Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Lily verliert ihr Herz

Miss Lily verliert ihr Herz

Titel: Miss Lily verliert ihr Herz
Autoren: DEB MARLOWE
Vom Netzwerk:
die Krankenbesuche und die Einkäufe machen können, die es noch zu erledigen galt, ehe sie Weymouth verließ. Am nächsten Tag würde sie mit Anele nach Portsmouth reisen. Matthews junge Gattin war überglücklich, ihren Ehemann endlich wiederzusehen.
    Sie selbst hingegen wurde in letzter Zeit oft von Phasen großer Traurigkeit heimgesucht. Während ihr Cousin regelmäßig geschrieben hatte, war von Jack nicht ein einziger Brief eingetroffen. Das konnte doch nur bedeuten, dass er die Absicht, zu ihr zurückzukehren, längst aufgegeben hatte – oder?
    Es gab viel zu tun, und so stand die Sonne schon tief am Himmel, als Lily den Einspänner endlich zurück zu Mr. Bartleighs Haus lenkte. Sie hatte die Stadt fast erreicht, als sie an einem Karren vorbeikam, der verlassen am Straßenrand stand. Er schien voll beladen zu sein, jedenfalls zeichneten sich unter der Plane, die alles abdeckte, die Umrisse von Säcken und Kisten ab. Das kräftige Pferd machte einen geduldigen Eindruck. Aber warum war weit und breit kein Mensch zu sehen?
    Mit gerunzelter Stirn schaute Lily sich um. Nichts wies auf einen Unfall hin. Dennoch war die Situation irgendwie beunruhigend. Vorsichtig lenkte sie ihren Einspänner an dem Karren vorbei. Und dann sah sie es: Halb im Graben lag ein Mann.
    „Hallo, Mister!“, rief sie.
    Er rührte sich nicht.
    Da niemand in der Nähe war, der ihr hätte helfen können, beschloss Lily, sich selbst um den offenbar Verletzten zu kümmern. Sie brachte ihr Pferd zum Stehen, kletterte aus dem Wagen und näherte sich der reglos daliegenden Gestalt.
    „Kann ich Ihnen helfen? Was ist passiert?“
    Keine Antwort. Sie bückte sich, legte die Hand auf den Rücken des Ohnmächtigen und spürte zu ihrer Erleichterung, dass er zumindest atmete. Sein Gesicht konnte sie noch immer nicht erkennen, weil er mit den Füßen zur Straße lag. Da es sich um einen kräftigen Mann handelte, würde sie ihn kaum umdrehen können. Was also sollte sie tun?
    Sie richtete sich auf, hielt noch einmal nach anderen Menschen Ausschau, rief laut um Hilfe. Vergeblich. Also kletterte sie schließlich in den Graben, um sich das Gesicht des Mannes anzusehen und zu prüfen, ob er eine Kopfverletzung davongetragen hatte.
    Plötzlich schoss die Hand des Fremden nach vorn und umklammerte ihr Handgelenk. Lily stieß einen Schrei aus. Im gleichen Moment schlossen sich die Finger des Fremden auch um ihren anderen Arm.
    „Ich hab sie!“
    „Was soll das? Lassen Sie mich los!“, rief Lily und versuchte, sich zu befreien. Doch ihre Kräfte reichten nicht aus.
    „Bring das Seil!“
    Vom Karren her waren Geräusche zu hören.
    Entsetzt beobachtete Lily, wie die Plane fortgeschoben wurde und ein zweiter Mann zum Vorschein kam.
    „Wer sind Sie? Was haben Sie vor?“ Sie kämpfte noch immer, doch inzwischen schmerzten ihre Arme entsetzlich, und sie spürte, dass sie die Tränen nicht mehr lange würde zurückhalten können.
    Keiner der Männer antwortete auf ihre Fragen. Während der erste sie noch immer festhielt, fesselte der zweite sie. Schließlich zogen die beiden sie aus dem Graben. Noch immer hatte keiner von ihnen auch nur ein einziges Wort gesagt. Es schien sie nicht zu beeindrucken, dass sie schrie, kreischte und um sich trat. Grinsend band der eine ihr die Beine zusammen.
    „Jetzt reicht’s“, brüllte der andere plötzlich und presse ihr die Hand auf den Mund. „Ruhe, verdammt! Joss, wo ist die Flasche?“
    „Noch auf dem Karren.“
    „Hol sie und halt ihr das Zeug unter die Nase. Sie muss zum Schweigen gebracht werden. Und beeil dich. Wir müssen sie so schnell wie möglich von hier wegbringen.“
    Panik überfiel Lily, als der Mann sie mit einer Leichtigkeit über die Schulter warf, die mehr als genug über seine körperlichen Kräfte verriet. Er trug sie zu dem Karren, wo sein Komplize bereits mit einem Tuch wartete, das er offenbar mit der Flüssigkeit aus der geheimnisvollen Flasche getränkt hatte. Es stank, und Lily musste würgen, als er es ihr aufs Gesicht presste. Sie spürte noch, wie ihre Muskeln schlaff wurden. Dann verlor sie das Bewusstsein.
    Lange konnte sie nicht ohnmächtig gewesen sein. Als sie langsam wieder zu sich kam, war es um sie her dunkel, sie konnte sich nicht bewegen, und etwas Schweres lag auf ihr.
    „Ein hübsches Ding“, hörte sie jemanden sagen. „Wollen wir nich’ ne Pause einlegen und ein wenig Spaß mit ihr haben?“
    „Bist du verrückt, Joss?“, antwortete eine andere Männerstimme. „Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher