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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten
Autoren: Gabriella Pape
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Vielleicht nehmen wir noch etwas fremdere Gartentraditionen wie die japanischen Zen- und
Teegärten hinzu, deren Bilder wir meist eher aus Kalendern, Fernsehsendungen oder Apothekenzeitschriften kennen - und wir liegen damit falsch. Nicht ganz, aber doch ziemlich. Diese durchaus künstlerischen und einzigartigen Varianten gartenkultureller Inszenierungen hatten und haben allesamt eine Basis, auf der sie sich erst entwickeln konnten und weiter können. Sie sind das Resultat der Gartenkultur, nicht ihr Ursprung. Ohne Gartenkultur, wie ich sie definiere, gäbe es diese Gärten nicht. Denn sie müssen gedacht, gezeichnet, gebaut und dann vor allen Dingen gepflegt werden, um zu überleben - ohne das Wissen der Kultivierung ist das nicht möglich.
    Erste Voraussetzung für die genannten Gärten war zum einen das Wissen um die Pflanzen und ihre Kultivierung. Gartenkultur setzt dort an, wo der Mensch die Pflanze den Boden berühren lässt. In diesem Moment beginnt die Kultivierung der Pflanze. Ich nehme einen Steckling von einem Baum und stecke ihn in den Boden, eine Zwiebel, einen Rosenreiser oder nur einen winzigen Samen. Das ist Kultur, denn ich kultiviere die Pflanze und überlasse sie nicht mehr allein der Natur. Der Natur wird etwas entnommen - und wieder zurückgegeben. Jedoch nach des Gärtners Vorstellung, nach seinen Wünschen und Ideen wird es kultiviert, dort, wo es hinkommt, wird es tun, was es kann. So wird die Rückgabe an die Natur zugleich zum bewussten Eingriff in die Natur.
    Zweite Voraussetzung war die Nachfrage oder eine persönliche Begierde, die Absicht und Zweck für einen Garten bestimmten. Was sollte ein Gärtner, ein Gartengestalter oder ein Landschaftsplaner ohne Auftraggeber tun? Könige, Fürsten,
Adlige oder Stadtverantwortliche, eine herrschende Elite oder besonders begüterte Zeitgenossen waren es, die sich die Dienste der Besten unter den Gartenkulturschaffenden sicherten. Und was machte sie zu den Besten? Das waren nicht so sehr ihre genialen Einfälle (kein Zweifel, die hatten sie auch), es war ihr tiefes Wissen um die Gartenkultur im Sinne der Kultivierung der Pflanzen. Dieses Wissen war Voraussetzung für die mitunter atemberaubenden oder stillen, romantischen Anlagen.
    Die Gartenkultur ging den später so bewunderten Parks und Gärten voraus - und nicht umgekehrt. Gärten waren das Ergebnis einer ultimativen Steigerung der Kultivierung der Pflanzen, sie waren die Errungenschaft aus dem wohl seit Jahrhunderten beobachteten, angesammelten, niedergeschriebenen und studierten Wissen. So ist Gartenkultur nicht die Summe vieler schöner Entwürfe und Ausführungen von Gärten, Gartenkultur ist vielmehr der schier unendliche und immer wieder erneuerte Wissenskanon über die Pflanzen und ihre Lebensbedingungen, den sich der Mensch zu eigen macht, um im Einklang mit der Natur, aber auch im Widerstreit gegen die Natur seine eigenen Vorstellungen, Wünsche, Bedürfnisse und Emotionen durchzusetzen. So versucht er, die Natur »nach seinem eigenen Bilde« zu toppen.

Und hierzulande?
    Doch nun die - vorläufige und vielleicht überraschende - Verlustmeldung: Die Gartenkultur ist in Deutschland, wo
sie einst große bedeutende Vertreter hatte, wo sie wahre Blütezeiten feierte, wo Einrichtungen und Institutionen diesen Wissenskanon pflegten, lehrten und kontinuierlich durch neue Forschungen erweiterten, gerade hier ist sie aus meiner Sicht abhanden gekommen. Kaum einer kennt sie noch, kaum einer weiß von ihr. Auch wenn weiterhin Gärten geplant, gebaut und angelegt werden und weiterhin die Tradition hübscher alter Gärten gepflegt wird (oder man das zumindest versucht), so ist Gartenkultur im weitesten Sinne oder besser: in ihrer tiefsten Bedeutung und in ihrem globalen Verständnis hierzulande nur wenig vorhanden.
    Hier wird Kultur zu sehr mit alten Gebäuden, alten Bildern, alter Musik in Verbindung gebracht, oder eben mit Gärten der Barockzeit, der Renaissance, des Klassizismus oder der Gründerzeit. Aber Kultur, das kann nicht der bloße Blick zurück sein, das ist nicht nur Vergangenheit. Das ist sie zweifellos auch, aber dieser Blick zurück ist letztlich nur ein exklusiver Ausschnitt, andernfalls verkommt Kultur zum rückwärts gewandten Denken und Handeln, verstaubt und für die Bibliotheken reserviert. Gartenkultur ist etwas sehr Lebendiges und in der Gegenwart Verankertes. Kultur, vor allem wenn es um den Garten geht, sollte sich auf die Gegenwart beziehen.
    Ein derart umfassendes
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