Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
dessen grübelte ich den ganzen Tag über einen grundlegenden Fehler nach, den ich bei diesem Fall begangen hatte, den Fehler, nicht aufgrund meiner Rückschlüsse bezüglich des Verhaltens von Bubba und seiner Frau zu handeln – daß sie nämlich Menschen benutzten. Sie benutzten sie auf zynische und skrupellose Weise und warfen sie dann weg wie ein gebrauchtes Kleenex. Johnny Dartez hatte für Bubba als Muli gearbeitet und war in dem Flugzeug am Southwest Pass ertrunken; Eddie Keats hielt Bubbas Nutten bei der Stange, und Toot machte sie in seinem Auftrag fertig. Und jetzt hatte man den einen im Sumpf ersäuft, der andere war in seiner Badewanne gekocht worden, und ich war schließlich vor lauter Stolz und Verbohrtheit in die Rolle von Victor Romeros Henker hineingestolpert.
    Der Tisch war wieder rein. Ich hatte mich immer für einen einigermaßen gewieften Cop gehalten, einen Außenseiter im Apparat, einen einäugigen Existentialisten unter lauter Blinden, doch nun konnte ich nicht umhin, mein Verhalten damit zu vergleichen, wie Polizisten allenthalben mit schweren Verbrechen umgehen. Unbewußt konzentrieren wir uns auf die am leichtesten Greifbaren und denkbar Ungeeignetsten in der Riesenarmee großstädtischen Abschaums: Süchtige, Straßendealer, kleine Diebe, Nutten und ein paar Zuhälter, Strohmänner und offenkundig Geistesgestörte und Gewalttätige. Mit Ausnahme der Nutten sind die meisten dieser Menschen dumm, erbärmlich und leicht abzuurteilen. Man überprüfe nur die Insassen der Stadt- oder Bezirksgefängnisse. Unterdessen bleiben Menschen, die den Grand Canyon als Kiesgrube verhökern oder die Verfassung auf einem arabischen Teppichbasar verkaufen würden, gesellschaftlich so anerkannt wie ein Silberdollar bei der Kirchenkollekte.
    Doch man überläßt das Spielfeld nicht der anderen Mannschaft, nur weil der eigene Wurf ein ausgemachter Flattermann ist, den einem der Schlagmann sofort vors Brustbein ballert. Außerdem hat eine Situation in der man nichts mehr zu verlieren hat, gewisse Vorteile: Man hat grundsätzlich das Recht dazu, die Kacke mächtig und stinkend zum Dampfen zu bringen. Das mag am Ausgang der Sache nichts ändern, doch es bringt die andere Seite ganz gewiß zum Schweigen, wenigstens vorübergehend.
    Ich entdeckte Bubba am folgenden Morgen auf dem Gelände seiner Fischverpackungsfabrik im Süden von Avery Island, einem Marschen- und Salinengebiet, das in die Vermilion Bay und den Golf übergeht. Das Packhaus war aus Blech und auf Pfählen über dem Bayou gebaut, und die Docks waren ebenfalls silbern gestrichen, so daß der gesamte Komplex gleißend hell und glitzernd wirkte wie Alufolie inmitten einer See aus Schilfgras, toten Zypressen und gewundenen Kanälen. Seine Austern- und Krabbenboote waren draußen, doch ein glänzend gelbes Speedboot trieb in den Benzinlachen auf dem Wasser um den Anlegesteg.
    Ich stellte meinen Pickup auf dem mit Austernschalen übersäten Vorplatz ab und ging eine Rampe hinauf zur Anlegestelle. Die Sonne war heiß, wurde grell vom glatten Wasser reflektiert, und die Luft roch nach toten Krabben, Öl, Teer und der salzigen Brise vom Golf. Bubba füllte gerade eine Eiskiste mit Dixie-Bier. Sein Oberkörper war nackt und verschwitzt, und seine Jeans saßen so tief auf den schmalen Hüften, daß das Gummiband der Unterhose zu sehen war. Er hatte keinen Zentimeter Fett auf den Hüften oder dem flachen Bauch. Die Schultern waren mit feinen braunen Haaren bedeckt, und über den tiefgebräunten Rücken zog sich ein Geflecht winziger Narben.
    Hinter ihm lehnten zwei blasse Männer mit ölig schwarzen Haaren, die buntbedruckte Hemden, bequeme lange Hosen, Slipper mit Schnallen und Sonnenbrillen trugen, über dem Geländer des Anlegestegs und schossen mit einem Luftgewehr auf Tauben und Reiher. Die toten Reiher sahen wie schmelzender Schnee unter der Wasseroberfläche aus. Mir war, als hätte ich einen der Männer als ehemaligen Chauffeur des inzwischen verstorbenen Berufsgangsters Didoni Giacano aus New Orleans erkannt.
    Bubba lächelte vom Eiskasten zu mir hoch. Er hatte Schweißtropfen an den Augenbrauen und in den Stoppelhaaren.
    »Komm mit auf Spritztour«, sagte er. »Das Schätzchen da teilt das Meer bei voller Fahrt glatt in zwei Hälften.«
    »Was hast du mit dem Itakerpack zu schaffen?«
    Einer der blassen, schwarzhaarigen Männer schaute über die Schulter zu mir. Die Sonne blitzte auf den dunkel getönten Gläsern.
    »Freunde aus New Orleans«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher