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Mind Control

Mind Control

Titel: Mind Control
Autoren: Thomas Flinn
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bedeutete den Teenagern, beiseitezutreten. Er würde dem verwöhnten Bengel eine Lektion erteilen. Abermals überkam ihn leichter Schwindel. Nikolaj schritt zu der Seitentür eines benachbarten Käfigs, dessen Interieur vornehmlich aus einem vertrockneten Baum bestand, auf dessen Ästen drei irinische Beutelaffen turnten. Nikolaj schätzte die lindgrünen Affenwesen mit dem flauschigen Fell und den großen Augen. Sie waren etwas größer als Schimpansen und für Beeinflussungen sehr empfänglich. Außerdem entsprach ihre Physiognomie einem ausgeprägten Kindchenschema. Weiblichen Besuchern entlockten die Tiere jedes Mal mütterliche Seufzer, und selbst der eine oder andere Justifier wurde in ihrer Nähe weich wie Hydrogel. Nikolaj gab einen Zahlencode ein, öffnete die Tür und betrat den Käfig. Dort schlug ihm strenger Moschusgeruch entgegen.
    Schon löste sich einer der Affen von seinem Platz und hangelte über einen Zweig auf ihn zu. Nikolaj fing das flinke Tier auf und streichelte ihm über das dichte Fell. Ja, er mochte seine Tiere. Vor allem dieses Exemplar. Es war weiblich. Nikolaj hatte den Beutelaffen auf den Namen Katharina getauft, nach der berühmten Zarin des alten Russlands. Böse lächelnd trat er wieder vor die Jugendlichen und schloss die Tür. »Du willst also mal so richtig was erleben?«, wandte er sich mit Katharina im Arm an den kleinen Aufwiegler.
    »Was wird das?«, schnaubte der Schüler. »Streichelzoo?«
    »Du wolltest doch wissen, wie es sich anfühlt, wenn so ein Tier elendig verreckt?«
    Segelohr leckte sich unruhig über die Lippen. »Wenn Sie mich anmachen wollen, dann wird Ihnen das schlecht bekommen. Mein Vater ist Executive Director bei United Industries. An Ihrer Stelle wäre ich vorsichtig.«
    United Industries also. Sich mit dem Sprössling eines Konzerners anzulegen, war eigentlich keine gute Idee. Doch im Moment war Nikolaj das egal.
    »Aber nicht doch. Im Gegenteil.« Der Russe drückte dem Jungen den Affen in die Hände. Das flauschige Tier schmiegte sich an den überrumpelten Schüler, der das Tier instinktiv festhielt. »Ich biete dir heute die einmalige Gelegenheit, allen hier zu zeigen, ob du den Mut aufbringst, den Gorgonenbaum selbst zu füttern. Es macht nämlich einen Unterschied, ob man beim Sterben nur zusieht - oder ob man dem Tod ein williger Helfer ist.
    Andernfalls müssen wir wohl davon ausgehen, dass du bloß eine große Klappe hast.«
    Zum ersten Mal stahl sich leichte Verunsicherung in den Blick des Jungen. Katharina maunzte wie eine zahme Katze, und die Mädchen in der Gruppe sahen sich befremdet an. Nikolaj wusste, was in ihren Köpfen vor sich ging: Doch nicht diesen süßen Affen …
    Die Jungs ließen sich leider nicht so leicht beeindrucken. »Los, mach schon, Alex. Wirf das haarige Vieh zu dem Monster!«, rief einer von ihnen.
    Neben ihnen im Terrarium bewegte der Gorgonenbaum gierig seine Nesselfäden. Nikolaj schob Apollo, der noch immer neben der Leiter lag, sanft mit der Schuhspitze beiseite. Der Schäferhund erhob sich und hockte sich mit leicht aufgerichtetem Schwanz neben ihn.
    »Komm, Alex!«, meinte Nikolaj. »Einfach die Fütterungsklappe oben öffnen. Ist gar nicht so schwierig.«
    Was hast du vor?, fragte die Stimme in seinem Kopf.
    Die Öffnung ist nicht groß genug, als dass sich der Bengel hindurchzwängen könnte.
    Sehr witzig, dachte Nikolaj verärgert.
    »Ist das etwa gefährlich?«, fragte Alex lauernd.
    »Heißt das, dass du dich nicht traust?«, konterte Nikolaj. Wütend stapfte Segelohr los und mühte sich mit dem Beutelaffen im Arm ab, die Sprossen zu erklimmen. »Können Sie sich keine Antigrav-Bots für so was leisten?«, schimpfte er.
    »Njet. Aber ich finde, du machst das ganz gut«, antwortete Nikolaj, dessen Eingeweide sich inzwischen wieder beruhigt hatten.
    Der dürre Schüler hatte inzwischen die oberste Sprosse erreicht und zögerte.
    »Mach schon!«, johlte einer seiner Freunde.
    Die Jugendlichen drängten näher gegen die Frontscheibe des Terrariums, um ja nichts zu verpassen.
    Nikolaj schloss die Augen und streckte seinen Geist nach Katharina aus. Wie gewohnt versteifte sich sein eigener Körper etwas, während seine Sinne mit denen des Tiers verschmolzen. Seine Hände waren nun die der Äffin. Er konnte sogar die Wärme des Jungen fühlen, der in diesem Moment nach dem Verschluss der Fütterungsklappe tastete. Routiniert brachte Nikolaj Katharina dazu, die Affenhände über den Körper Segelohrs wandern zu
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