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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung
Autoren: Astrid Lindgren
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mussten gemolken werden, ob es nun Alltag oder Sonntag war. Um fünf Uhr am Morgen rasselte der Wecker in der Küche und Lina kroch aus ihrem Bett, vom Zahnschmerz ganz zerschlagen. Sie warf einen Blick in den Spiegel über der Kommode und stieß einen gellenden Schrei aus. Du liebe Güte, wie sie aussah! Die rechte Backe war geschwollen wie ein gut aufgegangenes Hefebrötchen. Nein, das war zu schrecklich! Lina fing an zu weinen.
    Jetzt konnte sie einem wirklich Leid tun, denn gerade heute sollte das ganze Dorf nach Katthult zum Kirchenkaffee kommen.
    »Ich kann mich doch nicht zeigen, wenn ich nicht auf beiden Seiten gleich aussehe«, murmelte Lina und ging schluchzend zum Melken hinaus. Sie brauchte sich aber nicht lange über ihre ungleichen Seiten zu sorgen, denn gerade als sie auf ihrem Melkschemel saß, kam eine Wespe und stach sie in die linke Backe. Nun sollte man ja meinen, dass sie zufrieden war, denn die linke Backe schwoll rasch an und wurde genauso dick wie die rechte. Ja, nun war es so gekommen, wie sie es haben wollte, beide Backen waren gleich rund und trotzdem weinte sie noch mehr als vorher.
    Als sie in die Küche kam, saßen alle am Frühstückstisch und ich kann dir sagen, dass sie die Augen aufrissen, als sie plötzlich etwas Verschwollenes und Rotgeheultes in der Tür stehen sahen. Und das sollte Lina sein! Die Ärmste sah wirklich zum Weinen aus, und deshalb war es nicht nett von Michel, dass er statt dessen 
     

     
    lachte. Er hatte gerade sein Milchglas an den Mund gesetzt und wollte trinken, als Lina hereinkam, und als er sie über dem Glasrand erblickte, prustete er los, dass die Milch quer über den Tisch spritzte und auf der feinen Kirchenweste seines Papas landete. Auch von Alfred hörte man ein leises Kichern, ja, Lina konnte einem wirklich Leid tun!
    Michels Mama sah Michel und Alfred streng an und sagte, dass es hier wirklich nichts zu lachen gab. Aber während sie Michels Papa abtrocknete, schaute sie noch mal zu Lina, und man merkte, dass sie verstand, warum Michel so losgeprustet hatte. Aber natürlich tat ihr Lina Leid.
    »Armes Kind«, sagte sie, »du siehst schlimm aus und kannst dich nicht vor den Leuten sehen lassen. Michel, lauf zu Krösa-Maja und bitte sie, dass sie kommt und uns hilft, den Kaffee aufzutragen!«
    Sonntags Kirchenkaffee trinken, das mochten alle in Lönneberga, und sicher waren sie rundum auf den Höfen froh gewesen, als der Brief von Michels Mama kam, in dem sie schrieb: 
     
    Liebe Frauen und Herren, wenn Sie zu uns kommen wollten zum Kirchenkaffee jetzt am Sonntag. 
    Bitten freundlich 
    Alma und Anton Svensson
    Katthult Lönneberga
     
    Nun war es Zeit für die Kirche. Michels Mama und Papa fuhren los, denn zuerst mussten sie natürlich in die Kirche, bevor von Kirchenkaffee die Rede sein konnte.
    Und Michel ging brav zu Krösa-Maja mit der Nachricht. Es war ein schöner Morgen und er pfiff vergnügt, als er in den Pfad zu Krösa-Majas Hütte einbog. Sie wohnte in einer alten Kate oben im Wald.
    Wenn du auch einmal an einem frühen Sonntagmorgen im Juni in einem Wald in Småland gewesen bist, dann wirst du dich sofort erinnern, wie das ist: Du hörst den Kuckuck rufen und die Amsel flöten und du fühlst, wie weich die Kiefernnadeln unter deinen nackten Füßen sind und wie schön die Sonne deinen Nacken wärmt. Du gehst dahin und magst den Harzduft von Kiefern und Tannen und du siehst, wie weiß die Walderdbeeren auf den Lichtungen blühen. Genauso empfand es auch Michel und deshalb hatte er keine Eile, aber schließlich kam er doch zu dem Häuschen von Krösa-Maja, das so klein und grau und verfallen dalag, dass es kaum zwischen den Bäumen zu sehen war.
    Drinnen saß Krösa-Maja und las die »Småland-Zeitung«, erschrocken und gleichzeitig zufrieden über etwas, was da zu lesen war.
    »Es ist Tüfis nach Jönköping gekommen«, sagte sie, bevor sie überhaupt guten Tag zu Michel gesagt hatte, und sie hielt Michel die Zeitung unter die Nase, damit er es selbst sehen konnte. Sehr richtig, da stand, dass zwei Bauern aus Jönköping an schwerem Typhus erkrankt waren, und Krösa-Maja nickte zufrieden.
     

     
    »Tüfis, das ist eine furchtbare Krankheit«, sagte sie. »Und bald haben wir sie hier in Lönneberga, glaub mir!«
    »Warum denn, wie kann sie herkommen?«, fragte Michel.
    »Während du noch hier stehst, fliegt sie wie Löwenzahnsamen über ganz Småland«, sagte Krösa-Maja. »Kiloweise Tüfissamen. Und Gott helfe denen, wo sie Wurzeln
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