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Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Titel: Mein Schutzengel ist ein Anfaenger
Autoren: Maximilian Dorner
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ein Kreuz und daneben ein Postkartenfoto von ihrem Lehrer Dimitri.
    » Ich habe schon alles für dich vorbereitet, hier sind drei Kerzen. Bei jeder Sitzung müssen drei Kerzen für den Klienten herunterbrennen, und Wasser habe ich für dich gekauft, weil: Wasser ist Heilung. Aber jetzt setzen wir uns erst mal hin und unterhalten uns, hier habe ich auch schon die Karteikarte für dich vorbereitet.«
    Bevor sie sich unterhalten können, erzählt sie ihm die Lebensgeschichte ihres Vaters. Dieser war Tischler in Siebenbürgen. Irgendwann hat er sich seinen eigenen Sarg gezimmert und starb schweigend. Unvermittelt springt sie zum Schicksal von Franz, ihrem Lebensfreund. Der mit der Krankheit von Max. Ein Minnesänger sei der. Mit einer verwilderten Ziegenherde lebt er in einer verfallenen Mühle im Wald und weigert sich beharrlich, von ihr geheilt zu werden.
    Zu beiden Personen hält sie Max Fotos hin, selbst die Postkarte von Dimitri nimmt sie von der Wand bei der Beschreibung ihres Lehrmeisters. Bei der Gelegenheit fällt ihr ein, dass sie ihn um Beistand bitten könnte.
    » Das trauen sich nicht viele, aber ich mache das. Ich rufe Dimitri an bei schwierigen Fällen und bitte ihn um energetischen Beistand.«
    Meister Dimitri sei nur leider nicht zu erreichen, da er ein Seminar in Österreich gebe, erklärt seine Sekretärin am Telefon.
    » Macht nichts, ich schaffe das auch allein.«
    Max ist für einen Moment enttäuscht, aber dann lässt er sich von der Unerschütterlichkeit seiner Schülerin mitreißen.
    Waltraudis erkundigt sich nach seinem Geburtstag. Die Zahlen notiert sie auf eine grüne Karteikarte und bildet daraus mehrfach Quersummen, bis eine Vier übrig bleibt. Sie strahlt ihn an.
    » Das ist ganz klar, die Vier steht für Gesundheit, also ist die Gesundheit dein großes Thema.«
    Max nickt, ohne jeden Anflug eines Grinsens, nicht einmal innerlich. Er nimmt es einfach wohlwollend zur Kenntnis. Schließlich möchte Waltraudis noch wissen, was er sich heute vom Universum wünschen würde.
    Max denkt nach. Schließlich fällt ihm etwas ein: » Klarheit. Ich wünsche mir Klarheit.«
    Waltraudis richtet sich auf.
    » Michael Maximilian, das geht so nicht, da würde ich dir ja am liebsten eine Ohrfeige geben. Du musst etwas für deinen Körper wollen, nicht immer nur für den Geist. Geist hast du genug, jetzt musst du dich um deinen Körper kümmern!«
    Sie hat ja Recht.
    » Weißt du, ich bin zurückhaltend mit meinen Wünschen«, sagt Max. » Aber ich denke, Leichtigkeit, verbunden mit Klarheit, das wäre schon was. Sowohl für den Körper als auch für die Seele.«
    Das lässt Waltraudis gelten. Sie ist eh schon dabei, nach einer Kladde zu suchen, in der für jede Krankheit eine Lebensmaxime steht. Schließlich findet sie diese unter einem Stapel Werbeprospekte.
    » Hör gut zu! Dein neues Lebensmotto lautet: ›Ich versuche nicht mehr, alles unter Kontrolle zu halten, ich fließe mit der Freude des Lebens dahin.‹ Magst du es dir aufschreiben?«
    Max schüttelt verneinend den Kopf. Das könne er sich auch so merken.
    Schließlich bugsiert sie ihn auf die Liege, zieht ihm rote Wollstrümpfe über die nackten Füße und legt eine CD ein. Dimitri habe die zusammengestellt und ganz viel Energie hineinprogrammiert. Dann klärt sie ihn über die möglichen Begleiterscheinungen ihrer Behandlung auf. Er hört so aufmerksam zu wie bei den Sicherheitsansprachen der Stewardessen vor Abflug: voller Gewissheit, auf keinen Fall abzustürzen. Zwischendrin würde sie hin und wieder den Raum verlassen, um sich die Hände zu waschen, deswegen solle er sich nicht beunruhigen. Außerdem könnten Schmerzen auftreten, aber nie schlimmer als alles, was er schon erlebt habe, und natürlich Kribbeln, Weinen sowie Gefühle aller Art. Er solle nichts unterdrücken, auf keinen Fall etwas unterdrücken, schärft sie ihm ein. Daraufhin bittet sie, die Augen zu schließen, und verschwindet zum Händewaschen. Max liegt völlig ergeben da, in dieser fremden Wohnung dieser fremden Frau. Ohne Sorgen, voller Vertrauen.
    Er liegt einfach nur da.
    Als sie wiederkommt und ihm die Hand auf das Herz legt, versetzt es ihm einen Stich, einen reißenden Schmerz, der aber sofort wieder verschwindet.
    Was genau sie in der folgenden Stunde tut, bekommt er nicht mit. So ähnlich jedoch muss es sich anfühlen, wenn ein Wunder an einem geschieht. Es ist, als lösten sich in ihm Dutzende Knoten auf, nicht mit einem Schlag, sie verschwinden einfach, einer nach
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