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Vom Umtausch ausgeschlossen

Vom Umtausch ausgeschlossen

Titel: Vom Umtausch ausgeschlossen
Autoren: Sophie Kinsella
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    Okay. Ich schaffe das. Gar kein Problem.
    Es geht schließlich bloß darum, mein höheres Selbst übernehmen zu lassen, Erleuchtung zu erlangen und ein strahlendes weißes Lichtwesen zu werden.
    Kinderkram.
    Ich bewege mich so unauffällig wie möglich auf meiner Yoga-Matte in eine Position, bei der mir die Sonne direkt ins Gesicht scheint, und schiebe mir die Spaghettiträger von den Schultern. Ist doch gar nicht einzusehen, wieso man nicht den ultimativen Glückszustand erreichen und gleichzeitig schön gleichmäßig braun werden sollte.
    Ich sitze an einem Berghang mitten in Sri Lanka, das heißt im Blue Hills Refugium, einer so genannten Erholungs- und Besinnungsstätte, und die Aussicht ist einfach umwerfend. Vor mir erstrecken sich Berge und Teeplantagen und verschmelzen mit einem tiefblauen Himmel. Ich kann die bunte Kleidung der Teepflücker auf den Feldern erkennen, und wenn ich den Kopf ein wenig drehe, sehe ich in der Ferne einen Elefanten gemächlich durchs hohe Gras stapfen.
    Und wenn ich den Kopf noch weiter drehe, sehe ich Luke. Meinen Mann. Abgeschnittene Leinenhose, schäbiges altes T-Shirt... So sitzt er da im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen. Auf einer blauen Yoga-Matte.
    Ich weiß. Es ist unglaublich. Nach zehn Monaten Hochzeitsreise ist Luke ein völlig anderer Mensch. Ganz anders als der, den ich geheiratet habe. Der alte, immer nur an die Firma denkende Luke ist verschwunden. Die Anzüge sind verschwunden. Er ist braun gebrannt und dünn, und in seinen langen, von der Sonne gebleichten Haaren hängen immer noch ein paar von den bunten Zöpfen, die er sich an Bondi Beach hat einflechten lassen. An seinem Handgelenk trägt er ein Freundschaftsarmband, das er in der Masai Mara gekauft hat, und an seinem Ohr glitzert ein winziger, silberner Ring.
    Luke Brandon mit Ohrring! Luke Brandon im Schneidersitz!
    Als könne er meinen Blick auf sich spüren, öffnet er die Augen und lächelt mich an. Ich strahle zurück. Zehn Monate verheiratet. Und noch kein einziger Streit.
    Na ja. Sie wissen schon. Jedenfalls kein richtiger.
    »Siddhasana«, sagt unser Yoga-Lehrer Chandra, und sofort lege ich gehorsam den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel. »Und jetzt den Kopf frei machen von allen unwesentlichen Gedanken.«
    Okay. Kopf frei machen. Konzentrieren.
    Ich will ja nicht angeben, aber ich finde es ziemlich einfach, den Kopf frei zu machen. Ich verstehe gar nicht, wie das überhaupt irgendjemand schwierig finden kann! Ich meine, nicht denken muss doch im Grunde so viel einfacher sein als denken, oder?
    Aber gut, ich bin ja auch gewissermaßen ein Naturtalent in Sachen Yoga. Wir sind erst seit fünf Tagen in diesem Refugium, und ich kann schon den Lotus-Sitz und alles! Ich habe mir sogar schon überlegt, eventuell als Yoga-Lehrerin zu arbeiten, wenn wir wieder nach Hause kommen.
    Vielleicht könnte ich mich ja mit Trudie Styler zusammentun. Au ja! Dann könnten wir auch eine ganze Kollektion bequemer Yoga-Kleidung entwerfen, alles in Grau und Weiß, mit einem kleinen Logo...
    »Auf die Atmung konzentrieren«, sagt Chandra.
    Ach, ja, richtig. Atmen.
    Einatmen... ausatmen. Einatmen... ausatmen. Einatmen ...
    Mann, sehen meine Fingernägel toll aus. Ich habe sie mir in dem Spa machen lassen - kleine rosa Schmetterlinge auf weißem Grund. Und die Fühler sind winzige, glitzernde Diamanten. Die sind so süß. Hm, der eine ist anscheinend leider abgefallen. Ob die mir das reparieren ...
    »Becky.« Chandras Stimme lässt mich zusammenzucken. Er steht direkt vor mir und mustert mich mit diesem ganz speziellen Chandra-Blick: sanft und allwissend, als könne er einem in die Seele gucken.
    »Du machst das sehr gut, Becky«, lobt er mich. »Du hast einen wunderschönen Geist.«
    Mein ganzer Körper prickelt vor Freude. Ich, Rebecca Brandon, geborene Bloomwood, habe einen wunderschönen Geist! Ich habe es gewusst!
    »Deine Seele ist der Welt abgewandt«, fügt er sanft hinzu, und ich starre ihn vollkommen gebannt an.
    »Weltliche Güter bedeuten mir gar nichts«, entgegne ich atemlos. »Das Einzige, was mir wirklich wichtig ist, ist Yoga.«
    »Du hast deinen Weg gefunden.« Chandra lächelt.
    Ich höre ein seltsames Schnauben aus Lukes Richtung, und als ich mich nach ihm umdrehe, sehe ich, dass er uns sichtlich amüsiert beobachtet.
    Ich wusste, dass Luke das hier nicht wirklich ernst nehmen würde.
    »Das hier ist ein Privatgespräch zwischen mir und meinem Guru, also bitte, ja?«, pflaume ich ihn
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