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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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diesem Schuppen ’n Hungerlohn und Trinkgeld, und dazu brauch’ ich nicht noch Zoff. Nee, glauben Sie mir, Zoff kann ich gar nicht brauchen.«
    Ich sah ihm nach, als er in den Vorratsraum am Ende der Bar ging. Er lief wie ein gelernter Zuchthäusler und notorischer Klugscheißer, beweglich nur von der Hüfte abwärts, der Rumpf steif, die Arme angelegt, ein Typ, der den Rest seines Lebens ein Drehtürknacki sein würde, über den immer irgendwo eine Akte existierte. Was brachte solche Typen hervor? Defekte Gene? Aufwachsen in einem elenden Dreckloch? Schlechte Hygiene? Auch nach vierzehn Jahren bei der Polizei in New Orleans hatte ich dafür keine Erklärung.
    »Das mit Bubba Rocque, das hab’ ich nur so gehört. Ich meine, das stammt nicht von mir, okay?« sagte sie. »Bubba ist verrückt, Dave. Ich kenn’ ein Mädchen, die wollte sich unabhängig machen. Seine Ganoven haben sie in Benzin getaucht und in Brand gesetzt.«
    »Du hast mir nichts erzählt, was ich nicht längst über Bubba weiß, verstanden? Du bist keine Quelle.«
    Aber ich sah, daß in ihren Augen noch immer die Angst flackerte.
    »Hör mal, ich kenn’ ihn schon mein Leben lang«, sagte ich. »Er besitzt immer noch ein Haus außerhalb von Lafayette. Du kannst mir nichts über ihn erzählen, was ich nicht schon weiß.«
    Sie atmete tief durch und nahm einen Schluck aus ihrem Glas.
    »Ich weiß, daß du ein guter Cop gewesen bist, und so weiter und so fort«, sagte sie. »Aber es gibt ’ne ganze Menge, was ihr Burschen einfach nicht seht. Könnt ihr gar nicht. Ihr lebt nicht mitten drin, Streak. Du bist nur auf Besuch.«
    »Ich muß jetzt weg, Kindchen«, sagte ich. »Wir wohnen ein kleines Stück südlich von New Iberia. Falls du jemals Lust haben solltest, im Boots- und Ködergeschäft zu arbeiten, ruf mich an.«
    »Dave ...«
    »Ja?«
    »Komm und besuch mich mal wieder, okay?«
    Ich ging hinaus auf die schummrige, neonbeleuchtete Straße. Aus den Dixieland- und Rockabilly-Bars dräng donnernd laut Musik. Ich schaute mich noch einmal nach Robin um, doch ihr Barhocker war leer.
    An diesem Abend rollte ich auf dem Damm der 1–10 über das Atchafalaya-Schwemmbecken. Die Weiden und die halb im Wasser versunkenen abgestorbenen Stämme der Zypressen schimmerten im Mondlicht grau und silbrig. Es wehte kein Lüftchen, und auf dem unbewegten schwarzen Wasser trieb nur der Widerschein des Mondes. Ein paar Ölbohrtürme ragten schwarz vor dem Mond auf, dann kam vom Golf her Wind auf, zauste die Weiden am gegenüberliegenden Ufer und kräuselte während der ganzen Fahrt über den Damm die Wasseroberfläche wie knitternde Haut.
    Ich bog in Breaux Bridge ab und folgte der alten Landstraße durch St. Martinville nach New Iberia. Ein Scheinwerfer strahlte die weiße Fassade der katholischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert an, wo Evangeline und ihr Geliebter unter einer ausladenden Eiche begraben lagen. Die Bäume, die die Straße überdachten, waren pelzig von Spanischem Moos, und der Wind roch nach gepflügter Erde und dem jungen Zuckerrohr draußen auf den Feldern. Aber die ganze Zeit ging mir Bubba Rocque nicht aus dem Kopf.
    Er war einer von den ganz wenigen weißen Jungen in New Iberia, die abgehärtet und verzweifelt genug gewesen waren, in jenen Jahren auf der Bowling-Anlage Kegel aufzustellen, als Klimaanlagen noch unbekannt waren, so daß in den Fanggruben die Hitze auf fünfzig Grad anstieg und sie erfüllt waren vom Lärm umgeworfener Kegel, dem Krachen der Metallgestelle, von fluchenden Negern und verirrten Kugeln, die das Schienbein eines Kegeljungen glatt zertrümmern konnten. Er war der Junge, der im Winter keinen Mantel trug, der die Krätze hatte und seine Handknöchel so oft brach, bis sie so groß wie Vierteldollar waren. Er war schmutzig, roch schlecht, und für zwanzig Cent spuckte er Mädchen an. Außerdem rankten sich um ihn allerlei Legenden: Im Alter von zehn Jahren wurde er von seiner Tante verführt; er jagte die Katzen der Nachbarschaft mit einer Kinderschrotflinte; er versuchte, eine Negerin zu vergewaltigen, die im Speisesaal der High School arbeitete; sein Vater peitschte ihn mit einer Hundekette aus; er steckte seine Bretterbude in Brand, die zwischen dem Müllabladeplatz und den Gleisen der South Pacific-Bahn gestanden hatte.
    Doch am deutlichsten waren mir seine weit auseinanderstehenden graublauen Augen in Erinnerung geblieben. Er schien nie zu zwinkern, als wären sein Lider chirurgisch entfernt worden. In einem Kampf um die
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