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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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der Südtiroler, des Freundes und Beraters Mussolinis, Ettore Tolomei. Dieser Fanatiker eines unduldsamen Nationalismus schreckte vor keinen Gewalttaten zurück, wenn es galt, die Vorteile seiner Landsleute zu erzwingen. Er wird den Südtirolern und überhaupt allen Österreichern daher immer im Gedächtnis bleiben.
    Die heute zweisprachige und ehemals rein deutsche Stadt Bozen zog uns tags darauf in ihren Bann. Wir besichtigten den Dom, durchbummelten die Altstadt mit ihren reizenden Bürgerhäusern, bestaunten die Geschäfte in den langen Laubengassen und konnten uns schließlich am Früchtereichtum des berühmten Bozener Obstmarktes kaum sattsehen. Wie hübsch wäre diese Stadt ohne den öligen Industriegürtel, den ihr die Italiener zur Zeit Mussolinis vorgelagert haben, und wie traurig ist es zu hören, daß es heute mehr Italiener in Bozen gibt als ehemalige Österreicher!
    Die mittelalterlich-romantische Burg Runkelstein erklommen wir zu einer Mittagsrast bei Spaghetti und Wein. Einige von uns hatten ihre liebe Not mit der Handhabung der wahrhaft langen Nudeln, zur großen Belustigung aller jener unter uns, die mit ihren Eltern schon mehrere Urlaube im sonnigen Süden verbringen durften! Auf der Balkonwand über unseren Eichentischen leuchteten in noch frisch anmutenden Farben die Wandmalereien, die zu besichtigen Kunstliebhaber von weither die Burg besuchen. Sie stellen den umfangreichen Zyklus mittelalterlicher Profanmalerei dar.
    Die Atmosphäre und den unglaublichen Pflanzenreichtum der Seiser Alm zu schildern, ist schwer, da jede Schilderung «Nichteingeweihten» übertrieben scheinen würde. Weiche, saftiggrüne Matten, die wie kühle Polster dem Fuße nachgeben, bedecken, soweit das Auge reicht, die Hügel und Mulden, kaum von Steinblöcken unterbrochen, und wie märchenhafte Kulissen erheben sich die Gebirgsstöcke in der Ferne: der sagenumwobene Schiern, die Langkofelgruppe ...
    Herrliche Parkanlagen und Blumenkreationen schmücken den weltberühmten Kurort Meran, der von fern von der steinernen Wiege des Landes, Schloß Tirol, gegrüßt wird. Unser Erzherzog Johann liegt begraben in der Burg Schenna, außerhalb der Stadt. Dieser letzten Ruhestätte des einstigen Grafen von Meran statteten wir natürlich einen Besuch ab.
    Ein Schatzkästlein ganz besonderer Art ist Niederlana mit seinem Altar von Hans Schnatterpeck, den zu bestaunen wir uns ebenfalls um keinen Preis entgehen ließen.
    In Kaltern, wohin wir über Gampenjoch und Penegal gelangten, betraten wir das romantische Kirchlein St. Jakob. In diesem weltberühmten Weinort und auch in Terlan und Tramin lernten wir die Wirtschaft und ein Charakteristikum des leidgeprüften Landes kennen. Wir standen fasziniert vor den riesigen Fässern in den feuchten Kellergewölben, die all jene populären Weine beherbergen.
    Unbestrittener Höhepunkt unseres Südtirolaufenthaltes aber blieb die Fahrt durch die Dolomiten, deren halsbrecherische Erhabenheit selbst den Weitgereisten unter uns oft schier den Atem raubte. Immer wieder stießen wir auf Bunker aus dem Ersten Weltkrieg, und so erkannten wir die Dolomiten als ein blutgetränktes Schicksalsgelände österreichischer Vergangenheit.
    Ein Stück Literatur wurde für uns lebendig, als wir auf den Spuren alter deutscher Kunst zum Schloß Wolkenstein gelangten und der mit Sicherheit in Südtirol geborene Minnesänger Oswald von Wolkenstein für uns aus dem Massengrab der Literaturgeschichte trat.
    Das Schicksal Südtirols ist uns seit der Schullandwoche Herzenssache geworden, und durch unsere persönlichen Erlebnisse fühlen wir uns mit dem Land eng verbunden. Was vorher unpersönlicher Zeitungs- und Radiobericht über die Tragik jenseits der österreichischen Grenze für uns war, bedeutet uns heute ein Lebenszeichen von unseren Brüdern jenseits des Brenners, das uns immer angehen wird.
     
    Dieser Aufsatz wurde mit dem Prädikat «Beste Deutschschularbeit des Jahres» ausgezeichnet und im Jahresbericht der Anstalt abgedruckt.
    Dem begabten Schüler wurde im Rahmen einer Feierstunde von Herrn Schuldirektor Prof. Dr. Josef Höllhuber ein künstlerisch ausgestaltetes Diplom und das Buch «Meine Erinnerungen an Österreich» von K. H. Habsburg überreicht.

Neujahrsandacht
     
     
    Es ist kalt. Den ganzen Tag hat es geschneit. Jetzt liegt in der Gasse eine hohe, frische Schneedecke. Unsere Stiefelspuren führen den Gehsteig entlang bis vor unser Haustor. Wir sind schon oben, die Lisi und ich. Der Rudi steht am
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