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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung
Autoren: Astrid Lindgren
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vergrabe und dabei eine gute Beschwörung spreche. Sie wüsste eine, meinte sie.
     
»Drei und drei! Was vom Satan kommt, 
    geht zum Satan zurück!
    Damit es so sei – drei und drei!«
     
    Aber Michels Papa sagte, dass es mit der Beschwörung reiche, die Alfred rausgerutscht sei, als er sich in den Daumen geschnitten habe. Und wenn etwas bei diesem Wetter nördlich vom Haus vergraben werden sollte, dann könne Krösa-Maja das ja selbst machen. Krösa-Maja schüttelte bedenklich den Kopf. »Ja, ja, dann muss es eben gehen, wie es geht, ach, ach, ach!«
    Michel wurde rasend.
    »Was ist das nur für ein Weibergeschwätz! Alfred wird bald gesund, begreifst du das?«
    Da zog Krösa-Maja den Kopf ein.
    »Ja doch, kleiner Michel, er wird wieder gesund; natürlich wird er wieder gesund!« Und sicherheitshalber streichelte sie Alfred und beteuerte laut: »Gewiss wirst du gesund, Alfred, das begreife ich doch!« Aber danach schaute sie zur Kammertür und murmelte vor sich hin: »Aber was ich nicht begreife: Wie wollen die bloß einen Sarg durch die schmale Tür da schaffen!«
    Michel hörte es und fing an zu weinen. Er zupfte seinen Vater ängstlich an der Jacke.
    »Wir müssen Alfred zum Doktor nach Mariannelund bringen, wie Mama gesagt hat.«
    Da sahen Papa und Mama einander so seltsam an. Sie wussten, dass es ganz unmöglich war. Nein, es war einfach undenkbar, heute nach Mariannelund zu kommen. Aber es war schwer, das Michel geradeheraus zu sagen, der so traurig dastand. Michels Mama und Papa wollten Alfred natürlich auch helfen. Sie wussten nur nicht, auf welche Weise, und deshalb wussten sie auch nicht, was sie Michel antworten sollten. Michels Papa verließ die Kammer ohne ein Wort. Aber Michel gab nicht auf. Er folgte seinem Vater auf Schritt und Tritt und weinte und bat und schrie und drohte und war wie von Sinnen. Aber, stell dir vor, diesmal wurde sein Vater nicht wütend, er sagte nur ganz leise:
    »Es geht nicht, Michel, du weißt selbst, dass es nicht geht!«
    Lina saß in der Küche und heulte und schluchzte.
    »Und ich hab mir gedacht, dass wir im Frühling heiraten! Ja, Feierabend! Jetzt ist es aus mit Alfred. Und ich, ich sitz hier mit vier Laken und einem ganzen Dutzend Handtücher, ja, das ist gemein!«
    Endlich begriff Michel, wie es stand. Es gab keine Hilfe. Da ging er zur Knechtshütte zurück. Er saß den ganzen Tag bei Alfred und es war der längste Tag in Michels Leben.
    Alfred lag da und schlief. Nur manchmal schaute er auf und jedes Mal sagte er:
    »Da bist du ja, Michel!«
    Michel sah den Schnee draußen vor dem Fenster wirbeln und er hasste ihn so glühend, dass eigentlich aller Schnee in ganz Lönneberga und ganz Småland davon hätte schmelzen müssen. Aber sicher soll die ganze Welt im Schnee versinken, dachte Michel, weil immer noch mehr herunterkam.
    Wintertage sind kurz, auch wenn sie dem, der dasitzt und wartet wie Michel, lang erscheinen. Es dämmerte schon und bald würde es dunkel werden.
    »Da bist du ja, Michel«, sagte Alfred wieder, aber das Sprechen fiel ihm jetzt schwerer.
    Michels Mama kam mit Fleischbrühe und redete Michel gut zu und er aß. Sie versuchte es auch bei Alfred, aber Alfred wollte nicht. Da seufzte Michels Mama und ging wieder.
    Am späten Abend kam Lina und sagte, es sei jetzt Zeit für Michel ins Bett zu gehen.
    Nein, das sollte sich ja keiner einbilden!
    »Ich werde hier neben Alfred auf dem Fußboden schlafen«, sagte Michel. Und dabei blieb es.
    Er stöberte eine alte Matratze für sich auf und eine Pferdedecke, mehr brauchte er nicht. Aber er konnte nicht 
     

     
    schlafen. Er lag wach da und sah, wie die Glut im Ofen fahl wurde, und hörte, wie Alfreds Wecker tickte, aber er hörte auch, wie schnell Alfred atmete und wie er manchmal vor sich hin wimmerte. Wohl fiel Michel ab und zu in einen kurzen Schlaf, aber er wachte jedes Mal mit einem heftigen Ruck wieder auf. Die Sorge um Alfred drückte ihm das Herz ab und wie die Nacht so verging, fühlte er immer mehr, wie falsch alles war und wie es bald zu spät sein würde, auf ewig zu spät.
    Und dann, als es vier Uhr morgens war, wusste Michel, was er tun musste. Er musste Alfred nach Mariannelund zum Doktor bringen und wenn sie beide, er und Alfred, dabei draufgehen sollten.
    Du sollst da nicht in deinem Bett liegen und sterben, Alfred, nein, das sollst du nicht!
    Er sagte es nicht laut, er dachte es nur. Aber er dachte es mit Nachdruck. Und er fing sofort an zu handeln. Er musste wegkommen, bevor
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