Geschichte weitererzählen.“
    „Kann ich mir noch was zu essen holen? Ich habe Hunger.“
    „Dann wirst du dich bis zum Frühstück gedulden müssen. Die Abendbrotzeit ist vorbei.“
    „Ich habe sowieso keinen Appetit!“ sagte Katja wütend, ohne zu merken, daß sie sich widersprach.
    Sie ging in ihr Zimmer hinüber und warf sich aufs Bett. Was fiel Mami eigentlich ein, sie wie ein kleines Kind zu behandeln! Sie war fast fünfzehn, in ein, zwei Jahren war sie erwachsen. Mami hatte keine Ahnung von ihrem Leben, sie war einfach nicht imstande zu begreifen, was das Tanzen, was Janos für sie bedeutete! Na, auch egal. Ihr Leben würde sich eben ab jetzt außerhalb der Familie abspielen. Die ging ihr sowieso auf den Wecker, immer dieses Kleinkinder-Gequatsche, Haushaltsprobleme und vergiß ja nicht, Tante Lotti zum Geburtstag zu schreiben! — So was Idiotisches! Was wußte Mami schon von den wirklich wichtigen Dingen!
    Ja, wenn Mami damals wirklich Malerin geworden wäre, oder Grafikerin! Dann wäre sie jetzt vielleicht eine international bekannte Künstlerin und ihr Denken würde sich in ganz anderen Bahnen bewegen. Dann könnte man mit ihr reden. Aber sie mußte ja unbedingt Papi heiraten und ein ganz stinknormales, spießiges Bürgerleben führen. Wie konnte sie da begreifen, was einen künstlerischen Menschen bewegte!
    Katja holte das kleine Foto von Janos hervor und sah ihrem Idol in die Augen. „Wir gehören zusammen, Janos, das genügt. Alle anderen können uns den Buckel runterrutschen!“ flüsterte sie.

Die verunglückte Party

    Wenn Katja geglaubt hatte, Janos würde ihr außerhalb der Proben viel Zeit widmen, hatte sie sich getäuscht. Er hatte ohnehin Mühe, seinen Verpflichtungen in der Oper und in der Ballettschule Künzel nachzukommen. Er erschien kurz vor dem Unterricht oder der Probe, arbeitete intensiv mit seinen Schutzbefohlenen und verschwand eilig wieder. Den Nachmittag, den Katja bei ihm in der Oper verbracht hatte, erwähnte er mit keinem Wort. Und nicht einmal durch Blicke ließ er merken, daß Katja ihm näherstand als die anderen Mädchen. Er war zu allen gleich freundlich, keine wurde bevorzugt oder benachteiligt. Der einzige Unterschied war vielleicht, daß er Katja besonders hart drannahm, er verlangte viel von ihr, und sie bemühte sich, ihn nicht zu enttäuschen, auch wenn sie oft vor Schmerzen und Müdigkeit den Tränen nahe war.
    Vierzehn Tage hatten sie noch Zeit bis zur Aufführung. Die Aula des Schulzentrums war gemietet, die Plakate gedruckt. Eine Gruppe von freiwilligen Helfern war dabei, das Bühnenbild nach Janos’ Entwürfen herzustellen, die Kostüme kamen aus einem Theaterverleih. Eine junge Maskenbildnerin aus der Oper hatte sich bereit erklärt, das Schminken und Frisieren zu übernehmen.
    Frau Künzel erholte sich zusehends. Zwar würde sie bei der Aufführung noch nicht dabeisein können, aber jeden Tag ging eines der Mädchen zu ihr ins Krankenhaus und berichtete von der
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