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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder
Autoren: Kerstin Herrnkind
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verschwunden ist, starke Beruhigungsmittel. Die Frau, sie war klein, zierlich und sehr hübsch, folgte mir in die Küche und setzte sich. »Frau Schreyer«, sagte sie leise. »Das mit Antonia tut mir sehr leid. Ich hatte keine Ahnung, dass mein Mann … Ich meine, ich wusste nicht, dass er …« Ich war wie vom Donner gerührt. Sie verriet mir sogar noch den Namen ihres Mannes und ihre Adresse. »Wollen Sie sich über mich lustig machen?«, fuhr ich sie an, weil mir diese Frau gleich so merkwürdig vorkam. Doch sie wirkte ehrlich verzweifelt und völlig überzeugt von dem, was sie mir erzählte. »Frau Schreyer, ich wollte Sie nicht stören oder Ihnen wehtun. Aber es war mir ein Bedürfnis, zu Ihnen zu kommen«, jammerte sie und stöckelte mit ihren hohen Schuhen wieder aus meiner Küche. Es war wie ein böser Traum. Natürlich habe ich trotzdem die Polizei angerufen und den Beamten von ihrem seltsamen Besuch erzählt. Wissen Sie, wenn das eigene Kind verschwindet, einfach so, morgens auf dem Schulweg, greift man nach jedem Strohhalm. Die Beamten haben sich auch sofort mit der Berliner Polizei in Verbindung gesetzt. Später erfuhr ich dann, dass diese Frau dort schon bekannt war.

    Obwohl es eigentlich nicht nötig gewesen wäre, hatte die Kripo sich sogar noch die Mühe gemacht, Hauptkommissar Wöste zu vernehmen, einen der Polizisten, die mit Xenia Rabe zu tun gehabt hatten.

    Frau Rabe kam das erste Mal zu uns auf die Wache, kurz nachdem sie im Radio die Meldung gehört hatte, dass dieses junge Mädchen in Brandenburg verschwunden sei. Eine Zeugin hatte damals einen schwarzen BMW mit Berliner Kennzeichen gesehen, der auffallend langsam durch die Straße gefahren war, als Antonia verschwand. Und Tobias Rabe fuhr ja einen schwarzen BMW. Deshalb war seine Frau davon überzeugt, er habe Antonia entführt.

    Später kam sie wieder, behauptete sogar, dass ich sie telefonisch bestellt hätte … Absurd war das Ganze. Sie war nicht davon abzubringen, dass ihr Mann Antonia entführt und ermordet hätte. Ihr Mann war tatsächlich nicht ganz sauber. War als Stalker aufgefallen, schwarzgefahren, hatte Strom beim Nachbarn geklaut. Das habe ich Frau Rabe auch erzählt. Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. Aber ihr Mann hatte ein Alibi, war mit einem Kollegen auf Dienstreise gewesen, als Antonia verschwand. Seine Frau hörte gar nicht zu, wenn man mit ihr redete. In ihrem Kopf lief ein eigener Film ab, vielleicht stand sie unter Drogen. Als ich ihr sagte, dass Antonias Schicksal doch noch völlig ungeklärt sei, brach sie zusammen.

    Ich habe sie zum Polizeiarzt bringen lassen. Eigentlich hätte sie meiner Meinung nach sofort in die Psychiatrie gehört. Aber der Sanitäter ließ Frau Rabe nach Rücksprache mit dem Polizeiarzt wieder laufen. Natürlich haben wir Kontakt zu Dr. Rabe aufgenommen, was für eine Frage. Ihm waren die Anschuldigungen seiner Ehefrau sichtlich peinlich. Er meinte, dass sie seit der Nachricht von dem verschwundenen Mädchen wie ausgewechselt sei, ihn verdächtige, diese Antonia entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben. Doch er wollte seine Frau partout nicht zum Psychiater bringen, geschweige denn sie in die Klinik einweisen lassen. Irgendwann hielt er es zu Hause wohl nicht mehr aus und zog zu einem Kollegen. Jedenfalls kam Frau Rabe noch einmal auf die Wache. Sie glaubte nun, dass ihr Mann, den sie auf der Flucht vor der Polizei wähnte, bei ihr eingebrochen sei und Schmuck geklaut habe. Außerdem fühlte sie sich von Journalisten verfolgt. Ich habe vorsichtig versucht, ihr zu erklären, dass Stresshormone die Nerven bei großer Anspannung schädigen könnten. Frau Rabe war natürlich empört, fühlte sich nicht ernst genommen und verließ wutschnaubend die Wache. Also, wenn Sie mich fragen, sind der Sanitäter und der Polizeiarzt schuld. Die müsste man zur Rechenschaft ziehen.

    Sanitäter Meyer war sich allerdings keiner Schuld bewusst.

    Xenia Rabe wurde zu uns gebracht, nachdem sie einen Kreislaufkollaps erlitten hatte. Ansonsten wirkte sie völlig normal, redete auch kein wirres Zeugs. Im Gegenteil. »Sie können mich nicht gegen meinen Willen festhalten. Ich habe nichts verbrochen«, sagte sie sehr selbstbewusst. Plötzlich platzte der Kommissar in die Untersuchung, meinte, wir müssten Frau Rabe in die Psychiatrie einweisen lassen. Dabei sollte er eigentlich wissen, dass das gar nicht so einfach ist.

    Immerhin hatte ein Nachbar, ein pensionierter Oberstudienrat, schon recht früh
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