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Eine Nacht wie Samt und Seide

Titel: Eine Nacht wie Samt und Seide
Autoren: Stephanie Laurens
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Prolog
    August 1831 Ballyranna, Grafschaft Kilkenny, Irland
    »Ich suche nach Paddy O’Loughlin.«
    Lady Priscilla Dalloway, die vor der Theke in der Kneipe Pipe & Drum stand, wünschte sich, während sie den verwunderten Blick des Wirtes auffing, sie hätte daran gedacht, ihre Stimme zu verstellen und sich um eine weniger gewählte Aussprache zu bemühen. Aber dann sah sie Erkennen in Millers Augen aufflackern und begriff, dass es sinnlos gewesen wäre. Sie hatte sich ein altes Reitkostüm angezogen und trug einen breitkrempigen Hut, aber sie konnte ihr Gesicht nicht verhüllen. Ein Schleier wäre wenig hilfreich dabei, Paddy O’Loughlins Vertrauen zu gewinnen.
    Miller, ein fleischiger Mann mit einem runden, kahlen Kopf, fuhr fort, sie zu mustern, als stellte sie eine exotische Bedrohung dar. Innerlich seufzend beugte sie sich vertraulich vor. »Er steckt nicht in Schwierigkeiten, ich möchte nur mit ihm sprechen.« Sie ließ sich ihren weichen, irischen Akzent stärker anmerken, aber Miller zuckte mit keiner Wimper, verriet mit keinem Anzeichen, dass er nachgeben wollte; sie bemühte sich um einen beredsameren Ton. »Es ist so, dass mein Bruder jetzt die Stellung übernommen hat, die Paddy vor Kurzem aufgegeben hat, und ich wollte wissen, was Paddy mir über die Arbeit dort und das Gestüt erzählen kann.«
    Das war alles, was sie bereit war zu verraten. Sie wollte sicher sein, dass es Russ gut ging, aber sie würde nicht die schmutzige Wäsche der Dalloways vor Miller ausbreiten, der zweifellos eine ebenso große Klatschbase war wie alle Wirte.
    Miller runzelte die Stirn und sah sich um.
    Es war zwei Uhr; ein Stück entfernt standen drei Arbeiter an der Theke, und ein paar saßen verstreut an Tischen, sie alle beobachteten mehr oder weniger unverhohlen neugierig die offensichtlich vornehme junge Dame, die sich in ihre Höhle gewagt hatte. Die Fenster der Schankstube waren schmal, das Glas war dick und ließ nur wenig Licht durch. Im Zimmer herrschte eine Mischung aus Braun- und Grüntönen vor, es wirkte leicht schäbig und abgenutzt, einzig die Flaschen und Gläser an der Wand hinter der Theke glänzten.
    Miller musterte seine anderen Gäste, dann stellte er das Glas ab, das er abgetrocknet hatte, beugte sich vor und erkundigte sich mit gesenkter Stimme: »Sie sagen, der junge Lord Russell hat Paddys Job übernommen?«
    Pris gelang es nur mit Mühe, nicht wütend zu zischen. »Ja, ich dachte, Paddy könnte mir vielleicht etwas über Lord Cromartys Gestüt erzählen.« Sie zuckte die Achseln, als sei es vollkommen alltäglich für den Sohn eines Earls, die Stelle eines Hilfsstallmeisters anzunehmen, und ebenso normal, dass seine Schwester einen zweistündigen Ritt quer durchs Land auf sich nahm, um sich bei dem vorherigen Stelleninhaber nach seinen früheren Arbeitsbedingungen zu erkundigen. »Ich bin einfach nur neugierig.«
    Und leicht besorgt, aus welchem Grund ein Mann wie Paddy O’Loughlin eine vermeintlich ausgezeichnete Stellung aufgeben sollte, fügte sie in Gedanken hinzu. Er war eine Legende in der Gegend, was Pferde anging; er hatte geholfen, eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Rennpferden zu trainieren. Sie hatte ihn nie kennen gelernt, wusste aber, dass er ein Stück außerhalb dieses Dorfes wohnte und dass sie gute Chancen hatte, ihn hier zu finden.
    Miller betrachtete sie, dann deutete er mit dem Kopf auf einen großen Mann in Arbeitskleidung, der in der dunkelsten Ecke des Schankraumes an einem Tisch vor einem Krug Ale saß. »Da fragen Sie am besten Seamus O’Malley. Er und Paddy waren dicke Freunde.«
    Angesichts der Tatsache, dass er in der Vergangenheit sprach, zog Pris die Brauen hoch.
    Er nickte bedeutungsschwanger. »Wenn Ihnen jemand weiterhelfen kann, dann ist es Seamus.« Er machte einen Schritt zurück und fügte hinzu: »Wenn es mein Bruder wäre, der in Paddys Fußstapfen treten will, dann würde ich ihn fragen.«
    Besorgnis wich Angst. Pris richtete sich auf. »Danke.«
    Sie drehte sich um und schaute zu Seamus O’Malley. Sie hatte noch nie von ihm gehört. Entschlossen entfernte sie sich von der Theke und durchquerte die Stube zu seinem Tisch.
    O’Malley saß mit hochgezogenen Schultern vornübergebeugt da, einen Krug Ale zwischen den abgearbeiteten, rauen Händen. Sie blieb neben ihm stehen und wartete, bis er den Blick hob und sie anschaute. Er blinzelte wie eine Eule zu ihr auf, erkannte sie offenbar, hatte aber keine Ahnung, weshalb sie dort stand und was sie von ihm
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