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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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schließlich einen Sektquirl.
    Einen hölzernen Sektquirl in einer winzigen Hülle. Ich sah, daß Buchstaben darauf gedruckt gewesen waren, denn die lila Tinte war wie verschmierter Lippenstift zerlaufen.

Kapitel 2
    Am Nachmittag des folgenden Tages parkte ich meinen Pickup an der Decatur Street nahe dem Jackson Square in New Orleans. Ich bestellte Kaffee und  beignets im Café du Monde, schlenderte dann weiter bis zum Platz und setzte mich unweit der St. Louis Cathedral auf eine Eisenbank unter großen Bananenstauden. Es war noch etwas zu früh für das Mädchen, das ich im Smiling Jack’s zu treffen hoffte, daher saß ich im warmen Schatten und schaute den schwarzen Straßenmusikern zu, die auf der sonnenabgewandten Seite der Kirche ihre Bottleneck-Gitarren spielten, und den Pflastermalern, die an der Pirates Alley Porträts von den Touristen machten. Ich habe das French Quarter schon immer geliebt. Viele Leute in New Orleans beschweren sich, daß es dort nur so wimmle von Wermutbrüdern, ausgeflippten Rauschgiftsüchtigen, Nutten, schwarzen Straßenräubern und sexuell Abartigen. Was sie behaupten, mag voll und ganz stimmen, doch mir ist das gleich. Das Viertel war schon immer so gewesen. Jean Lafitte und seine Bande von Halsabschneidern hatten vom alten New Orleans aus operiert, und ebenso James Bowie, der illegalen Sklavenhandel betrieben hatte, wenn er nicht gerade mit seinem mörderischen Messer Leute aufschlitzte. Eigentlich, so dachte ich, hatten die Nutten und Säufer und Diebe und Zuhälter ältere Rechte und Ansprüche auf das Viertel als wir anderen.
    Die alten kreolischen Gebäude und engen Straßen veränderten sich nie. Palmwedel und Bananenstauden hingen über die Steinmauern und Eisentore der Höfe; unter den verschnörkelten Kolonnaden, die bis auf die Bürgersteige reichten, herrschte ewiger Schatten, und die kleinen Lebensmittelläden rochen immer nach Käse, Wurst, gemahlenem Kaffee und Kisten mit Pfirsichen und Pflaumen, ein Duftgemisch, das die Ventilatoren mit ihren hölzernen Rotorblättern nach draußen wehten. Die Ziegelsteine der Gebäude fühlten sich verwittert, kühl und glatt an, die Steinplatten in den Gassen waren ausgehöhlt und schartig vom Regenwasser, das von den Dachtraufen und Balkonen herunterlief. Manchmal, wenn man durch das verzierte Eisentor eines von Ziegelmauern eingeschlossenen Durchgangs schaute, fiel der Blick auf einen Innenhof, in dem strahlendes Sonnenlicht, purpurne Glyzinien und gelbe Kletterrosen leuchteten, und wenn der Wind richtig stand, konnte man den Fluß riechen, die feuchten Ziegelmauern, einen Springbrunnen, dessen Wasser in ein Auffangbecken tropfte, den herben Geruch von vergossenem Wein, den Efeu, der im Mörtel wurzelte wie Klauenfüße einer Eidechse, die Wunderblume, die im Schatten erblühte, und ein Gärtchen mit grüner Minze, die sich an eine sonnenhelle Stuckmauer schmiegte.
    Die Schatten am Jackson Square wurden länger. Ich schaute noch einmal auf den Sektquirl, den ich in der Hemdtasche des Toten gefunden hatte. Die verschmierte Farbe darauf wirkte harmlos, doch erst heute morgen hatte ein Freund an der Universität von Lafayette ihn unter ein Infrarotmikroskop gelegt. Ein technisches Wunderding: Es konnte sowohl das Holz als auch die Farbe aufhellen und dunkler erscheinen lassen, und als mein Freund die Körnung erst scharf hervortreten und dann unscharf werden ließ, konnten wir acht von zwölf Buchstaben indentifizieren, die auf das Stäbchen gedruckt waren: SM LI G J KS.
    Wie konnten Leute, die sich die Mühe machten, eine Leiche aus einem im Wasser versunkenen Flugzeug zu bergen und die Presse zu belügen (obendrein erfolgreich), so sorglos sein, das Hemd des toten Mannes zurückzulassen, damit es ein Fischköderverkäufer fand? Die Antwort war leicht: Menschen, die lügen, Intrigen spinnen, manipulieren und stehlen, tun das gewöhnlich deswegen, weil es ihnen an Verstand und Voraussicht fehlt. Die Watergate-Einbrecher waren keine Schmalspurganoven, keine Achtgroschenjungs gewesen. Es waren Kerle, die für die CIA und das FBI gearbeitet hatten. Sie waren gefaßt worden, weil sie das Schnappschloß einer Bürotür horizontal statt senkrecht mit Klebeband arretiert hatten. Ein schlechtbezahlter Wachmann hatte den Klebestreifen gesehen und ihn entfernt, jedoch keine Meldung gemacht. Einer der Einbrecher war zurückgekommen, hatte die Tür ein zweites Mal geöffnet und das Schloß auf dieselbe Weise zugeklebt. Der Wachmann hatte seine
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