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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten
Autoren: Gabriella Pape
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Erlebnis, ja Ereignis meines Lebens bleiben, dass ich diesen Ort entdecken durfte, hat er doch über eine sehr lange Zeit für genau das gestanden, was ich im Innersten meines Herzens vertrete, wofür ich mich einsetze und auch weiterhin engagieren möchte und was ich den Menschen vermitteln will: Horticulture , Gartenkultur.
    Dieser Ort besitzt eine ganz besondere Aura. Es ist der ideale Platz, um die deutsche Gartenkultur im Herzen von Berlin und zugleich im Herzen des Landes, in der Hauptstadt des vereinten Deutschlands, wieder aufblühen zu lassen. Seit 2008
veranstalten wir auf dem Gelände Kurse zur Gartengestaltung und Gartenkultur im Sinne von Lenné, Foerster und einer modernen gegenwartsbezogenen Gartenauffassung. Aber die Gartenakademie ist mehr als nur ein Ort der Begegnung, des Austauschs, des Einkaufs und der Information. Den genius loci , den Geist des Ortes, spürt jeder, der hierherkommt. Natur und Landschaft im Großen und im Kleinen berauschen uns vor allem durch ihre feinstofflichen, für das menschliche Auge nicht sichtbaren Schwingungen. So gilt es für mich, genau diese Energie zu erspüren und in meiner Gestaltung aufzunehmen, sie quasi hineinzuweben in den sichtbaren Bereich. Die Weymouths-Kiefer, die hier im - wenn auch nicht exakt geometrischen - Mittelpunkt des Geländes steht, ist, gleichsam als Seelenträger des Areals, ein Zeuge jener Zeit, als dieses Gelände erstmals vor über hundert Jahren seine Tore der Gartenkultur öffnete. Die geistige Atmosphäre dieses Ortes ist auch in seinen Bauten, den renovierten Glashäusern und erhaltenen Gemäuern bewahrt.
    Gewiss werde ich hier nicht die alten Zustände wiederherstellen, aber ich nutze den Ort, um die Gartenkultur für unser Land wiederzubeleben. Ich schaffe einen Raum, wo die Menschen ein Stück aus ihren Träumen finden können, das sie dann nach Hause in den eigenen Garten tragen können. Das kann eine Pflanze sein, sei es Staude oder Baum, ein Gartenelement oder auch sehr viel mehr: eine Idee, eine Inspiration, wiedergefundenen oder neu entdeckten Mut, Optimismus, Lust und Freude am eigenen Schaffen im Garten, die Hinwendung zum eigenen Schöpfertum, das den Menschen von
der ihn umgebenden Natur unterscheidet. Auch und gerade dies ist Gartenkultur!
    Wie aber ist es geschehen, dass die Gartenkultur in Deutschland abhanden gekommen ist? Die große Gartentradition unseres Landes stand noch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in ihrer Blüte. Nur drei Namen seien stellvertretend genannt: Da war Karl Foerster, Jahrgang 1874, der spätere Staudenpapst, mit eigener Gärtnerei, großen Züchtungserfolgen und einem enormen gartenphilosophischen Werk. Seine ersten Bücher lasen die Menschen in den Krankenhäusern oder die Soldaten in den Schützengräben der beiden Weltkriege und kamen so auf andere Gedanken. Eine Generation jünger, Jahrgang 1900, war die Landschaftsarchitektin Herta Hammerbacher, sie arbeitete mit namhaften Architekten zusammen, darunter Hans Scharoun, der die Harmonie von Gebäude und Landschaft zu seinem Programm gemacht hatte. Und schließlich Hermann Mattern, der ebenfalls mit Scharoun und auch mit dem expressionistischen Architekten und Künstler Hans Poelzig zusammen gewirkt hatte. Matterns Ansicht nach sollten Garten- und Hausgestaltung miteinander in »belebender« Wechselbeziehung stehen. Das heißt: Sie dürfen nicht einfach nur zusammenstehen, sie müssen sich »gegenseitig vollkommen ergänzen«.
    Diese drei Großen der Gartenkultur waren an der Gärtnerlehranstalt ausgebildet worden, Foerster noch auf dem ehrwürdigen Lenné-Gelände in Potsdam-Wildpark, die beiden jüngeren in Dahlem. Sie arbeiteten eng zusammen, zunächst im Planungsbüro von Karl Foerster in Bornim, später als
Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Gartengestalter und Landschaftsarchitekten von bestem Ruf und hoher Anerkennung, was Bornim den Ehrennamen eines »Worpswede der Gartengestalter« einbrachte, mit dem der Ort noch heute in Verbindung gebracht wird.
    Schon Ende der Zwanzigerjahre, mehr noch Mitte der Dreißigerjahre konzentrierte sich das Land zunehmend auf die Landwirtschaft. Die Bedeutung und das Interesse am Gartenbau, an Gartenkultur und Gartenkunst traten deutlich in den Hintergrund, bis sie schließlich im Zweiten Weltkrieg fast völlig verloren gingen. Das Land lag in Trümmern, es standen andere Dinge auf der Tagesordnung als ein Garten und blühende Blumen, auch wenn es das Herz der Menschen sicherlich erfreut hätte.
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