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Mit 12 fühlt man ganz anders

Mit 12 fühlt man ganz anders

Titel: Mit 12 fühlt man ganz anders
Autoren: Tina Caspari
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hast, müssen wir sparen. Deshalb besteht die Suppe aus Gemüse und Wasser. Fleisch ist zu teuer, Parmesan unerschwinglich, und den Käse brauchen wir zum Abendbrot. “
    Papi griff grimmig zu Salz und Pfeffer und würzte seine Suppe so stark, daß sie vermutlich ungenießbar war.
    „Die Suppe schmeckt wirklich gräßlich“, stöhnte Celia. „Die Suppe schmeckt sehr gut!“ widersprach Katja. „Mami kocht nie was Gräßliches!“
    „Kein Mensch hat euch um eure Meinung gebeten“, giftete Mami. „Ihr haltet bitte den Mund!“
    Jetzt fand Katja die Suppe auch gräßlich. Sie hatte Mami verteidigen wollen, hatte sie fühlen lassen wollen, daß sie auf ihrer Seite stand, aber Mami hatte sie brüsk zurückgestoßen und sie den Kindern zugerechnet. Das würde sie ihr so bald nicht verzeihen, am besten, sie sagte ihr in Zukunft nie wieder was und zog sich ganz aus dem Familienleben zurück.
    Zum Nachtisch gab es Griespudding. Er war kaum gesüßt und der Himbeersaft dazu so dünn, daß er wie stark verwässerte Limonade schmeckte. Papi aß zwei Löffel davon, dann sprang er auf und warf seine Serviette neben den Teller.
    „Ich muß zurück in die Stadt“, murmelte er. „Habe um zwei eine Verabredung.“
    „Zum Essen?“ fragte Mami bissig.
    „Hin und wieder arbeite ich auch“, gab Papi eisig zurück.
    „Kannst du mich mitnehmen?“ fragte Katja schnell. „Ich muß mir ein paar Sachen für die Schule besorgen.“
    „Wenn du in zwei Minuten fertig bist.“
    „Leicht.“
    Katja rannte in ihr Zimmer und holte ihr Portemonnaie aus der Schublade ihres Schreibtisches. Eine Jacke brauchte sie nicht, es war warm genug, und sie würde bald zurück sein.
    Zwei, drei Stufen auf einmal überspringend rannte sie hinter ihrem Vater her die Treppen hinunter, war vor ihm an der Haustür, um sie ihm aufzuhalten, und saß wie der Blitz auf dem Beifahrersitz.
    Was Papi für eine Laune hatte, konnte man stets an seiner Fahrweise ablesen. Heute kopierte er Niki Lauda auf dem Nürburgring. Katja wurde in ihrem Sitz von Sekunde zu Sekunde kleiner.
    „Was ist denn bloß los mit euch beiden?“ fragte sie schließlich, damit Papi den Fuß vom Gaspedal nahm.

    „Was soll schon los sein“, brummte Papi, gab noch einmal kräftig Gas, um an der nächsten roten Ampel mit quietschenden Bremsen zu halten, „außer daß deine Mutter vorübergehend den Verstand verloren zu haben scheint. “
    „Und warum? Ich meine, sie muß doch einen Grund haben dafür?“
    „Ich wüßte keinen. Außerdem geht euch Kinder das gar nichts an.“
    „Du sagst, es geht uns nichts an, aber wir leiden drunter“, widersprach Katja heftig. „Also geht es uns doch was an!“
    „Ach was, in jeder Ehe gibt es mal Streit“, wehrte Papi ab. „Das hat gar nichts zu bedeuten.“
    „Wo fährst du hin, hier geht’s doch nicht zur Stadtmitte, oder?“
    „Stimmt. Ich muß erst nach Rodenkirchen hinüber, ein paar Unterlagen bei einem kranken Kollegen abholen, die wir für die Sitzung brauchen. “
    Papi bog auf die Autobahnzufahrt ein; er überholte einen Laster und zwei Kleinwagen und raste mit Höchstgeschwindigkeit auf die Überholspur hinüber. Hinter ihm blinkte ein Mercedes wütend. Papi gab Gas, überholte drei weitere Wagen und ordnete sich rechts ein. Katja atmete tief ein.
    „Celia sagt, ihr hättet Krach, weil du heute nacht so spät nach Hause gekommen bist“, begann sie von neuem. „So, hat sie das.“
    „Stimmt es nicht?“
    „Und wenn? Vielleicht hatte ich einen triftigen Grund, so spät nach Hause zu kommen. Aber deine Mutter hat nicht den geringsten Grund, mir das vorzuwerfen?“
    „Ich weiß nicht, vielleicht hat sie sich bloß Sorgen gemacht?“
    „Wohl kaum. Sie hat zuviel Phantasie, das ist alles.“
    „Na ja“, meinte Katja zögernd, „vielleicht beneidet sie dich darum, daß du so ein interessantes Leben hast. Einen Beruf, meine ich, bei dem du immer wieder neue Leute kennenlernst und schön essen gehen kannst und manchmal abends mit ausländischen Kunden ausgehst. Sie muß immer zu Hause hocken und Kinder hüten und sparen und dreckige Hausarbeit machen. “
    „Daß ich nicht lache! Du redest schon genau wie deine Mutter! Lächerlich!“ Papi geriet in Wut. „Ich schufte mich für meine Familie halbtot, weiß nicht, wo ich das Geld für euch alle eigentlich herbringen soll, und muß mir von meiner zwölfjährigen Tochter so was anhören! Mein liebes Kind, du solltest nicht über Dinge reden, von denen du nichts
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