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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Prolog
     
    D ie Erde leuchtete vor ihm, grün und blau und weiß; sie war schier unglaublich schön vor der Schwärze des Raums.
    Coburn benutzte die Erde als Wegweiser, als Ziel, obwohl sie das nicht war. Der Horizont war so nah und die Erde so groß, dass es beinahe schien, als könne er sie einfangen und wie ein Souvenir in seinem Appartement an die Wand hängen.
    Er folgte dem vorgegebenen Pfad über die Mondoberfläche, und seine Füße landeten in den Abdrücken, die von früheren Mondmarathonläufen zurückgeblieben waren. Der Regolith war hier stark verfestigt, der Pfad so alt wie die Zeit selbst.
    Coburn hatte vergessen, wie es war, an einem vertrauten Ort mit sich selbst allein zu sein, während der Schweiß von seinem Körper sich an seinen Füßen sammelte, ehe der Anzug ihn wieder aufbereitete. Marathonläufe auf der Erde waren keine so einsamen Angelegenheiten. Dort prallten Leiber aneinander, und die beengten Verhältnisse versetzten ihn stets in einen klaustrophobischen Zustand.
    Hier hingegen war er allein, um sich herum nichts, was die graue Landschaft durchbrechen würde, außer Felsen, Kratern und dem verfestigten Weg.
    Also konzentrierte Coburn sich auf die Erde und bemühte sich, nicht auf seinen Atem zu lauschen. Das Geräusch störte nur den Rhythmus seiner Beine. Es war zehn Jahre her, seit er zum letzten Mal einen Marathon bei weniger als 1g gelaufen war. Er war daran gewöhnt, dass der Aufschlag seiner Füße zum Rhythmus seiner Atmung passte.
    Ein.
    Aus.
    Ein.
    Aber hier, auf dem flachen, endlosen Grund außerhalb der Armstrongkuppel, rannte er in einem anderen Rhythmus: Schritt, Halbschritt, Anstoß – oder Abschuss, wie sein Trainer zu sagen pflegte. Doch wenn Coburn sich einen Abschuss vom Boden vorstellte, so vergeudete er zu viel Energie damit, sich aufwärts zu bewegen, statt vorwärts.
    Er musste sich auf die Entfernung und die Geschwindigkeit konzentrieren, nicht auf die Höhe. Und wie leicht das auch bei einer Gravitation klingen mochte, die gerade ein Sechstel der Erdschwerkraft betrug, das war es nicht. Hier gab es zu viele Dinge, die dem Läufer buchstäblich ein Bein stellen konnten.
    Der Monitor, der in die untere Hälfte des getönten Visiers seines Helms eingelassen war, verriet ihm, dass er erst sechs Meilen gelaufen war, auch wenn es sich anfühlte, als hätte er schon viel mehr hinter sich. Die Simulationen, die er gelaufen war, waren nicht gut genug gewesen, und die Stadt Armstrong gestattete keine Übungsläufe auf dem Querfeldeingelände.
    Theoretisch sollte niemand imstande sein, auf der Mondoberfläche zu trainieren – angemessen und unter passenden Schwerkraftverhältnissen. Tatsächlich schaffte es dennoch jedes Jahr eine Hand voll Extremsportler und Rebellen. Wurden sie geschnappt, wartete das Gefängnis auf sie nebst einer lebenslangen Disqualifikation für sämtliche Marathonläufe, die nicht auf der Erde stattfanden.
    Normalerweise hätte Coburn dieses Risiko auf sich genommen, aber er hatte keine Zeit dafür gehabt. Er hatte vorgehabt, an einem Extremsportereignis auf Freexen teilzunehmen, und nicht einmal daran gedacht, diesen Marathon zu laufen, bis Jane ihn nach Armstrong zurückgerufen hatte. Ihre Firma, Extreme Enterprises, hatte rechtliche Probleme, und sie brauchte seinen kühlen Kopf, um sich bei den Feinheiten helfen zu lassen.
    Coburn hatte sich zu dem Marathon angemeldet, als er erfahren hatte, dass er während der Veranstaltung in Armstrong sein würde. Und es hatte sich herausgestellt, dass dieser Marathon erheblich schwerer war, als er erwartet hatte.
    Die erste Meile war ihm leicht gefallen. Das Gebiet außerhalb von Armstrong war, wie die meisten Landschaften jenseits bewohnter Kuppeln, so zahm wie das Innere der Kuppel selbst. Mehrere gut erkennbare Fahrwege führten zu den Außenwartungsbereichen der Kuppel, von den Betriebsanlagen jeder einzelnen Kuppelsektion zu den dazugehörigen Außenwartungsanlagen und Reparatureinrichtungen.
    Auch viele private Industriebetriebe unterhielten Gebäude außerhalb der Kuppel. Einige dieser Gebäude waren mit Außenausrüstung ausgestattet, andere besaßen ihre eigenen kleinen Umweltanlagen für die Arbeiter, die gleich mehrere Wochen am Stück außerhalb der Kuppel zubringen mussten.
    Diese Betriebe und Gebäude waren der wahre Grund dafür, dass es niemandem gestattet war, außerhalb der Kuppel zu trainieren. Die Sabotagegefahr war zu groß. Die einzige Möglichkeit für die Siedler, ihr Überleben
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