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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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Wut kochte. Wortlos drehte sich der Staatsanwalt um und ging zu seinem Auto.
    Horst Winkler lachte herzlich mit, niemand merkte ihm an, dass er die Puppe wieder erkannte. Er ließ sich nicht anmerken, dass es ihn erschreckte, Lissys Kleider wieder zu erkennen. Es waren genau die Kleider, die sie an ihrem letzten Tag auf den Hof getragen hatte. Warum, dachte er, hat Klausi die Puppe versenkt? Und wieso hatte er ihr Lissys Kleider angezogen?
    Aus der Schlenke bargen die Feuerwehrleute außer der Puppe, die sie noch im Moor zu ihrem neuen Maskottchen erklärten und ihr künftig einen Ehrenplatz in ihrem kleinen Feuerwehrhaus einräumen wollten, ein altes Moped und ein paar Knochen. Der Staatsanwalt wurde angerufen und kehrte um, insgeheim in der Hoffnung, doch Recht behalten zu haben. Der mächtige Knochen, der auf dem Birkenholztisch neben den Bänken lag, war aber viel zu groß um zu einem menschlichen Leichnam gehört zu haben. Die Polizisten debattierten, ob es sich um den Oberschenkelknochen eines Bullen oder einer Kuh handeln könnte und als einer sagte, das sei doch ganz klar ein Neandertaler, hatte Werner Allmers endgültig genug. Er ließ sich von der kleinen Moorbahn zum Parkplatz zurückbringen und stierte während der ganzen Fahrt auf seine Hände. Dass dies eine weitere krachende Niederlage und damit ein gefundenes Fressen für seine Gegner in der Stader Justizbehörde war, konnte er sich denken. Seine Chancen, an die Spitze der Behörde zu rücken, so wie er es für sich vorgesehen hatte, wenn der jetzige Oberstaatsanwalt in einem Jahr in Ruhestand gehen würde, schwanden, darüber war er sich im Klaren. Nur Erfolge in der Aufklärung und in der Ahndung von Verbrechen halfen ihm weiter. Seine Plädoyers waren nicht so geschliffen, wie er sie selbst gerne gehabt hätte und sein dauernder Kampf mit dem Haftrichter zerrte an seinem Nervenkostüm, das längst nicht so robust war, wie er es nach außen hin demonstrierte. Er hatte, so fand er, alles akribisch vorbereitet. Der Einsatzleiter der Feuerwehr war nach Stade zitiert worden und Werner Allmers hatte ihn zu absolutem Stillschweigen verpflichtet. Er sollte Winkler zu dem Einsatz abholen, um sicherzustellen, dass er auch vor Ort war. Horst Winkler sollte sich in absoluter Sicherheit wiegen und nach dem Bergen der Leiche wäre er direkt am Tatort verhaftet worden. Das wäre für die Anklage, die er dann gegen ihn vorbereitet hätte, ein Leckerbissen gewesen.
    Aber nun war er sich sicher, dass Horst eine Puppe versenkt hatte, um ihn bewusst in die Irre zu führen. Eine solche Raffinesse hatte Werner Allmers nicht erwartet.
    Was nur hat er damit bezweckt? überlegte er, als er in sein Auto stieg.
    Er erschrak, als an das Seitenfenster geklopft wurde. Hans-Georg stand neben dem Auto und bedeutete ihm, das Fenster zu öffnen.
    „Nimmst du mich mit?“, fragte er.
    „Du bist doch mit dem Schlepper gekommen“, entgegnete Werner Allmers verwundert.
    „Georg Brokelmann fährt damit nach Hause“, sagte Allmers. „Das Güllefass gehört ihm.“
    „Wollen wir einen Tee bei mir trinken?“, fragte Hans-Georg um seinen Bruder aufzumuntern.
    „Ist deine Frau auch da?“
    So wie er „Frau“ betont, dachte Allmers, hat er mir noch nicht verziehen, dass wir ihn nicht zur Hochzeit eingeladen haben.

Kapitel 41
    Wiebke und Allmers hatten das ganze Haus umgestaltet. Allmers hatte ihr gerne die Federführung bei der Neueinrichtung überlassen, die einzige Bedingung, die er gestellt hatte, war, dass kein Buch weggeworfen werden dürfe. Man könne sie gerne hinter Schranktüren verschwinden lassen, hatte er gemeint, aber eines wegzuwerfen käme nicht in Frage.
    Wiebke hatte mit den Schultern gezuckt: das sei ihr egal, es solle nur nicht mehr so chaotisch sein. Wenn die ganzen Schinken ordentlich auf einem Regal stünden, sei das in Ordnung.
    Staunend stand der Staatsanwalt in der Küche.
    „Das sieht ja ganz anders aus“, meinte er verwundert.
    Allmers war stolz, ihm gefiel die neue Küche auch und seit Wiebke bei ihm eingezogen war, wurde sie auch wieder benutzt. In den letzten Jahren war ihm die Freude am Kochen immer mehr abhanden gekommen, schließlich ernährte er sich fast nur noch von Fertigpizzen und Nudelaufläufen aus dem Tiefkühlregal, die er nur entweder in den Backofen oder in die Mikrowelle schieben musste. Sein Bauchumfang hatte zugenommen, oft hatte er im letzten Jahr nach dem Duschen vor dem Spiegel gestanden und gelobt, sich anders zu ernähren.
    Der
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