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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung
Autoren: Astrid Lindgren
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lebst! So verschieden ist das hier auf der Welt, du, du lebst!«
    Dann nahm er sich vor, das Bastefall-Schwein zu vergessen. Und als am nächsten Tag Krösa-Maja und Lina in der Küche saßen und emsig Speckwürfel schnitten und die Mutter Wurstmasse knetete und Blutklöße kochte und den Weihnachtsschinken in seine Salzlake legte, während Lina sang »Ein Wind weht so kalt, her von der See« und Krösa-Maja von dem Gespenst ohne Kopf im Pfarrhaus erzählte, da fühlte Michel sich wohl. 
     

     
    Er dachte nicht mehr an das Bastefall-Schwein, sondern nur noch daran, dass bald Weihnachten sein würde und wie schön es war, dass es endlich angefangen hatte richtig zu schneien.
    »Jetzt kommt der Schnee, viel Schnee, viel Schnee«, sagte Klein-Ida.
    Und wie es schneite. Im Laufe des Tages wurde es immer schlimmer und dazu stürmte es auch. Der Schnee wirbelte, dass man kaum die Ställe erkennen konnte, wenn man hinaussah.
    »Ja, jetzt braut’s sich zusammen, das wird ein Schneesturm«, sagte Krösa-Maja. »Wie soll ich nur nach Hause kommen?«
    »Du bleibst heute Nacht hier«, sagte Michels Mama. »Du kannst mit Lina zusammen auf der Küchenbank schlafen.«
    »Ja, aber dann sei so gut und lieg still wie ein totes Schwein! Denk daran, dass ich kitzlig bin«, sagte Lina.
    Beim Abendbrot klagte Alfred über seinen Daumen.
    Er sagte, er hätte Schmerzen. Michels Mama wickelte den Verband ab, um nachzusehen, warum die Wunde nicht geheilt war.
    Es war kein schöner Anblick. Die Wunde war rot und eitrig und geschwollen und rote Streifen zogen sich vom Daumen ein kleines Stück über das Handgelenk hinaus.
    Krösa-Majas Augen begannen zu leuchten.
    »Blutvergiftung«, sagte sie. »Gefährliche Sache, das.«
    Michels Mama holte die Flasche mit Sublimat und machte einen Sublimatumschlag um Alfreds Hand und Arm.
    »Wenn es bis morgen nicht besser wird, dann fährst du zum Doktor nach Mariannelund«, sagte sie.
     

     
    In der Nacht schneite und stürmte es über ganz Småland, keiner konnte sich erinnern, dass es jemals so schlimm gewesen war, und als sie am Morgen auf Katthult erwachten, lag der Hof unter einer einzigen großen, weichen Schneewehe versteckt. Und der Schneesturm tobte weiter. Es schneite und stürmte, dass man kaum die Nase hinausstecken konnte, und im Schornstein heulte der Wind – hu, so was hatte man noch nie erlebt!
    »Da kann Alfred den ganzen Tag Schnee schaufeln«, sagte Lina. »Er kann es aber auch lassen, denn es ist ja doch umsonst.«
    Und Alfred schaufelte keinen Schnee an diesem Tag. Als Frühstückszeit war, blieb sein Platz am Küchentisch leer und er ließ auch nichts von sich hören. Michel wurde unruhig. Er setzte seine Müsse auf, zog die dicke Lodenjoppe an, nahm die Schneeschaufel, die neben der Küchentür stand, und schaufelte sich einen Weg hinüber zur Knechtshütte, die Wand an Wand mit dem Tischlerschuppen lag.
    Lina sah ihm durch das Küchenfenster nach und nickte zufrieden.
    »Sehr klug von Michel, den Schnee beiseite zu schaffen, da kann er schnell zum Tischlerschuppen sausen. Man weiß ja nie, in welchem Augenblick das nötig ist.«
    Dumme Lina, sie verstand nicht, dass Michel auf dem Weg zu Alfred war.
    Es war kalt in der Knechtskammer, als Michel hereinkam. Alfred hatte kein Feuer gemacht. Er lag in seinem Ausziehbett und wollte nicht aufstehen. Essen wollte er auch nicht. Er habe keinen Hunger, sagte er. Da wurde Michel noch unruhiger. Wenn Alfred keinen Hunger hatte, dann musste es schlimm um ihn stehen. Michel legte Holz in den Ofen und machte Feuer und dann lief er los und holte seine Mama. Sie kam, sie kamen übrigens alle, Michels Papa und Lina und Krösa-Maja und Klein-Ida, denn alle machten sich Sorgen um Alfred.
    Der arme Alfred lag mit geschlossenen Augen da. Heiß wie ein Ofen war er und fror trotzdem. Die roten Streifen 
     

     
    waren weit hinaufgekrochen bis zu den Achselhöhlen, es sah schrecklich aus. Krösa-Maja nickte eifrig.
    »Wenn die zum Herzen gehen, die Streifen da, dann isses aus, dann stirbt er.«
    »Sei still«, sagte Michels Mama. Aber so leicht war es nicht, Krösa-Maja zum Schweigen zu bringen. Allein in Lönneberga kannte sie wenigstens ein halbes Dutzend Menschen, die an Blutvergiftung gestorben waren, und die zählte sie alle auf.
    »Aber deshalb müssen wir ja Alfred nicht aufgeben«, sagte sie.
    Sie glaubte, es würde vielleicht helfen, wenn man eine Locke von seinem Haar und einen Zipfel seines Hemdes um Mitternacht nördlich vom Haus
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