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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore
Autoren: Jack London
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Von Anfang an hatte ich Pech auf dieser Reise. An einem eisigen Märzmorgen war ich früh aus dem Bett geholt worden, hatte ganz Baltimore durchquert und das Molenhöft genau zur festgesetzten Stunde erreicht. Punkt neun Uhr hätte der Schlepper mich dort abholen sollen, um mich über die Bucht an die Elsinore zu bringen… und jetzt saß ich im Auto und wartete, zitternd vor Kälte und wachsendem Ärger. Auf dem Führersitz hockten der Chauffeur und mein Diener Wada, eng aneinandergepreßt, in einer Temperatur, die vielleicht um einen halben Grad kälter als die im Wagen war. Und vom Schlepper keine Spur!
    Possum, der junge Foxterrier, den Galbraith mir so unüberlegt aufgedrängt hatte, lag unter Mantel und Pelzdecke auf meinem Schoß. Trotzdem winselte und zitterte er vor Kälte. Seine Unruhe und seine unaufhörlichen Klagen wirkten alles eher als beruhigend auf meine angegriffenen Nerven. Erstens liebte ich das Tier nicht im geringsten – es bedeutete mir nichts –, ich kannte es ja auch noch gar nicht. Während dieser trostlosen Wartezeit war ich ein Mal über das andere drauf und dran, das Tier dem Chauffeur zu schenken.
    Am Abend zuvor war der Hund als Eilpaket aus New York in mein Hotel gebracht worden – als eine Abschiedsüberraschung meines Freundes Galbraith. Das war so ganz seine Art. Er hätte sich ebenso anständig wie andere Leute benehmen und mir Obst schicken können… oder meinetwegen auch Blumen. Aber nein – sein freundlicher Gedanke mußte die Gestalt eines kläffenden und winselnden, zwei Monate alten Hundes annehmen. Mit der Ankunft des Tieres hatte das Pech denn auch begonnen. Der Zimmerkellner betrachtete mich als einen Verbrecher, noch die ich Zeit gehabt hatte, ein Verbrechen auszuknobeln. Ganz auf die eigene Faust und aus eigener Dummheit hatte Wada dann den Versuch gemacht, den Hund in sein Zimmer zu schmuggeln. Er war dabei vom Hausdetektiv erwischt worden. Sofort vergaß Wada sein ganzes Englisch und hatte einen Rückfall in ein aufgeregtes Japanisch, und der Hausdetektiv erinnerte sich seinerseits nur an sein Irisch – während der Zimmerkellner mir in nicht mißzuverstehender Weise klarmachte, daß dies alles nicht mehr und nicht weniger sei, als er von mir erwartet habe.
    Hol der Teufel den Köter! Galbraith meinetwegen dazu! Und als ich nun im Auto in der beißenden Kälte auf dem öden Molenhöft dasaß, verfluchte ich sogar mich selbst und den verrückten Einfall, Kap Hoorn mit einem Segelschiff umfahren zu wollen.
    Um zehn kam zu Fuß ein junger Mann von unbestimmbarem Äußern. Er trug einen Koffer, den der Kaimeister mir einige Minuten später überreichte. Der Koffer gehöre dem Lotsen, sagte er und gab gleichzeitig dem Chauffeur Bescheid, wie er eine andere Mole finden könnte, von wo mich ein anderer Schlepper zur Elsinore bringen sollte. Diese Programmänderung diente natürlich nicht dazu, meinen Ärger zu beschwichtigen.
    Als ich eine Stunde darauf in meinem Wagen auf dem neuen Molenhöft saß, kam der Lotse. Unmöglich, sich ein Wesen vorzustellen, das einem Lotsen weniger ähnlich sähe. Ein feiner Herr mit sanfter, gebildeter Stimme, in jeder Beziehung der Typ des erfolgreichen Geschäftsmannes, stellte sich vor, und ich lud ihn ein, meine eiskalte Droschke mit Possum und dem Gepäck zu teilen. Alles, was er wußte, war, daß Kapitän West seine Anordnungen aus irgendeinem Grunde geändert hatte; im übrigen aber war er der Ansicht, daß der Schlepper jeden Augenblick kommen müsse.
    Das tat er denn auch, um ein Uhr nachmittags – nach vier Stunden tödlichen Wartens und Frierens. Unterdessen war es mir vollkommen klar geworden, daß dieser Kapitän West mir nie gefallen würde. Ich kannte ihn zwar noch gar nicht persönlich, aber sein Benehmen gegen mich war von Anfang an, milde gesagt, reichlich anmaßend. Als die Elsinore, die soeben mit einer Ladung Gerste aus Kalifornien gekommen war, im Erie-Dock lag, war ich von New York herübergefahren, um das Schiff zu besichtigen, das für mehrere Monate mein Heim sein sollte. Ich hatte das Schiff selbst und die ganze Einrichtung der Kajüten entzückend gefunden. Selbst die für mich bestimmte Kabine war sehr befriedigend und weit größer, als ich erwartet hatte. Als ich aber in die Kajüte des Kapitäns hineinguckte, war ich verblüfft über ihre komfortable Einrichtung. Wenn ich erzähle, daß an den Schlafraum ein Badezimmer anstieß und daß es unter vielen andern schönen Dingen auch ein mächtiges Messingbett
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