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Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb

Titel: Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb
Autoren: Friedrich Ani
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kann«, sagte er, genauso leise wie ich.
    »Weiß nicht«, sagte ich.
    »Aber ich weiß es.«
    Danach sagten wir eine Zeit lang nichts. Er hielt meine Hand fest.
    »Ich möcht, dass du wieder gesund wirst«, sagte ich.
    Er brummte und schaute mich an. Ich beugte mich vor und umarmte mit einem Arm seinen Kopf. Sein Kopf war genauso kalt wie seine Hand. Und als ich mich wieder gerade hinsetzte, grinste er.
    Sein Grinsen machte aus seinem grauen Gesicht ein ganz schön schlaues Gesicht.
    Ich wollte ihn fragen, ob er sich schon mal mit einer Nümpfe unterhalten hat. Da kam meine Ma zurück, und mein Opa und ich nickten uns zu wie Verbündete. Und das waren wir ja auch.
    Kurz darauf schlief er ein und brummte, statt zu schnarchen, und sein Grinsen ging dauernd rauf und runter.

Einundzwanzig
    Immer noch Samstag
    Am Morgen dieses Samstags war mein Vater nach Hamburg gefahren, wo er, keine Ahnung, wieso, aus seinem total unfertigen Buch vorlesen sollte. Meine Ma musste um zwei ins Hotel zum Kochen. Ich durfte die Wohnung das ganze Wochenende nicht verlassen. Meine Eltern hatten beschlossen, dass ich Bio und Englisch lernen, mein Zimmer aufräumen und im Wohnzimmer staubsaugen muss. Vitali durfte mich nicht besuchen.
    Als meine Ma gegangen war, staubsaugte ich das Parkett im Wohnzimmer und räumte in meinem Zimmer die Schachteln und Hefte und Spielsachen unter den Tisch. Danach sah alles aufgeräumt aus. Ich verteilte die Bio- und Englischbücher auf dem Bett und ging wieder ins Wohnzimmer, um zu fernsehen. Es kam nur Schrott, den ich schon zehnmal gesehen hatte. Ich schaltete ab und schaute aus dem Fenster.
    Am Gartenzaun hing unser amerikanischer Briefkasten mit der roten Plastikfahne. Die war runtergeklappt. Das war ja klar.
    Woher hätte Annalena meine Adresse wissen sollen? Sie wusste gar nichts von mir. Wenn sie erfuhr, was ich alles getan und wie blöde ich mich angestellt hatte, würde sie mich auslachen. Einen ganzen Tag lang würde sie über mich lachen.
    Hahaha.
    So laut, dass es im Hotel bis in den zweiundzwanzigsten Stock rauf ein Echo gab. Einen ganzen Tag lang.
    Echo.
    Wenn ich Annalena erzählte, was ich auf der Vogelinsel erlebt hatte, würde sie sich totlachen, und ihre Freundin würde sich gleich mit totlachen.
    »Echo?«, flüsterte ich.
    Keine Antwort.
    Ich stand am Wohnzimmerfenster und atmete gegen die Scheibe.
    Das Telefon klingelte. Ich erschrak. Ich rannte in den Flur und riss das Telefon aus der Ladestation.
    »Ja?«, rief ich.
    »Hier ist Annalena aus dem Hotel.«
    Hier ist Annalena aus dem Hotel, hallte es in meinem Ohr.
    »Hallo?«
    »Ja, hallo?«, sagte ich blöde.
    »Bist du dran, Simon?«
    Mir blieb die Luft weg. Ich stand im Flur und schwitzte. »Simon?«
    »Ja«, sagte meine Stimme.
    »Ich möcht dich gern zu meinem Geburtstag morgen einladen«, sagte sie. Ihre Stimme erkannte ich genau wieder. »Es ist natürlich kein Geburtstagsfest, nur ein Brunch in der Towers Lounge. Nur Jil und ich und du. Wenn du magst. Das richtige Fest mach ich dann, wenn ich wieder in Berlin bin. Hast du Zeit morgen früh? Um elf?«
    Mir lief der Schweiß übers Gesicht. Mein Herz klopfte so brutal, dass ich fast auf der Stelle hüpfte.
    »Bist du noch da, Simon?«
    »Ja«, sagte meine Stimme.
    »Geht‘s dir nicht gut?«, fragte Annalena.
    »Weiß nicht«, sagte ich. Keine Ahnung, wieso ich so was sagte.
    »Bist du krank? Ist was passiert?«
    »Nichts ist passiert.« Und dann sagte ich noch, viel lauter als vorher: »Ich hab aber gar kein Geschenk für dich.«
    Sie kicherte, glaube ich. »Das macht nichts. Es ist ja auch kein richtiges Fest. Wenn du kommst, das reicht schon.«
    »Für was reicht das?«
    »Für mich«, sagte sie.
    Nach einer Pause, die mir ewig vorkam, sagte sie: »Heißt dein Vater Niko Kesselbeck?«
    Ich nickte.
    »Heißt dein Vater Niko Kesselbeck?«, fragte sie schon wieder, und ich nickte wieder.
    »Wieso antwortest du nicht?«
    »Mach ich doch«, sagte ich.
    »Machst du gar nicht. Ich frag dich was, und du sagst nichts.«
    Den Satz sagt meine Ma manchmal zu meinem Vater. »Ja«, sagte ich.
    »Wir haben im Internet nachgeschaut, Jil und ich, und da steht, dass dein Vater schon fünf Romane und ein paar Theaterstücke geschrieben hat. Ist dein Vater berühmt?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Du bist irgendwie komisch drauf, Simon.«
    »Wie denn?«
    »Als ob du gar nicht richtig zuhörst. Schaust du nebenbei Fernsehen?«
    »Nein.«
    »Was machst du gerade?«
    Mein Gehirn überlegte. Dann sagte meine
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