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Mensch Hund

Mensch Hund

Titel: Mensch Hund
Autoren: Jürgen Herbst
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nachempfunden)

    In dem schwarzen Asphalt spiegelten sich hier und da die entfernten Lichter der Straßenlaternen. Die Luft war von Nebel und Dunst erfüllt, und man konnte die Tropfen, die von den Blättern der Büsche und Bäume rannen, aufschlagen hören. Der Mond leuchtete ab und zu hinter den zerrissenen Fetzen der sturmgepeitschten Wolken und beleuchtete für kurze Momente zwei dunkle Gestalten, die langsam bergauf in westliche Richtung durch das nächtlich verschlafene Eifeldorf gingen.
    Die eine Gestalt erschien mehr klein und schmal, wenn auch der flatternde Umhang ihr eher eine zerfahrene, bewegte Silhouette gab, gleich einer unruhig gegen den Wind ankämpfenden Fledermaus. Die andere Gestalt, ebenso dunkel gekleidet, wirkte stämmiger und breitschultrig, mit großen, leisen Schritten sich langsam in der Dunkelheit vortastend. In den Momenten des kurzen Aufleuchtens der Mondsichel warf sie lange Schatten mit unnatürlich herab hängenden Armen, die sich wie die Glieder einer baumelnden Marionette kantig und hart bewegten.
    Nur einzelne, unzusammenhängende Wortfetzen waren von dem Gemurmel der beiden Gestalten zu verstehen: „Verbrecher“, „Bücher“ oder etwas ähnliches.
    Vor einem etwas zurückliegenden, hinter dunklen Bäumen halb verdeckten, roten Backsteinhaus verhielten sie und lauschten auf das schreckerregende Quietschen einer wohl nicht sorgfältig geschlossenen, alten Gartenpforte, die in ihren verrosteten Angeln hin und her pendelte.
    Die beiden nächtlichen Wanderer steckten die Köpfe zusammen und verschmolzen in dem dürftigen Licht dieser unheimlichen Nacht zu einem unheildrohenden, schwarzen Klumpen. Der Kleinere von beiden suchte in den Taschen des flatternden Überrocks nach irgendetwas und brachte nach einiger Zeit einen nicht klar erkennbaren Gegenstand zum Vorschein.
    Langsam näherten sie sich dem unteren, im tiefen Schatten liegenden
    Garagentor, welches sich lautlos, wie von Geisterhand bewegt, öffnete, die Gestalten verschluckte und wieder schloß. Einige Minuten später, es mögen auch nur Bruchteile von Minuten gewesen sein, erscholl durch die dunkle, nur vom Prasseln des Regens und vom weiten Donnergrollen erfüllten Nacht, weithin hörbar das gellende Anschlägen eines Hundes. Nein, es waren mehrere Hundestimmen zu unterscheiden: eine hohe, die wohl einem aus dem Schlafe gerissenen, erschrockenen Hund gehörte, und mehrere dunkle, sich gefährlich bissig und knurrig gebende Stimmen.
    Leichtfüßig sich hinter den halb vorgezogenen Vorhängen eilig hin und her bewegende Schatten waren nun in einigen der inzwischen erleuchteten Zimmer zu erkennen. Die abgehackte, gebieterische Stimme eines Mannes brachte plötzlich das Bellen der Hunde zum Schweigen, und eine unheimliche Stille schien das Quietschen des pendelnden Gartentores fast zu ersticken.
    Da öffnete sich fast lautlos die nach hinten, zum parkähnlichen, mit dunklen Fichten dicht bestandenen Garten gelegene Terrassentür, und eine der beiden heraushuschenden Gestalten mit tief über den Kopf gezogener Kapuze wurde einen Augenblick im zuckenden Licht des ersten Blitzes sichtbar. Im geisterhaft zitternden Kegel einer abgeschirmten Taschenlampe war auch die zweite, flatternde Gestalt wenige Momente zu erkennen.
    Im Krachen des Donners ging das vom Wind verzerrte, mitternächtliche Schlagen der nur wenige Meilen entfernten, alten Abteikirche unter.
    Mit lautlosen, jedoch zögernden Schritten, bewegten sich die beiden Schatten über den kurzen, gepflegten, regennassen Rasen hin zur nächsten dichten Baumgruppe, aus der wie anklagend der gekrümmte Ast einer Schwarzkiefer sich gegen den dunkel verhangenen Himmel reckte.
    Hier ein kurzes Verweilen, ein Aufblitzen der Lampe, das die Boshaftigkeit der beiden Gesichter nur erahnen ließ. Nur kurz ruhte der Strahl auf den bleichen Antlitzen, ließ jedoch zu, daß man bei der größeren Gestalt einen ungepflegten, die verbissen zusammengepreßten Lippen überwuchernden Bart, und bei der anderen die triefnassen

    Strähnen feuerroten Haares, seitlich aus der Kapuze herausquellend, entdecken konnte.
    In gebückter Haltung schleichend suchten die beiden, die nächste Baumgruppe zu erreichen, wurden jedoch durch ein dichtes, nach dem flatternden Umhang des einen gierig greifenden Dornengestrüpps aufgehalten. Ein verhaltener Fluch wurde durch ein grollendes Donnern zum Schweigen gebracht.
    Ein plötzlicher Windstoß peitschte die nassen Äste und Blätter gegeneinander und
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