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Das Amt und die Vergangenheit - Conze, E: Amt und die Vergangenheit

Titel: Das Amt und die Vergangenheit - Conze, E: Amt und die Vergangenheit
Autoren: Moshe Peter;Zimmermann Norbert;Hayes Eckart;Frei Conze
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Einleitung
    Franz Krapf wurde 1911 geboren. 1938 trat er in den Auswärtigen Dienst ein. Bereits seit 1933 gehörte er der SS an, 1936 wurde er Mitglied der NSDAP, seit 1938 war er Untersturmführer im Stab des SS-Hauptamts. Von 1940 an verbrachte er die Kriegsjahre an der deutschen Botschaft in Tokio und wirkte dort auch als Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SD) der SS. Über Krapfs Tätigkeit ist wenig bekannt, aber klar ist: Selbst im fernen Ostasien waren deutsche Diplomaten mit der »Endlösung« der Judenfrage befasst. Im Herbst 1947 kehrte Krapf nach Deutschland zurück, hielt sich dann aber für einige Jahre in der Heimat seiner schwedischen Frau auf. Bestens vernetzt, übernahm er 1950 zunächst eine Stelle im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, bevor er ein Jahr später in den soeben gegründeten Auswärtigen Dienst der Bundesrepublik Deutschland berufen wurde. Als Diplomat diente er in der Bonner Zentrale, in Paris und Washington. Er war Botschafter in Tokio und leitete zuletzt die Ständige Vertretung der Bundesrepublik bei der NATO. 1976 trat er in den Ruhestand. Hochbetagt und geehrt starb Krapf im Herbst 2004.
    Fritz Kolbe wurde 1900 geboren. In den Auswärtigen Dienst trat er 1925 ein und diente als Konsulatssekretär an der deutschen Botschaft in Madrid, später auch in Kapstadt. Bei Kriegsbeginn in die Berliner AA-Zentrale zurückgekehrt, wirkte er dort als Persönlicher Referent von Botschafter Karl Ritter. Der NSDAP beizutreten, weigerte sich Kolbe. Schockiert angesichts der nationalsozialistischen Verbrechen und überzeugt, dass der NS-Terror nur von außen zu überwinden sei, lieferte er seit 1943 geheime Nachrichten und Dokumente an den amerikanischen Geheimdienst. Nach Kriegsende unterstützte er die Vereinigten Staaten bei der Vorbereitung des Nürnberger Prozesses. Nach einigen Jahren in der Schweiz und in den USA, wo er nicht Fuß fassen konnte, kehrte er
1949 nach Deutschland zurück. Der angestrebte Wiedereinstieg in den öffentlichen Dienst gelang ihm nicht, man stigmatisierte ihn als Verräter und verwehrte ihm einen Eintritt in das Auswärtige Amt der Bundesrepublik. Dort wird die Widerstandstätigkeit Kolbes erst seit 2004 offiziell gewürdigt.
    Franz Nüßlein, Jahrgang 1909, trat nach seinem Jura-Studium 1937 der NSDAP bei und wurde im Oktober 1939 als Erster Staatsanwalt zur »Gruppe Justiz« bei der Behörde des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren abgeordnet. 1942 wurde er, protegiert von Reinhard Heydrich, im Alter von nur 32 Jahren zum Oberstaatsanwalt befördert. Seit 1943 Generalreferent für Angelegenheiten der deutschen Strafjustiz beim Deutschen Staatsministerium für Böhmen und Mähren, gehörten vor allem Gnadensachen zu seinem Aufgabengebiet; insbesondere in diesem Zusammenhang war Nüßlein für die Bestätigung zahlreicher Todesurteile gegen tschechische Bürger verantwortlich. Bei Kriegsende floh er nach Bayern, wurde von den Amerikanern verhaftet und an die Tschechoslowakei ausgeliefert. Dort verurteilte man ihn 1948 zu 20 Jahren Zuchthaus. Als »nicht amnestierter Kriegsverbrecher« wurde er 1955 in die Bundesrepublik abgeschoben. Nicht zuletzt aufgrund persönlicher Beziehungen gelang ihm noch im gleichen Jahr der Eintritt in den Auswärtigen Dienst, wo er unter anderem als Referent in der Personalabteilung wirkte. Von 1962 bis zu seiner Pensionierung 1974 war Nüßlein deutscher Generalkonsul in Barcelona.
    Bei seinem Tod 2003 widmete ihm das Auswärtige Amt in seiner Mitarbeiterzeitschrift einen ehrenden Nachruf, so wie ihn bis dahin jeder verstorbene Angehörige des Auswärtigen Dienstes erhielt. Als Kritik an der postumen Ehrung des verurteilten Kriegsverbrechers Nüßlein laut wurde, änderte Bundesaußenminister Joschka Fischer die Nachrufpraxis: Ehemalige NSDAP-Mitglieder, so verfügte er, sollten in der AA-Zeitschrift keinen Nachruf mehr erhalten. Einer der Ersten, die von dieser Regelung betroffen waren, war Franz Krapf.
    Drei verschiedene Biographien, drei verschiedene Perspektiven. Die Geschichte, die dieses Buch zum Gegenstand hat, ist unabgeschlossen. Das Buch selbst, sein Zustandekommen und seine Rezeption sind unauflöslich verbunden mit der Thematik, die es behandelt: Es geht um die Geschichte des Auswärtigen Dienstes in der Zeit des Nationalsozialismus, um den Umgang mit dieser Geschichte nach 1945 und um die Wirkungen
der NS-Vergangenheit des Auswärtigen Amtes auf seine Entwicklung nach der Wiedergründung 1951.
    Schon
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