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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder
Autoren: Kerstin Herrnkind
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stumm. Wie schnell sich der Wind beim Express doch gedreht hat, dachte sie. Noch vor ein paar Monaten hatte sie Basti angezischt, als er es gewagt hatte, ihr seine Hand auf die Schulter zu legen. Und nun war er ihr Vorgesetzter. Dass die Herrenburgin ausgerechnet ihn zum neuen Lokalchef gekürt hatte, erschütterte einige Redakteure, die ihre Karrierepläne hatten begraben müssen, mehr als der Tod seines Vorgängers. Doch das Wort der Verlegerin war Gesetz.

    Basti ging zurück in sein Büro. Vor seiner Tür blieb er stehen, drehte sich noch einmal zu Sarah um und sagte: »Eigentlich hätten wir diese Geschichte ausgraben müssen.«

    *

    Ein ohrenbetäubender Knall riss mich aus dem Schlaf. Es zischte. Direkt vor meiner Schlafzimmertür explodierte eine Säule aus gleißendem Licht. Ich riss meine Hände vors Gesicht, kreischte. Ein Poltern, Getrampel. Durch einen Schleier bunter, tanzender Sterne, der sich über meine Netzhaut gelegt hatte, erkannte ich schemenhaft eine Horde maskierter Männer, die mit schweren Stiefeln in mein Schlafzimmer trampelte.

    Sie zerrten mich aus dem Bett, warfen mich auf die Holzdielen. Mein Nachthemd rutschte hoch bis über die Hüftknochen, sodass die Männer meinen Slip sehen konnten.

    »Neiiiiinnnnnnnnnnn!«

    Mein Schrei gellte durch das Haus. Schweine! Schweine!!

    Ich spürte, wie zwei Männerhände mein Nachthemd wieder herunterzogen. Noch immer war ich fast blind. Kreischte, tobte, versuchte zu beißen, schlug um mich. Doch die Männer waren stärker, hielten mich an Armen und Beinen fest. Drehten mich auf den Bauch, rissen mir die Arme auf den Rücken, fesselten mich mit Handschellen, so stramm, dass mir das Metall ins Fleisch schnitt. Dann packten sie mich an den Oberarmen, hievten mich hoch. Ich ließ mich fallen. Langsam kehrte meine Sehkraft zurück. Überall wimmelte es von vermummten Gestalten in dunklen Kampfanzügen. Sie trugen Sturmhauben mit Sehschlitzen. Keiner sagte ein Wort.

    Die Kerle schleiften mich nach draußen. Die Helligkeit im Hausflur brannte in meinen Augen. Oben auf dem Treppenabsatz erkannte ich die Nötzelmann und ihren neuen Lebensgefährten, den Journalisten. Beide trugen Schlafanzüge, ihre Haare waren zerzaust. Die Männer griffen nach meinen Beinen. Ich versuchte, mich freizustrampeln. Keine Chance. Je zwei Mann hielten ein Bein, zwei umklammerten meine Arme, ein weiterer hielt meinen Kopf zwischen seinen Pranken. Das grobe Leder seiner Handschuhe scheuerte an meinen Wangen. Wie ein sperriges Möbelstück wuchteten sie mich die Treppe hinunter. Unten stand der Oberstudienrat und schüttelte den Kopf. Die Männer schafften mich nach draußen, warfen mich in einen Polizeibus. Mir wurde schwarz vor Augen.

    *

    Als Dr. Anton Zimmer sich die Fotos vom Tatort ansah, wusste er wieder, warum er kein Strafverteidiger geworden war. Wildschweine hatten dem Toten das halbe Gesicht weggefressen, bevor sie von dem Förster, der die Leiche gefunden hatte, verscheucht worden waren. Das Nasenbein war auf Höhe der Augenbrauen mit einem scharfen Gegenstand zertrümmert worden.

    Bei der Leiche handelte es sich um den Versicherungsmathematiker Dr. Tobias Rabe. Ehemann von Xenia Rabe – der rätselhaftesten Mandantin, die er je gehabt hatte. Nachdem sie damals in seiner Kanzlei gewesen war, hatte er nie wieder von ihr gehört. Auch auf seine Briefe hatte sie nicht geantwortet. Und nun war sie wegen Mordes angeklagt. Und er sollte sie verteidigen.

    Zimmer seufzte. Er würde nicht viel für seine Mandantin tun können. Sie hatte sich gar keine Mühe gegeben, Spuren zu verwischen. Stundenlang war sie im Internet unterwegs gewesen auf der Suche nach dem perfekten Mord. Giftmord, Mord, Substanz, geruchlos, geschmacklos, tödlich, hatte sie bei Google eingetippt und war schließlich in einschlägigen Foren auf K.-o.-Tropfen gestoßen. Sogar den Bestellvorgang hatte die Kripo rekonstruiert. Zwar war keine derartige Substanz im Körper von Tobias Rabe nachgewiesen worden. GBL wurde im Körper zu 4-Hydroxybutansäure, also GHB umgewandelt, was binnen weniger Stunden abgebaut und nicht mehr nachweisbar war. Aber Xenia Rabes Handy war zum Todeszeitpunkt ihres Mannes in dem Bereich des Leichenfundortes eingeloggt gewesen. An der Leiche waren zig DNA-Spuren von der Frau gesichert worden. Nicht mal den Spaten hatte sie weggeworfen.

    Zimmer entkorkte eine Flasche Bordeaux, der eigentlich viel zu teuer war, um ihn unter der Woche einfach so wegzupicheln. Na ja, er würde die
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