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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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den Motor ausstellte, und ließ das Boot langsam in eine kleine Bucht treiben, an deren Ende ein enger Kanal einmündete. Noch immer wußte ich nicht, was Minos vorhatte.
    »An einem heißen Tag wie heute verkriechen sie sich tief in den Löchern auf der Schattenseite der Inseln«, sagte ich. »Ganz kurz vor Einsetzen der Dämmerung ziehen sie hoch bis zum Kanal und schnappen sich ihr Futter da, wo das Wasser sich um den Uferstreifen schlängelt.«
    »Im Ernst?« fragte er.
    »Haben Sie einen Rapala?«
    »Vielleicht hab’ ich einen dabei.«
    Er ließ seine Box mit Angelzubehör aufschnappen, die in drei Fächer unterteilt war, jedes reichlich gefüllt mit Gummiwürmern, Blinkern, künstlichen Fliegen, Gleitblinkern und Springkäfern.
    »Wie sieht der denn aus?« fragte er.
    »Wissen Sie was, Minos? Ich hab’s aufgegeben, den lieben netten Mann für Regierungsagenten zu spielen, seit ich mich bei der Polizei von New Orleans empfohlen habe.«
    Er klemmte eine Devil-Horse-Fliege an sein Vorfach und warf die Schnur mit einer schnellen Drehung des Handgelenks in sauberem Bogen über den Kanal ins offene Wasser. Dann zog er sie durch den Kanal ein, zurück in die Bucht, und machte den zweiten Wurf. Beim dritten Wurf sah ich, wie sich die glatte Wasseroberfläche unter den Seerosen wölbte, dann die Rückenflosse eines fetten Bigmouth-Barsches, die sich wie eine Schlange direkt auf den Köder zuwand, die Schuppen des Fisches wie aus grünem und goldenem Licht gehämmert, und dann explodierte das Wasser, als er auf den Köder niederstieß und Minos den Drillingshaken mit einem Ruck fest in seinen Kiefer riß. Der Barsch tauchte ab, hielt auf eine Öffnung im Schilf zu, und das Wasser wurde schlammig, doch Minos behielt die Spitze der Angelrute oben, führte die Leine straff und zwang ihn zurück in die Mitte der Bucht. Dann brach der Barsch durch die Wasserlinie und stieg in die Luft, versuchte mit zuckendem Kopf, Köder und Vorfach abzuschütteln, fiel aufklatschend zurück ins Wasser wie ein Brett, bevor er wieder wegtauchte und den Kanal und offenes Wasser zu erreichen suchte.
    »Holen Sie ihn hoch«, sagte ich.
    »Er reißt ihn sich aus dem Maul.«
    Ich wollte gerade weiterreden, sah dann aber, daß der Zug an der Leine aufhörte und sie in der Strömung erzitterte, winzige, schimmernde Wassertropfen an dem straffen Kunststoffaden hinunterperlten. Als Minos versuchte, an der Rolle zu drehen, wurde die Angelrute mit einem Ruck zur Seite gerissen. Ich schob den Kescher, den ich bereitgehalten hatte, wieder unter den Bootssitz. Plötzlich schnellte die Rute zurück, lag gestreckt und leblos in Minos’ Hand, während die gerissene Leine in einem Schnörkel auf der Wasseroberfläche trieb.
    »Schweinehund«, knirschte er.
    »Ich hab’ vergessen, Ihnen zu sagen, daß sich über den Grund der Bucht eine Menge Baumwurzeln von den Zypressen ziehen. Aber lassen Sie sich nicht die Laune verderben. Dieser Barsch besitzt schon eine ganze Sammlung von meinen Ködern.«
    Fast fünf Minuten lang sprach er kein Wort. Er trank eine Flasche Dixie-Bier, tat sie zurück in die Kühltasche, öffnete die nächste und zündete sich eine Zigarre an.
    »Möchten Sie ein Stück Hähnchen?« fragte er.
    »Gern. Aber es wird spät, Minos. Ich möchte noch immer zum Rennen.«
    »Halte ich Sie auf?«
    Ich steckte die Teile meiner Fenwick-Angelrute zusammen und befestigte einen schwarzen Springkäfer mit gelber Feder und roten Augen an dem schmal auslaufenden Ende der Pose. Ich drückte den Haken in den Korkgriff und reichte ihm die Angel.
    »Das ist der todsichere Killer für das Glubschauge«, sagte ich. »Wir fahren raus aufs offene Wasser und werfen die Angel zum Ufer hin aus. Aber dann muß ich mich endgültig auf den Weg machen, Partner.«
    Ich hob das dreißig Zentimeter lange Stück Eisenbahnschiene vom Grund, das ich als Anker benutzte, ließ den Außenbordmotor hochgeklappt am Heck und paddelte durch den Kanal in eine größere Bucht. Die Luft war purpurn, Schwalben schwärmten über den Himmel, und ein Wind war aufgekommen, der die Insekten in die überfluteten Bauminseln zurücktrieb, so daß jetzt Brassen und Sonnenfische und die glubschäugigen Flußbarsche tief in den Schatten nach Futter schnappten. Der Himmel im Westen war von einem brennenden Orange, und Kraniche und Blaureiher standen im flachen Wasser an den Rändern der Sandbänke und Inseln aus Rohrkolbenschilf. Minos ließ seine Zigarre aufzischend ins Wasser fallen, warf die
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