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Menschenfresser - Gargoyle - Posters Haus

Menschenfresser - Gargoyle - Posters Haus

Titel: Menschenfresser - Gargoyle - Posters Haus
Autoren: Martin Clauß
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sie berührte.
    Die Zeit der Gegenwehr war vorüber.
    Sie gab sich auf.
    Und was dann kam, tat nicht weh.

5
    Philipp Poster führte die Frau hinaus. Erst eine Stunde später kehrte er in die Bibliothek zurück, sah sich in dem Chaos der umgestürzten Möbel und herumliegenden Bücher um. Er fand auch Karens Handy. Sie hatte es in eines der Regale gelegt.
    Mit einem Tastendruck war er in der Liste von fünf Nummern, die sie zuletzt angerufen hatte. Die obersten beiden sagten ihm etwas. Die eine gehörte zur Polizei, und die oberste … Er brauchte nicht lange zu suchen. Die Notiz, die er über Georg Jergowitsch gemacht hatte, lag offen da, und die Telefonnummern stimmten überein. Obwohl er dort nie angerufen hatte, war ihm die Nummer vage im Gedächtnis geblieben, da er sie erst neulich notiert hatte.
    „Sie hat Gorgon gerufen“, sprach Poster leise vor sich hin. „Das ist gut, das ist sehr gut. Es wird Zeit, dass er dorthin zurückkehrt, wo er am meisten gebraucht wird …“
    In seiner Miene regte sich nichts. Geschickt stieg er zwischen den verstreuten Büchern und Gegenständen hindurch und verließ den Raum. Er wollte Georg einen würdigen Empfang bereiten.

6
    Poster!
    Die letzten Tag über war ihm der Name nicht aus dem Kopf gegangen. Er hatte versucht, seinen Aufenthaltsort über Internetrecherchen ausfindig zu machen, doch es war ihm nicht gelungen. Und nun rief diese Frau an, von der er niemals gehört hatte, und gab ihnen die Adresse! Georg war sofort in den Wagen gesprungen und losgefahren, als ihm Jaqueline davon berichtete. Ihr und Dorothea hatte er verboten, mitzukommen. Es war seine Sache, eine private Abrechnung …
    Wie ein Albdrücken lastete die Erinnerung an die Begegnung mit diesem Mann auf Georg. Die Autofahrt, die sie zusammen unternommen hatten, war für ihn eine besondere Reise gewesen, eine Reise nicht von einem Ort zum andern, sondern von seinem alten Ich zu einem neuen Selbst. Philipp Poster hatte sozusagen mitten in ihn hineingegriffen und ihn verändert – er hatte seine einzigartigen Kräfte benutzt, um einen Teil in seinem Inneren zu stärken, diesem Teil größere Macht über seine Persönlichkeit zu geben.
    Wie lange lag das nun zurück? Fünf Jahre? Sechs?
    Unter dem Fantasienamen Gorgon hatte Georg damals illegale Gladiatorenkämpfe ausgefochten (siehe FALKENGRUND Nr. 20) . Dabei hatte er eine Frau kennen und lieben gelernt. Hanna! Sie beschwor die ganze Magie der körperlichen Ekstase für ihn, schenkte ihm nicht nur ihren Leib, sondern auch eine Leidenschaft, wie sie nur eine Frau zu geben vermag, die in den Stunden der Liebe zu einer reinen, wilden Bestie wird. Ihr Glück war nicht von Dauer gewesen. Als einer von Georgs Mitkämpfern zum Champion wurde, wandte Hanna sich ihm zu. Und das war noch nicht das schlimmste. Dieser Mann – sie nannten ihn „Stick“ – hatte sich von einem schwächlichen Prügelknaben in einen eiskalten Killer verwandelt.
    Hinter alldem stand Philipp Poster, ein Mann, der die Gabe hatte, Menschen auf einen ihrer grundlegenden Triebe zu konzentrieren. Die Hanna, die Georg kennen lernte, hatte Poster gemacht – aus einer normalen Frau hatte er ein Lustwesen geformt, das nur die totale Hingabe kannte, ein Geschöpf an der Schwelle vom Tier zum Menschen. Aus Stick war unter seinem Einfluss ein Kämpfer von der alten Sorte geworden, jemand, dem die Beschränkungen der Zivilisation, die Regeln und Gepflogenheiten der modernen Welt, nichts bedeuteten. Wenn er kämpfte, kämpfte er bis aufs Blut, bis zum Tod. In Georg hatte er den Beschützerinstinkt gestärkt. Im Vergleich zu Hanna und Stick war dies eine unauffällige Veränderung. Georg hatte sich auf Falkengrund stets als Beschützer hervorgetan, und manch einer hatte sich darüber lustig gemacht, doch war es in den anderthalb Jahren, die er auf der Schule verbrachte, nie zu einer Eskalation gekommen, die für Aufsehen gesorgt hätte.
    Bis zu jenem Abend vor wenigen Wochen.
    Angelika hatte die bizarre Theorie entwickelt, Dr. Konzelmann würde auf Falkengrund heimlich Menschen zu vergiften versuchen, die er als Rivalen um die Gunst von Sanjay ansah. Wie haltlos diese Anschuldigungen waren, begriff Georg erst später. In dem Moment, als er sich in Angelikas Gedankenwelt hineinversetzte und sich vorstellte, der hässliche, wortkarge Wissenschaftler sei im Begriff, sie alle zu töten, kam der Beschützerinstinkt, den Poster ihm eingepflanzt hatte, an die Oberfläche und gewann die Herrschaft über
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