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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung
Autoren: Astrid Lindgren
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hätte noch niemand von einem Schwein gehört, das wie ein Schoßhund gehalten wurde, und so viel Bauer müsste Michel doch schon sein, um zu wissen, dass Schweine geschlachtet würden, wenn sie groß genug waren, dazu hatte man sie doch.
    »Weißt du das nicht?«, fragte Michels Papa verwundert.
    Ja, das wusste Michel natürlich und zuerst fiel ihm keine Antwort ein, doch dann hatte er eine gute Idee.
    »Ich bin jedenfalls so viel Bauer, dass ich weiß, dass einige Eber am Leben bleiben dürfen, um Vatereber zu werden. Und genau das hab ich mir bei Knirpsschweinchen gedacht.«
    Michel wusste, was du vielleicht nicht weißt, dass ein Vatereber ein Schwein ist, das der Papa von vielen kleinen Schweinchen werden soll. Dies sollte Knirpsschweinchens Rettung sein, dachte Michel, denn dumm war er nicht. Eine Sau für Knirpsschweinchen würde er schon auftreiben und wenn sie auch noch so klein wäre, erklärte er seinem Vater, und dann würden Knirpsschweinchen und seine Sau so viele Ferkelchen bekommen, dass es nur so um sie herum wimmelte.
    »Das hört sich gut an«, sagte Michels Papa. »Aber es wird hier auf Katthult magere Weihnachten geben. Keinen Schinken und keine Blutklöße und nichts!«
     
»Gebt doch Mehl und Salz mir bloß,
    möcht ihn kochen, den Blutkloß«,
      
    sagte Klein-Ida, aber Michel brüllte sie an:
    »Still, du mit deinen Blutklößen!«
    Er wusste ja, dass zu dem Kloß nicht nur Mehl und Salz, sondern auch Schweineblut gehörte.
    Aber nicht das Blut von Knirpsschweinchen! Nicht, solange Michel lebte, so viel war sicher!
    In der Küche herrschte eine Zeit lang Stille, eine düstere Stille. Plötzlich fluchte Alfred los. Er hatte sich mit dem scharfen Schnitzmesser in den Daumen geschnitten und das Blut floss nur so.
    »Es wird nicht besser, wenn du fluchst«, sagte Michels Papa streng. »Und ich will in meinem Haus keine Flüche hören.«
    Michels Mama holte einen sauberen Leinenlappen und wickelte ihn um Alfreds Daumen. Dann schnitzte Alfred weiter. Das war eine gute Winterarbeit, denn alle Rechen mussten, wo es nötig war, neue Zinken bekommen, sie sollten ja im Frühling in Ordnung sein.
    »Wie gesagt … es wird ein mageres Weihnachtsfest hier auf Katthult«, sagte Michels Papa und starrte düster vor sich hin.
    An diesem Abend lag Michel lange wach und am nächsten Morgen zerschlug er sein Sparschwein und nahm von seinem Geld fünfunddreißig Kronen. Dann spannte er Lukas vor einen Schlitten und fuhr nach Bastefall. Da hatten sie reichlich Schweine und er kam 
     

     
    mit einem Prachtschwein zurück, das er zu Knirpsschweinchen in den Stall laufen ließ. Dann ging er zu seinem Vater.
    »So, jetzt sind zwei Schweine im Stall«, sagte er. »Schlachte nun! Aber nimm nicht das falsche – das rat ich dir!«
    So eine Riesenwut, wie sie jetzt in Michel war, überkam ihn manchmal und es kümmerte ihn nicht, dass es sein Vater war, mit dem er sprach. Es war für ihn ein entsetzliches Gefühl, dass man Knirpsschweinchens Leben nur erkaufen konnte, indem man ein anderes armes Schwein tötete. Aber er sah keinen anderen Ausweg und Michel wusste auch, dass er sonst keine Ruhe vor seinem Vater gehabt hätte, der ja nicht verstand, dass einem ein Schwein etwas wie ein Schoßhund sein konnte.
    Zwei Tage lang ging Michel nicht in den Schweinestall, sondern ließ Lina das Fressen zu den beiden Schweinen bringen. Am Morgen des dritten Tages wachte er auf, obwohl es draußen noch kohlrabenschwarz war. Er hörte ein Schwein um sein Leben quieken. Es quiekte schrill und gellend, aber dann war es plötzlich still.
    Michel hauchte auf die befrorene Fensterscheibe, damit er ein Guckloch bekam, und sah hinaus. Er sah den Schein der Laterne hinten im Schweinestall und dunkle Schatten, die sich bewegten. Jetzt war das Schwein tot, das wusste er. Jetzt stand dort Lina und rührte das Blut, das aus dem Schwein herausrann. Bald würden sein Vater und Alfred es abbrühen und ihm die Borsten abschaben und es zerteilen. Krösa-Maja würde kommen und sie und Lina würden nachher im Waschhaus die Därme auswaschen und damit war es dann zu Ende mit dem Bastefall-Schwein, das Michel gekauft hatte.
    »Und wenn ich’s schlachte, wird es schrein«, murmelte Michel, und dann kroch er wieder in sein Bett und weinte lange.
    Aber so ist der Mensch – er vergisst. Und so war Michel auch. Am Nachmittag saß er eine Weile bei Knirpsschweinchen im Stall und während er es kratzte, sagte er gedankenvoll:
    »Du, Knirpsschweinchen, du
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