Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis

2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis

Titel: 2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis
Autoren: Bastei
Vom Netzwerk:
Juan Martinez del Mazo, hager und vom Alter leicht gebeugt, stützte sich auf dem geschnitzten Ebenholzsekretär ab. Ein Zittern durchlief den Kunstsammler.
    »Über die Sache sollte längst Gras gewachsen sein.« Die Stimme aus dem Lautsprecher des Telefons klang mit einem Mal unsicher. »Wo ist der Amerikaner jetzt? Hat er meinen Namen erwähnt?«
    Del Mazo antwortete nicht.
    Das Knacken wiederholte sich. Es kam von der Treppe her. Martinez del Mazo hörte kaum hin. Das Anwesen hatte etliche Jahrhunderte auf dem Buckel. In einigen Holzvertäfelungen nagte inzwischen der Wurm, doch gerade das, fand Juan, passte zu seiner historischen Sammlung. Er dachte nicht daran, Gift einzusetzen. Ob mit Wurm oder ohne, das Haus würde ihn auf jeden Fall überleben.
    »Wo ist der Amerikaner jetzt?«, wiederholte Pedro drängend. »Hat er irgendeinen Verdacht?«
    »Hätte ich ihn danach fragen sollen?«, stieß Juan heftig hervor. »Womöglich auch noch nach unserer Kontaktperson?«
    Wieder ein Knacken, viel näher diesmal. In letzter Zeit hörte er oft Geräusche, die sich hinterher als Einbildung herausstellten. Die Einsamkeit in der großen Villa abseits von Oviedo machte ihn mürbe – er wollte sich das nur nicht eingestehen. Dabei wünschte er sich das schwere Dröhnen des Türklopfers oder wenigstens das Schrillen des Telefons manchmal geradezu herbei.
    Zweimal in der Woche kam Carla zum Reinemachen. Nicht nur das Haus schien in diesen wenigen Stunden aufzuleben – er selbst fragte sich dann immer, warum er nicht wenigstens dreißig Jahre jünger war.
    »Sag mir endlich, was der Amerikaner von dir wollte!« Schroff klang Pedros Stimme aus dem Lautsprecher.
    »Jetzt nicht«, murmelte Juan. »Später, hörst du?« Er meinte jetzt Schritte zu hören. War Carla im Haus?
    »Aber …«
    »Später!« Del Mazo legte den Hörer auf die Gabel des altmodischen Telefons. Sein Blick ging hinüber zu der großen Eichenholztür und er lauschte erwartungsvoll. Er mochte Carlas Lachen ebenso wie das lange schwarze Haar, das ihr weit über die Schultern fiel.
    Gleichzeitig fragte er sich ein wenig verwirrt, ob denn wirklich schon Freitag war. War Carla nicht erst gestern bei ihm gewesen? Aber nein, gestern war dieser Amerikaner gekommen, dieser … Dozent aus Yale. Das hatte er Pedro noch sagen wollen.
    Ein Klirren aus dem Nebenraum, wo seine kostbarsten Exponate standen, schreckte ihn auf. Er wartete auf Carlas Aufschrei, wenigstens auf eine laute Verwünschung. Oder darauf, dass sie – wie schon einmal – schrecklich aufgelöst hereinstürmte.
    Stattdessen blieb alles ruhig.
    Hatte sich die junge Frau an einer der Vitrinen verletzt? Besorgt ging Juan zu der zweiflügeligen Tür, die in den Ausstellungsraum führte, und zog sie auf. »Carla?«
    Keine Antwort.
    Die Schränke, Vitrinen, Statuen, Mauerscheiben und Nischen waren wie ein Labyrinth. Der alte Mann konnte nicht einmal einen Teil des Raumes auf Anhieb überblicken.
    Er zwängte sich zwischen zwei Stelen und einer Jaguarskulptur hindurch. Nach zehn oder zwölf Schritten blieb er wie angewurzelt stehen.
    Eine Vitrine in der Mitte des Raumes war zersplittert.
    Del Mazo schluckte krampfhaft. Glassplitter lagen rings um den Marmorsockel verstreut. Von einem Teil der Abdeckung stachen spitze Zacken in die Höhe. Blut klebte an diesen Glasresten und lief am Marmor abwärts.
    Die Maske war ebenfalls blutbesudelt. Sie lag noch auf der Halterung, aber mehrere dünne Blutfäden schienen aus ihren Augen hervorzuquellen.
    Es handelt sich um die Maske Huitzilopochtlis, eines der späten Stammesgötter der Mexica, der schon bei seiner Geburt als Kriegsgott gegolten hatte. Huitzilopochtli war stets mit Opferungen in Verbindung gebracht worden – und nun war seine goldene Maske voller Blut! In der Dämmerung wirkte es geradezu unheimlich.
    Die Maske war eine einmalige Arbeit. Ein Fund, der heute in einem bedeutenden Museum hinter Panzerglas liegen würde, wenn … ja, wenn dieser Händler sie ihm nicht besorgt hätte.
    Cenobio. Mehr als den Vornamen hatte Juan nie erfahren – und auch nicht wissen wollen.
    Zögernd streckte er die rechte Hand aus, griff über die Reste der Glashaube hinweg und berührte die Maske mit den Fingerspitzen. Das Blut war noch warm und klebrig.
    Ein Husten hinter ihm schreckte Juan auf. Er fuhr herum. »Carla! Mein Gott, haben Sie …«
    Jäh verstummte er, denn zwischen ihm und einer der großen Statuen stand ein Fremder. Eine vermummte Gestalt.
    Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher