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Mind Control

Mind Control

Titel: Mind Control
Autoren: Thomas Flinn
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    Bruttoregistertonnen gehörte die Nascor eher zu den kleinen Frachtschiffen. Seit der Umrüstung hatte es viel von seiner schnittigen Salamanderform eingebüßt. Heute ähnelte es mehr einem ins Riesenhafte verzerrten Frosch mit seitlich anliegenden Hinterläufen. Ein Eindruck, der nicht zuletzt durch die gewölbten Sichtfronten des Cockpits, dem mächtigen Stauraum des Schiffs und den beiden Pulsatorentriebwerken an den Heckfronten entstand. Schon seit zwei Wochen wartete die Nascor vor Hangar 15, dem billigsten Stellplatz hier auf Mondbasis Alpha 2. Dort, im Staub der grauen Mondoberfläche, standen für gewöhnlich die Raumer jener Eigner, die sich die kostspielige Wartung in einer der atmosphärengefüllten Hangars nicht leisten konnten.
    Prinzipiell traf das auch für ihn und seine Leute zu, doch vor allem sollte der Stellplatz im Vakuum sicherstellen, dass sich niemand die Nascor genauer ansah. Die freien Wartungs- und Inspektionsfirmen hinderte die kleine Vorsichtsmaßnahme dennoch nicht daran, ihn jeden Tag aufs Neue mit Offerten zu belagern. Hier auf Luna lieferten sich die Unternehmen eine regelrechte Preisschlacht darum, den Durchreisenden neue hydraulische Systeme, gebrauchte STPD-Racer oder ganze Krankenstationen anzudrehen. Es wurde Zeit, dass sie ihrem Zwangsaufenthalt ein Ende setzten.
    Nikolaj schloss die Fütterungsklappe und wollte gerade die Leiter neben dem Terrarium hinuntersteigen, als ihn einer der Teenager anblaffte. »Sagen Sie mal, war das alles? Das war doch Kinderkacke!«
    Sofort senkten die anderen Jugendlichen ihre Fotosticks. Nikolaj stöhnte innerlich auf und schenkte den beiden Konzernern, die nebenan vor den eisigen Behältern mit Tetralobiten vom Jupitermond Europa standen, ein unverbindliches Lächeln. Der dürre Junge, der sich da lautstark hervortat, mochte vielleicht 15 oder 16 Jahre alt sein. Seine großen Segelohren jedoch ähnelten den Flügeln der airakischen Sauropsiden, die er und seine Leute drüben in der Voliere nahe dem Ausgang präsentierten. Schon vorhin, vor dem Chlor-Athmo-Käfig mit den zehnbeinigen Coleoptera aus dem Athene-Doppelstern-System, war ihm der kleine Provokateur mit seinen Bemerkungen aufgefallen.
    »Du bist unzufrieden?«, gab sich Nikolaj überrascht. Der auf Streit gebürstete Gesichtsausdruck des Jungen sprach Bände. Nur zu gut erinnerte sich Nikolaj an den Eklat auf Pherostine vor einem Jahr. Nur, dass es dort ein angetrunkener Konzerner gewesen war, der seine Vorführung zu sprengen versucht hatte. Er hatte ihn dafür etwas später um seine Ersparnisse gebracht, so wie er es für gewöhnlich mit vielen seiner reichen Besucher tat. Mit gelangweilten Teenagern hingegen hatte er bislang nur wenig Erfahrungen.
    »Ja, die Fütterung war Kacke!« Segelohr setzte ein gehässiges Grinsen auf, als er bemerkte, dass ihm die Aufmerksamkeit seiner Altersgenossen sicher war. »Ich dachte, hier bei Ihnen erlebt man mal was Cooles. Aber so
    ‘ne doofe Echse - die kann man doch in jedem Holo-spiel abknallen.«
    Nikolaj taxierte den Jungen durch die Multibrille und warf einen kurzen Blick auf die elektronische Anzeige, die unsichtbar für Außenstehende am oberen Rand der Gläser erschienen: 37 kg Gewicht bei einer Körpergröße von 1,67 Metern. Ob er dem dünnen Hering sagen sollte, dass er genau das richtige Format mitbrachte, um den Magen eines ausgewachsenen Gorgonenbaums drei Tage lang zu füllen? Vielleicht sollte er das Terrarium einfach öffnen und abwarten, was dann geschah? Gorgonenbäume waren entgegen dem ersten Eindruck sehr beweglich. Leider war der dürre Junge ebenso wie seine verwöhnten Klassenkameraden Zögling eines Eliteinternats aus der Global City Frankfurt. Und nicht nur das: Soweit er mitbekommen hatte, waren die Eltern der Jugendlichen hohe Angestellte irgendeines Multikonzerns. Die Internatsgruppe befand sich auf einer Klassenreise zum vier Lichtjahre entfernten Alpha-Centauri-System, wo sich die ältesten Kolonien der Menschheit befanden. Allerdings hatten die Jugendlichen noch einige Stunden Wartezeit bis zur Abfertigung vor den TransMatt-Schaltern in Kuppelhalle 7 zu überbrücken. Ein Besuch des INTERSTELLAR GRÖSSTEN XENO-SPEKTAKULARIUMS, wie Nikolaj seinen Wanderzoo reißerisch benannt hatte, schien der Lehrerin der Teenager daher nur recht gewesen zu sein. Die Frage war, wo die Frau Pädagogin, die ihm das Rudel auf den Hals gehetzt hatte, jetzt steckte. Zuletzt hatte Nikolaj sie hinten bei den Grav-Käfigen mit
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