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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore
Autoren: Jack London
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unwillkürlich eine gewisse Achtung vor ihm hegte. Auf seine Art war auch er ein Herrscher. Nasen-Murphy und Bub Twist standen dicht neben ihrem schwer getroffenen Anführer. Er wollte lieber sein Gerichtsurteil hinnehmen, statt an Bord zu verrecken oder bestenfalls zu erblinden.
    Die Mannschaft war unter sich uneinig. Soviel ich sehen konnte, war es Chantz, der verwundete Jude, der die Revolte gegen den Banditenführer leitete. Seine Wunde genügte, ihn in den Augen eines jeden Gerichts in der Welt schuldig erscheinen zu lassen, und das wußte er. Ihm schlossen sich der Malteser-Londoner, Andy Fay, Arthur Deacon, Fitzgibbon, Richard Giller und John Hackey an. Eine weitere Gruppe, die immer noch zu den Banditen hielt, bestand aus Leuten wie Shorty, Lars Jacobsen, Sörensen und Larry. Das bedeutendste Mitglied dieser Gruppe war Charles Davis. Eine dritte Gruppe bestand aus Sundry Buyers, Nancy und dem Griechen-Tony. Sie verhielt sich neutral. Mulligan Jacobs endlich bildete eine Gruppe ganz für sich, ohne Verbindung mit der einen oder anderen Partei.
    »Was wollen Sie mit uns machen, Herr?« fragte Chantz, ohne sich um die Banditen zu kümmern, die gedacht hatten, wie bisher das Wort zu führen.
    Bert Rhine drehte sich zornig nach dem Klang der Stimme um. Chantz’ Anhänger schlossen sich enger um ihn zusammen.
    »Euch einsperren lassen«, antwortete ich. »Und ich werde dafür sorgen, daß ihr gehörig bestraft werdet.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, gab Chantz zurück.
    »Halt das Maul, Chantz«, befahl Bert Rhine.
    »Du wirst schon dein Teil kriegen, du verfluchter Bandit«, fauchte Chantz, »und wenn ich selbst es dir geben sollte.«
    Ich fürchte, daß ich doch nicht so ganz der Mann der Tat bin, der zu sein ich mir einbildete. Denn ich wurde von dem spannenden Drama, das sich hier unter mir entrollte, mitgerissen und übersah anfangs ganz, daß es sich in eine Tragödie zu verwandeln drohte.
    »Bombini!« rief Bert Rhine.
    Seine Stimme war gebieterisch. Es war der Herr, der den Hund rief, welcher ihm »bei Fuß« folgt. Und Bombini gehorchte. Er zog sein Messer und näherte sich Chantz. Aber dessen Anhänger ließen ein tiefes, tierisches, drohendes Knurren hören. Bombini zögerte und blickte den Führer an, dessen Gesicht er infolge der Verbände nicht sehen konnte und der auch ihn nicht sah.
    »Da tust du mal was Gutes«, ermunterte ihn Charles Davis.
    »Halt die Schnauze, Davis!« ertönte aus den Verbänden Bert Rhines Stimme.
    Bub Twist zog seinen Revolver, stieß Bombini damit in die Seite und richtete ihn dann auf Chantz. Tatsächlich empfand ich einen Augenblick Mitleid mit dem Messerstecher, der zweifellos wie eine Laus zwischen zwei Nägeln saß.
    »Bombini, stich den Kerl nieder«, befahl Bert Rhine. Der Meuchelmörder machte wieder einen Schritt vorwärts, und Schulter an Schulter mit ihm rückten Nasen-Murphy und Bub Twist vor.
    »Ich kann den Burschen nicht sehen«, fuhr Bert Rhine fort, »aber beim Teufel, ich will ihn sehen.«
    Und mit einer einzigen, männlich tapferen Bewegung riß er sich den Verband vom Gesicht. Die Qualen, die er empfand, mußten unbeschreiblich sein. Ich sah, wie grauenhaft entstellt sein Gesicht war, aber die Sprache besitzt keine Worte, es zu beschreiben. Ich merkte, daß Margaret, die dicht neben mir stand, schauderte, daß sie nach Luft rang, als sie ihn sah.
    »Bombini – stich ihn nieder«, wiederholte der Bandit. »Und stich jeden nieder, der zu mucksen wagt! Murphy, sorg dafür, daß Bombini tut, was er soll.«
    Murphy hatte seinen Dolch gezogen und die Spitze dem Bravo auf den Rücken gesetzt. Bub Twist hielt die anderen mit seinem Revolver in Schach. Und alle drei rückten wieder vor. Jetzt aber raffte ich mich auf und ging vom Träumen zur Tat über.
    »Bombini«, sagte ich barsch.
    Er blieb stehen und sah zu mir auf.
    »Bleib stehen, wo du bist«, befahl ich. »Ich habe einige Worte zu sagen. Chantz! Mach keine Dummheiten. Rhine führt das Kommando vor dem Mast. Du hast seinen Befehlen zu gehorchen, bis wir Valparaiso erreicht haben, dann kannst du mit ihm ins Kittchen spazieren. Inzwischen hast du zu tun, was er befiehlt. Verstanden? Also richte dich danach! Ich stehe hinter Rhine, bis die Polizei an Bord kommt. Bombini, du hast alles zu tun, was Rhine von dir verlangt! Ich knalle den Mann nieder, der sich dir in den Weg stellt. Deacon, fort von Chantz! Hinüber zur Nagelbank!«
    Alle kannten den Strom von Blei, den mein Stutzen ausspeien konnte,
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