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Das Amt und die Vergangenheit - Conze, E: Amt und die Vergangenheit

Titel: Das Amt und die Vergangenheit - Conze, E: Amt und die Vergangenheit
Autoren: Moshe Peter;Zimmermann Norbert;Hayes Eckart;Frei Conze
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Natürlich gab es keine Kontinuität nationalsozialistischer Außenpolitik. Wohl aber waren außenpolitische und diplomatische Denktraditionen, die nicht nur um die Idee und Realität der Nation kreisten, sondern auch um die Denkfigur des autonomen nationalen Machtstaats, von der die deutsche Außenpolitik seit 1870 bestimmt war, nach 1945 noch lange nicht abgerissen. Gerade die deutsche Teilung und das Ziel der Wiedervereinigung trugen zum Erhalt solcher außenpolitischen Grundüberzeugungen bei.
    Doch Einstellungen können sich verändern, und trotz schwerer Belastungen hat der Auswärtige Dienst der Bundesrepublik Deutschland im Laufe der Jahrzehnte seinen Platz im liberal-demokratischen Institutionengefüge der Bundesrepublik gefunden. Auch diese Entwicklung versucht das Buch nachzuzeichnen, nicht zuletzt mit Blick auf Veränderungen der Rekrutierungspraxis und der Diplomatenausbildung. Für die diplomatischen Eliten im Übergang vom Dritten Reich zur Nachkriegszeit gilt wohl, was bereits für andere Eliten und Personengruppen herausgearbeitet worden ist: Je erfolgreicher die Politik und hier vor allem die Außenpolitik der Bundesrepublik war, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass gerade die Angehörigen belasteter Eliten von einem anfänglichen Opportunismus voller Vorbehalte zu einer wirklichen Zustimmung gelangen konnten. Gewiss spielte in diesen Wandlungsprozessen auch der Kalte Krieg eine wichtige Rolle, der die Kontinuität antikommunistischer Überzeugungen erlaubte, ja geradezu einforderte, und zugleich den Hintergrund bildete für eine zunächst (außen-)politische, später auch ideelle Westorientierung.
    Man mag bestreiten, dass es je ein Monopol des Auswärtigen Dienstes für auswärtige Beziehungen gegeben hat, und gerade der Nationalsozialismus hat, wie dieses Buch zeigt, den Alleinstellungs- und Dominanzanspruch des Auswärtigen Amtes bei der Vertretung der auswärtigen Politik gebrochen. In der Bundesrepublik trug der Verlust dieser Vorrangstellung in Verbindung mit dem Aufstieg neuer Kräfte und Institutionen
auf diesem Gebiet einerseits dazu bei, dass sich der Auswärtige Dienst für seinen führenden Anspruch in der Pflege der internationalen Beziehungen eines demokratischen Staates mit einer pluralistischen Gesellschaft immer wieder aufs Neue rechtfertigen musste. So gelangten überkommene Überzeugungen auf den Prüfstand und begannen sich zu wandeln. Andererseits führten der - tatsächliche oder vermeintliche - Bedeutungsverlust des Auswärtigen Dienstes und die Angst vor einer Marginalisierung intern auch zu einem Festhalten am traditionellen Selbstverständnis. Zu diesem Selbstverständnis gehörte ein homogenes und positives Geschichtsbild eindeutig dazu.
    Franz Krapf, Fritz Kolbe und Franz Nüßlein - ihre Biographien stehen in gewisser Weise exemplarisch für die Geschichte, die dieses Buch schreibt. In ihren Lebenswegen spiegelt sich die Geschichte einer Institution, die in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts tiefe Spuren hinterlassen hat. Das Buch will diese Spuren identifizieren, und es will sie lesen. Eine Erfolgsgeschichte schreibt es nicht. Es schreibt eine typische deutsche, eine paradigmatische Geschichte sowohl mit Blick auf den Nationalsozialismus als auch mit Blick auf die Nachwirkungen des Dritten Reiches und den Umgang mit der NS-Vergangenheit nach 1945.

Erster Teil
    Die Vergangenheit des Amts

Zweiter Teil
    Das Amt und die Vergangenheit

Anhang

Nachwort und Dank
    Vier Jahre nach dem Beginn ihrer Arbeit im Herbst 2006 legt die Unabhängige Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Auswärtigen Amts in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik mit diesem Buch ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vor. Damit verbindet sich nicht etwa die Erwartung eines Endes aller Diskussionen über die Vorgeschichte und die Vergangenheit des Auswärtigen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland; wohl aber haben wir es als unsere Aufgabe betrachtet, einem hoffentlich breiten Leserkreis eine wissenschaftlich gesicherte Grundlage für die eigene Meinungsbildung an die Hand zu geben.
    Blickt man zurück auf die fast sechs Jahrzehnte, die seit der Wiederbegründung des Auswärtigen Amts im Frühjahr 1951 vergangen sind, so erweist sich die Frage nach dem Verhältnis von demokratischem Neubeginn und personeller Kontinuität als von Anfang an umstritten. Einen ersten dramatischen Höhepunkt fand dieser Streit bereits ein halbes Jahr nach
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