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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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Begrüßung für die neuen Fünftklässler gegeben und der Rektor hatte eine freundliche Rede gehalten. Sie hatten uns die Klassenräume gezeigt und unsere Klassenlehrer.
    Jetzt ist es anders. Ich stehe in einem Labyrinth aus Gängen, umgeben von Fremden. Es riecht nach weggeworfenen Pausenbroten und dem grauen Plastikboden, auf dem die Turnschuhe der Kinder schwarze Streifen hinterlassen. Es ist zu laut und zu fremd.
    Ich verstecke mich mit Pippa auf dem Mädchenklo, wo ich mich in einer der Kabinen einschließe. Da ist es wenigstens ruhiger, auch wenn es nicht besonders gut riecht. Ich bin froh, als es zur ersten Stunde läutet.
    Wir haben Kunst bei unserer neuen Klassenlehrerin Frau Rose. Sie ist schon älter und hat Brüste, die aussehen wie Kissen.
    Nachdem sie uns begrüßt hat, sagt Frau Rose: „Ich fände es schön, wenn wir uns gegenseitig ein bisschen besser kennenlernen. Deshalb sollt ihr ein Bild von euch malen. Teilt dazu euer Zeichenblatt in vier Felder ein.“
    Der Junge neben mir kann es anscheinend kaum erwarten loszulegen, denn er pikst seinen Vordermann mit einem Stift.
    „Maik, leg den Stift bitte noch mal weg, bis ich fertig erklärt habe. Stellt euch vor, die Tafel ist jetzt mein Blatt.“ Frau Rose malt ein großes Kreidekreuz auf die Tafel und teilt die grüne Fläche in vier Rechtecke.
    „In ein Feld schreibt ihr euren Namen“, erklärt sie und schreibt „Christa Rose“ in das Rechteck rechts oben. „In ein anderes zeichnet ihr eure Familie. In das dritte eure Freunde. Und in das letzte kommen eure Talente. Was macht ihr gerne und könnt es vielleicht besonders gut? Am Ende der Doppelstunde schauen wir uns eure Bilder gemeinsam an, und wer möchte, kann etwas zu seinem erzählen. Hat noch jemand eine Frage zu der Aufgabe?“
    Keiner meldet sich.
    „Gut, dann los!“
    Ich nehme mein Geodreieck und ziehe mit dem Bleistift ein Kreuz. Vier leere weiße Rechtecke grinsen mich an.
    Name: „Melina Bender“, in meiner schönsten Schnörkelschrift.
    Familie: Ich zeichne mich mit braunen Augen und kinnlangem braunem Haar. Daneben Paps mit seiner Aktentasche in der Hand. Ich zeichne meine Mutter, die auf dem grünen Sofa liegt und schläft. Eigentlich will ich noch meinen kleinen Bruder malen, in einer Traumblase über ihrem Kopf. Aber vielleicht lachen die anderen dann? Überhaupt muss man tote Leute nicht malen, oder?
    Freunde: Pippa will sich selber zeichnen, aber ich verbiete es ihr. Jemand könnte sie sehen. Pippa hat braune Haare und runde braune Augen und ein rosa Kleid. Wie malt man jemanden, der vier Zentimeter groß ist und auf dessen Fußsohlen der Name der Firma und das Herstellungsjahr stehen? Ich male einen kleinen rosa Punkt in die Mitte des Rechteckes. „Gut getroffen!“, wispert Pippa von ihrem Ausguck in meiner Tasche.
    Ich bin immer noch beim dritten Feld und überlege, was ich malen soll, da stößt der Junge neben mir, dieser Maik, mich mit dem Ellbogen in die Seite. „Du hast wohl keine Freunde, was?“, flüstert er extra laut und grinst gemein. Die anderen, die in unserer Nähe sitzen, schielen jetzt neugierig auf meinen Block. Ich schirme mein Bild mit dem Arm ab und versuche, das nächste Feld zu füllen, aber in meinem Kopf geht alles durcheinander. Was sollen wir noch mal machen? Talent … etwas, was ich besonders gut kann.
    Ich bin gut im Aufwecken. Ich weiß schon, was dieser Maik dazu sagen würde: „Ha! Das kann doch jeder!“ Ich habe es ja nicht mal geschafft, heute Morgen meine Mutter aufzuwecken. Aber bei mir ist das anders. Ich bin gut im Aufwecken von Dingen, die eigentlich gar nicht lebendig sein sollten.
    „Die hat keine Freunde und sie kann nichts!“, sagt Maik laut und ein paar andere Kinder kichern.
    „Blödmann!“, piepst Pippa aus der Tasche meines Jeanskleides. Aber ihre Stimme ist zu leise, niemand außer mir kann sie hören.
    Zum Glück kommt in diesem Moment Frau Rose. Sie wirft einen Blick auf Maiks Block und sagt dann: „Oh, ich sehe noch nicht viel auf deinem eigenen Blatt. Du solltest dich lieber ranhalten, Maik. Melina kommt bestimmt auch ohne deine Tipps zurecht, oder?“
    Ich nicke. Pippa nickt bestimmt auch, heimlich.
    Frau Rose beugt sich über meinen Platz. „Okay, wir überlegen jetzt mal zusammen. Was kannst du besonders gut, Melina?“
    Ich will „malen“ sagen, aber nachdem Maik mein Bild ausgelacht hat, traue ich mich nicht mehr. Also zucke ich die Achseln.
    Frau Rose überlegt: „Hmm, wir kennen uns ja erst ganz
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