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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore
Autoren: Jack London
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Donkeymaschine aufgemacht hatten. Da kam Wada über das Deck gelaufen.
    »Schlimme Geschichte mit Buckwheat«, rief er mir zu. »Kommen Sie ganz schnell.«
    Ich überließ ihm meinen Stutzen und befahl ihm, aufzupassen, während ich um das Kartenhaus lief. Zwischen dem Niedergang und dem Rad saß Buckwheat. Er wiegte sich hin und her und schlug mit den Armen um sich, während ihm vor Schmerzen Tränen aus den Augen liefen. Er hustete schrecklich und rang nach Luft. Ich ging zu ihm hin, und ein einziger Atemzug von dem Gas, das von unten aufstieg, ließ mich nach Luft schnappen und husten. Es war Schwefeldampf, den ich eingeatmet hatte. Im selben Augenblick vergaß ich die Elsinore, die Meuterer und alles andere und dachte nur an eines…
    Ich schoß die Treppe des Niedergangsluks hinunter und irrte ganz schwindlig in dem großen Heckraum umher, während die Schwefeldämpfe mich fast erstickten. Bei dem trüben Schein einer Schiffslaterne sah ich den alten Steward, der, auf Händen und Füßen kriechend, hustend und keuchend den Segelmacher Yatsuda schüttelte, um ihn aus dem schweren Schlaf zu wecken. Uchino, der Segelmaat, lag noch immer da und röchelte im Schlaf.
    Ich kam auf den Gedanken, daß die Luft näher am Boden vielleicht besser sein würde, und fand es sofort bestätigt, als ich mich auf Knie und Hände legte. Schnell wickelte ich Uchino aus seinen Decken, hüllte mir die Laken um Kopf, Gesicht und Mund, stand dann wieder auf und stürzte in die Diele. Nachdem ich mehrmals gegen die Holzwände geprallt war, legte ich mich wieder auf den Boden und ordnete die Laken so, daß mein Mund zwar bedeckt blieb, es mir aber doch möglich wurde, die Augen freizumachen oder zu verhüllen, wie es mir paßte. Der Schmerz, den mir die Dämpfe verursachten, war schon an sich schlimm genug, am schlimmsten aber war es, daß ich so furchtbar schwindlig wurde. Ich taumelte in die Pantry hinein und wieder heraus, konnte den Quergang nicht finden, wankte durch die nächste Steuerbordtür in den großen Korridor und stieß zuletzt kräftig mit dem Eßtisch zusammen. Ich tastete mich um den Tisch herum, stürzte dann wieder in den Quergang und suchte den Weg nach Steuerbord zu finden. Hier, am Fuß der Treppe zum Kartenhaus, fand ich endlich den hinteren Korridor. Jetzt war mein eigener Zustand offenbar so ernst geworden, daß ich in großen Sprüngen achteraus eilte.
    Die Tür zu Margarets Kammer stand offen. Ich taumelte hinein. Als ich das Laken von meinen Augen nahm, erhielt ich eine Vorstellung davon, wie es sein muß, wenn man blind ist. Mein Gott, wie mir die Schwefeldämpfe Lunge, Nase, Augen, ja selbst das Gehirn verbrannten und peinigten! In Margarets Kammer brannte kein Licht. Ich konnte nur noch röcheln. Ich taumelte hinein und brach über ihrem Bett zusammen. Sie war nicht da. Ich raffte mich auf und tastete mich weiter. Meine Lunge schrie buchstäblich nach frischer Luft, und der Schmerz, den mir der Schwefel verursachte, war so groß, daß ich nähe daran war, alles aufzugeben.
    Da hörte ich aus der Diele ein furchtbares Husten. Das flößte mir neues Leben, neue Kräfte ein. Ich taumelte vom Bett in den Korridor, und es gelang mir, mich auf den Beinen zu halten, bis ich die Diele erreichte. Von dort kroch ich dann auf Händen und Füßen nach dem Treppenhaus. In meiner nächsten Nähe hörte ich jemand röcheln und sich bewegen. Mit Mühe gelang es mir, mich am Geländerpfosten aufzurichten, um zu lauschen. Dann fiel ich über etwas – und fühlte unter meinen Händen den süßen, weichen Körper Margarets.
    Wie soll ich den Kampf schildern, den es mich kostete, die Treppe mit ihr hinaufzuklettern? Ein Mal über das andere war ich nahe daran, das Bewußtsein zu verlieren, und immer wieder fühlte ich mich versucht, den Kampf aufzugeben und mich in die ewige Finsternis versinken zu lassen. Aber ich stritt mich von Stufe zu Stufe vorwärts. Margaret war vollkommen bewußtlos, ich mußte auch noch ihren Körper von Stufe zu Stufe hinauftragen. Doch aus all diesen Kämpfen erinnere ich mich, daß ihr warmer, weicher Körper mir das Liebste auf der Welt war… unendlich viel lieber als das lächelnde schöne Land, das ich nur als etwas ganz Fernes vor mir sah, lieber als alle Bücher und alle Menschen, die ich je gekannt, lieber als das Deck droben mit seiner herrlichen frischen Luft und dem milden Wind unter dem kühlen, sternenübersäten Himmel.
    Und dabei betete ich, daß die Türen des Kartenhauses nicht
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