Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
nächste Runde gemacht, das frische Klebeband entdeckt und die Polizei gerufen. Die Einbrecher waren noch im Gebäude, als die Polizei eintraf.
    Ich schlenderte die kühler werdenden Straßen entlang bis zur Bourbon Street, die sich allmählich mit Touristen füllte. Familien aus Grand Rapids, Iowa, die mit offen lächelnden, in der Nachmittagssonne schimmernden Gesichtern durch den Türspalt in Striplokale und Bars schielten, in denen Frauenringkämpfe oder französische Orgien angekündigt wurden. Mit ihrer altbackenen Faszination für das Verruchte waren sie nicht weniger unschuldig als die Collegeboys, die in Gruppen zusammenstanden, Bier aus Pappbechern kippten und sich im Bewußtsein, daß ihnen Tod und Alter nichts anhaben konnten, über Straßenschauspieler und Asphaltclowns amüsierten; vielleicht auch so unschuldig wie der Geschäftsmann aus Meridian, der entzückt grinsend und betont lässig an all den Schenkeln und Brüsten vorbeischlenderte, die im Halbdunkel hinter offenen Türen lockten, aber am nächsten Morgen elend und zittrig in einem Motel neben dem alten Airline Highway aufwachen würde, während seine leere Brieftasche in der Kloschüssel schwamm und von seinen nächtlichen Erinnerungen nur ein Knäuel zuckender Vipern geblieben war, das ihm den Schweiß auf die Stirn trieb.
    Smiling Jack’s lag an der Ecke Bourbon und Toulouse Street. Falls Robin Gaddis noch dort strippte und immer noch den Dämon nährte, der in ihr hauste, seit sie ein kleines Mädchen war, stand sie vermutlich gegen sechs Uhr nach ihrem ersten Wodka Collins an der Bar an, warf gegen halb sieben eine Handvoll weißen Speed ein, um eine Stunde später zum schwarzen Speed überzugehen und dann das volle Dröhnprogramm aufzudrehen. Ich hatte sie zu ein paar Versammlungen der Anonymen Alkoholiker mitgenommen, doch sie hatte gesagt, das sei nichts für sie. Ich vermutete, sie gehörte zu jenen Menschen, die den festen Boden unter den Füßen verloren haben. In den Jahren, in denen ich mit ihr zu tun hatte, war sie wohl zigmal von der Sitte eingelocht worden, ein Zuhälter hatte ihr den Schenkel durchstochen, und einer ihrer Ehemänner hatte ihr mit einem Eisschlegel den Kiefer gebrochen. Als ich einmal dienstlich bei der Sozialfürsorge gewesen war, hatte ich mir ihre Familienakte herausgesucht – eine Fallgeschichte über drei Generationen, eine wahrhaft beeindruckende Studie in behördlichem Versagen und menschlicher Unzulänglichkeit. Sie war in einem Obdachlosenasyl, einem Wohnprojekt unweit des St. Louis Cemetery, als Tochter einer halbdebilen Mutter und eines Alkoholikers aufgewachsen, der ihr das uringetränkte Bettlaken um den Kopf zu wickeln pflegte, wenn sie eingenäßt hatte. Als Erwachsene hatte sie es genau eine halbe Meile weit vom Ort ihrer Geburt weg geschafft.
    Doch sie war nicht in der Bar. Genauer gesagt, Smiling Jack’s war fast leer. Der von Spiegeln umgebene Laufsteg hinter der Theke war noch dunkel, die Musikinstrumente der dreiköpfigen Band lagen unbenutzt in der Vertiefung am Ende des Laufstegs, und in dem öden Dämmerlicht erzeugte ein sich drehender Stroboskopblitz ein Übelkeit erregendes Schrotkugelmuster aus Dunkelheit und Licht, das mich stets an akute Seekrankheit erinnerte. Ich fragte den Barmann, ob sie noch käme. Er war um die Dreißig und trug Hillbilly-Koteletten, einen schwarzen Fedora und ein schwarzes T-Shirt mit den Gesichtern der Three Stooges, die in einem weißlichen Farbton aufgedruckt waren.
    »Da können Sie wetten«, sagte er lächelnd. »Die erste Show ist um acht. Ab Punkt halb sieben hält sie hier ihr Gluckerstündchen ab. Sind Sie ein Freund von ihr?«
    »Ja.«
    »Was wollen Sie trinken?«
    »Haben Sie ein Dr. Pepper?«
    »Wollen Sie mich verscheißern?«
    »Dann geben Sie mir ein 7-Up.«
    »Macht zwei Dollar. Sind Sie sicher, daß Sie Sprudelwasser trinken wollen?«
    Ich legte zwei Dollar auf den Tresen.
    »Ich kenn’ Sie doch, stimmt’s?« sagte er und lächelte wieder.
    »Vielleicht.«
    »Sie sind ’n Bulle, stimmt’s?«
    »Nee.«
    »Eh, jetzt machen Sie mal halblang, Mann. Ich hab’ zwei große Talente – eins als Mixologe, das andere für Gesichter. Aber Sie sind nicht von der Sitte, stimmt’s?«
    »Ich bin kein Bulle.«
    »Ah, warten Sie, ich hab’s. Mordkommission. Sie haben früher mal im Ersten District an der Basin Street gearbeitet.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »Sind Sie versetzt worden, oder was?«
    »Ich bin aus dem Geschäft.«
    »Ziemlich frühe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher