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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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in seinem Leben die Bundeshauptstadt besucht und ihre Kostbarkeiten schätzengelernt haben muß, läßt sich nicht bestreiten. Jedoch, die Mehrheit siegt, und hier muß gesagt werden, daß dieser größere Teil unserer Klasse seine Hand hauptsächlich wegen der romantischen Vorstellungen hob, die sich mit dem Wort Südtirol verbindet: Berauschende Bergwelt, Sonne und Weingärten, laue Abendwinde und geselliges Beisammensein. Keiner von uns jedoch ahnte, um wie vieles bereichert wir aus jenem Land zurückkehren würden.
    Der unauslöschliche Eindruck, den die Schullandwoche in Südtirol in uns allen hinterlassen hat, wäre undenkbar ohne die sachkundige Führung, die uns bisher ungeahnte Bereiche erschloß und die gründliche Vorbereitung, die uns zu vermitteln sich Naturgeschichts-, Geographie-, Geschichts- und Kunsterziehungsprofessoren die Hand reichten. Wir wurden sozusagen geistig ausgerüstet, bevor wir die Fahrt ins Land von Etsch und Eisack antreten durften.
    Pässe, Straßen, Täler, Flüsse, Städte, Dörfer, Kirchen und Schlösser, Blumen, Bäume und Sträucher, Minerale und Tierwelt Südtirols müßten fest in uns verankert sein, beschwor der Geograph, ermahnte der Naturforscher, schwärmten Geschichts- und Zeichenlehrer. Vor allem unser Naturgeschichtsprofessor, der begeisterte Botaniker und Moossammler Prof. Fritz Faßl, hatte Südtirol schon lange in sein Herz geschlossen und von allen seinen Aufenthalten südlich des Brenners unzählige Farbdiapositive mitgebracht, deren Vorführung als letzte Vorbereitung und zur Einstimmung hervorragend dienten. Unser Historiker Prof. Xaver Hoelder beschäftigte uns in seinen letzten Stunden vor der Abfahrt eindringlich mit Kultur und Geschichte Südtirols, wobei er unser besonderes Interesse auf die Probleme richtete, die dem Land, das vor noch nicht allzulanger Zeit noch der Rotweingarten Österreichs genannt werden durfte, immer wieder neu auferlegt werden und worden sind.
    Unseren Führern Prof. Faßl und Prof. Hoelder danken wir es, daß die Schullandwoche für uns zur interessantesten und wohl ertragreichsten Woche überhaupt bisher in unserer Mittelschulzeit geprägt wurde.
    Sie geleiteten uns durch Dörfer, Städte, Schluchten und Paßhöhen, Almen, Friedhöfe und Weinhänge, und somit von der Kunst zur Geologie, von der Botanik zur Geschichte der Gegenwart und Vergangenheit, von der Mineralogie zur Wirtschaft des Landes Südtirol. Wir atmeten die würzige Luft der Seiser Alm, diskutierten mit Südtiroler Weinbauern, lernten ihre Sorgen und Nöte kennen und begannen im eigenen Herzen die Tragik des Landes zu spüren, als wir rund um ein protziges Marmorgrab standen und der mit ihm verbundene Name uns nachdenklich stimmen mußte.
    Doch erste Station unserer Reise war Innsbruck, wo wir nach siebenstündiger Fahrt nicht zu müde waren, nicht nur das Goldene Dachl zu bewundern, sondern vor allem die Hofkirche mit ihren ehernen, feierlichdüsteren Gestalten, dem prunkvollen Grab Maximilians und vor allem der letzten Ruhestätte jenes Mannes, der sein Leben gegeben hat für die Freiheit: Andreas Hofer, der Sandwirt aus dem Passeiertal.
    Weiter ging es über das technische Wunder Österreichs, die Europabrücke, und an Schluchten und Steinwänden vorüber, das Eisacktal abwärts, gen Süden.
    Sterzing, das liebliche, mittelalterliche Städtchen, Franzensfeste und schließlich Brixen, über das wir politisch und kulturell bestens unterrichtet waren, bildeten die nächsten Stationen unserer Fahrt. Es war nun nicht mehr weit bis Kastei Feder, das uns von der Oberösterreichischen Landesregierung als Domizil überlassen war.
    Einige Kilometer steiler, holpriger Straße von Auer entfernt, empfing uns auf einer grünbewachsenen Anhöhe der Burgberg mit dem behaglichen Landesjugendheim. Obwohl wir von der langen Reise und den bereits tiefen Eindrücken ziemlich müde waren, konnten wir es nicht unterlassen, mit neuer Frische auf die sagenumwobenen Felsen des Burgbergs zu klettern.
    Im Heim fühlten wir uns schon am ersten Abend äußerst wohl, und so sahen wir den kommenden Tagen mit freudiger Erwartung entgegen.
    St. Daniel in der Löwengrube, dieses für jeden Kunstinteressierten so wichtige Wandgemälde, durften wir bereits am nächsten Vormittag in dem romanischen Kirchlein St. Daniel am Kichelberg bewundern. Die Landschaft, die wir durchwanderten, besteht aus lieblichen Weingärten und wird von einer Anhöhe aus beherrscht vom protzigen Sarkophag des größten Feindes
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