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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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Pippa.
    „Warum nicht?“, frage ich und ziehe mir einen trockenen Pullover über den Kopf. „Dich hab ich auch aufgeweckt und bisher hast du dich nie darüber beschwert.“
    Pippa ist seit dieser besonderen Nacht meine ständige Begleiterin. Alle anderen Spielzeuge habe ich wieder schlafen geschickt.
    „Das mit mir ist etwas anderes“, behauptet Pippa. „Als du mich geweckt hast … das war eine schlimme Zeit. Du hast jemanden gebraucht, der auf dich aufpasst.“
    „Pfff“, mache ich und strecke meinen verstrubbelten Kopf aus dem Pulloverausschnitt. „Und das sagt so ein Zwerg!“
    „Eben. Ich bin klein. Kleine Leute machen kleine Probleme. Die lösen Probleme sogar! Große Leute hingegen …“ Sie schweigt bedeutungsvoll. „Außerdem ist in deiner Tasche kein Platz für ihn. Und wie willst du ihn dann auf Dauer verstecken?“
    „Wieso verstecken? Will bleibt einfach auf dem Friedhof.“
    Diesmal macht Pippa: „Pfff …“
    „Ich glaube, du bist eifersüchtig“, sage ich, doch Pippa unterbricht mich: „Still, da kommt jemand die Treppe hoch!“ Jetzt höre ich das Knarren der Treppenstufen auch.
    Im nächsten Augenblick öffnet sich die Zimmertür und mein Vater kommt herein. „Na, Maus? Wie war dein Tag?“ Er will sich gerade neben mich aufs Bett setzen, als er Pippa bemerkt. „Oh, wen haben wir denn da?“ Er pflückt sie von der Bettdecke. Pippa macht sich stocksteif und schafft es, auszusehen wie eine ganz normale Playmobil-Figur. „Ist also doch noch eine übrig geblieben …“ Paps betrachtet sie ganz genau. „Du hattest Dutzende von diesen Figuren. Bei einer hast du geschworen, sie wäre lebendig.“ Er sagt es lustig, aber seine Augen gucken besorgt. „Du hast dich sogar mit ihr unterhalten.“
    Ich starre interessiert auf den Teppich unter meinen Füßen. „Ach, was hätte so eine dumme kleine Playmo-Figur schon zu sagen?“, murmele ich.
    Paps nickt nachdenklich, klappt Pippas Beine in Sitzposition und setzt sie auf die Kommode. „Ich weiß noch, wie wir vor ein paar Monaten deine ganzen Kuscheltiere und Spielsachen verpackt haben. Du hast gemeint, du bräuchtest sie nicht mehr. Und seit heute gehst du auf die weiterführende Schule.“
    Er schweigt und ich weiß, dass er an Jonas denkt. Sein Spielzeug wartet unberührt im Nachbarzimmer auf ihn. Jonas wird niemals zur Schule gehen.
    Paps seufzt: „Komm runter, Melina, die Nudeln sind gleich fertig.“
    „Nudeln mit dem ganzen Garten?“, frage ich. Das ist mein Lieblingsessen. Aber das gibt es nur selten, weil man dafür so viel Gemüse schnippeln muss.
    „Genau.“ Paps gibt sich alle Mühe, munter zu klingen.
    „Hat Mama gekocht?“
    Jetzt weicht er meinem Blick aus. „Wir zusammen. Komm gleich runter, ja?“
    Er zieht die Zimmertür behutsam wieder hinter sich zu. Ich höre seine schweren Schritte auf der Treppe. Mittendrin verharren sie kurz, als müsste er Kraft für die nächsten Stufen schöpfen. Dann geht er weiter.
    Den nassen Kleiderhaufen am Fußende meines Bettes hat er nicht einmal bemerkt.
    Mama steht am Fenster, als ich nach unten komme. Draußen legt sich langsam die Dämmerung über den Garten und die vertrockneten Rosenbüsche. Mamas Haare sind stumpf, sie trägt immer noch ihre Schlafanzughose statt einer normalen Jeans. Paps tut so, als wäre nichts dabei, und ihm zuliebe tue ich das auch. Obwohl ich spüre, wie die Wut in mir blubbert und schäumt wie kochendes Nudelwasser.
    Sie könnte sich doch mehr Mühe geben, oder?
    „Wie war dein Tag, Maus? Wie war es in der neuen Schule?“, fragt Mama mit leiser Stimme, und am liebsten will ich ihr sagen, dass sie mich nicht so nennen soll. Dass ich nicht ihre Maus bin. Ich denke an den leeren Frühstückstisch und das pappige Nutella-Gefühl.
    Aber dann bemerke ich den flehenden Blick in Paps’ Augen und sage: „Ganz gut. Wir hatten Kunst und ich habe ein Bild gemalt.“ Doch ich bin mir nicht sicher, ob sie die Antwort überhaupt mitbekommen hat, obwohl sie nickt und lächelt.
    Würde Mama von einem Sockel fallen wie Will heute Mittag, dann würde sie bestimmt in tausend Scherben zerspringen. Vielleicht ist sie innen hohl wie eine Vase.
    Und während ich den Tisch decke – drei tiefe Teller, drei Gläser, Besteck –, habe ich einen Augenblick Lust, alles hinzuschmeißen. Es würde einen riesigen Krach geben, ein Scheppern und Klirren, das durchs ganze Haus hallt. Was für eine Erleichterung würde das sein.
    Aber dann gebe ich mir Mühe und falte noch die
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