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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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und dann – “
    „Darum geht’s ja“, unterbricht Krischan ihn. „Wir fahren euch zum Flughafen. Ruf deinen Vater an. Er kann schon vorausfahren. Wir kommen gleich nach.“
    Ich schiebe die Augenbrauen zusammen.
    „Wieso wir?“
    „Weil wir zusammen fahren.“ Lena zwinkert mir zu. „In Krischans Bus ist genug Platz. Wir fahren Phillip zum Flughafen. Und du kommst natürlich mit!“
    „Aber … “, setze ich an. „Aber das geht doch nicht! Ich meine – “
    „Was?“, fragt Lena.
    Ich zucke die Schultern. „Keine Ahnung, aber … “ Ich breche ab. Meine Freunde stehen vor mir und grinsen. Mir fällt nicht mehr ein, was ich eigentlich sagen wollte.
    „Krischan hat extra nichts getrunken“, sagt Lena. „Die Fahrt ist unser Abschiedsgeschenk für euch.“
    Phillip lächelt.
    „Was denkst du?“, fragt er mich.
    Ich denke daran, dass wir dann noch die ganze Fahrt zusammen hätten; dass wir uns jetzt noch nicht trennen müssten; dass ich noch nicht alleine wäre. Ich nicke.
    Phillip gibt mir einen Kuss und zieht sein Handy aus der Tasche. Ich höre nur halb zu, was er zu seinem Vater sagt.
    „Ihr seid echt verrückt!“, sage ich zu Lena und Krischan.
    Sie strahlen zuerst sich und dann mich an.
    „Stimmt. Deshalb passen wir ja auch so gut zusammen“, meint Krischan.
    Lena gibt ihm eine Kopfnuss und lacht.
    Eine Viertelstunde später finde ich mich auf der Rückbank von Krischans altem VW -Bus wieder. Die Party ist zu Ende. Wir haben uns von allen verabschiedet. Anna, Lukas, Paul und Jesko räumen noch auf. Sie winken uns zu.
    Herr Graf hat versprochen, Phillips ganzes Gepäck, seinen Rucksack und sämtliche Papiere und die Tickets mitzubringen. Er wollte sich gleich auf den Weg zum Flughafen machen. Wenn alles gut geht, treffen wir ihn in knapp zwei Stunden am Meetingpoint im Abflugterminal.
    „Hoffentlich vergisst er nichts“, meint Phillip. „Ich hab zwar gestern schon alles zusammengepackt, aber ein paar Sachen liegen noch auf meinem Schreibtisch.“
    „Sollen wir lieber noch mal bei euch vorbeifahren?“ Krischan sitzt hinter dem Lenkrad. Lena hockt neben ihm auf dem Beifahrersitz und gähnt.
    „Nee, lass mal. Das kriegt mein Vater schon alleine hin.“ Phillip und ich kuscheln uns aneinander.
    Ich rufe kurz zu Hause an. Heute ist Freitag, meine Eltern sind noch wach. Meine Mutter klingt erleichtert, weil ich ihr Bescheid sage. Sie wünscht uns gute Fahrt, Phillip eine gute Reise und legt auf. Ich wette, die beiden gehen erst schlafen, wenn ich zurück bin und wohlbehalten in meinem Bettchen liege. Eltern sind so. Das ändert sich nie.
    Ich schiebe mein Handy zurück, schmiege meinen Kopf in Phillips Armbeuge und schließe die Augen. Ich fühle mich total schläfrig, aber ich darf nicht einschlafen. Auf keinen Fall möchte ich eine Sekunde der Zeit, die uns noch bleibt, mit Schlaf vergeuden.
    Der Bus rollt durch die Nacht. Aus dem Autoradio kommt leise Musik. Ich erkenne die ersten Takte von Wenn Worte meine Sprache wären und bitte Lena, lauter zu machen. Phillip singt leise mit.
    Ich mache meine Augen wieder auf und starre in die Dunkelheit. Ab und zu blitzen die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos auf. Die Bäume links und rechts der Straße sehen wie Gespenster aus. Wir müssen über endlose Landstraßen und durch verschlafene Dörfer fahren, bevor wir irgendwann die Autobahn erreichen.
    Phillip streichelt zärtlich meine Haare. Ich möchte immer so weiterfahren.
    Irgendwann nicke ich dann doch ein. Ich kann’s nicht verhindern, sosehr ich mich auch dagegen wehre. Meine Augenlider werden schwerer und schwerer, als würde jemand daran ziehen. Ich habe einfach nicht die Kraft, sie noch länger offen zu halten. Phillips gleichmäßige Atemzüge verraten mir, dass es ihm genauso geht. Unsere letzte Nacht – und wir zwei sitzen in einem klapprigen VW -Bus und schlafen nebeneinander ein.
    Als ich wieder aufwache, sind wir auf der Autobahn. Ganz vorsichtig richte ich mich auf und versuche mich zu strecken. Mein linker Fuß ist eingeschlafen und kribbelt wie verrückt. Phillip schläft weiter. Er schnarcht leise neben mir. Ich muss lächeln.
    Krischan kauert über dem Lenkrad wie ein alter Uhu. Ob er nicht auch langsam müde wird? Immerhin muss er die gleiche Strecke nachher auch noch zurückfahren, fällt mir ein. Brauchen biologisch korrekte Landwirte vielleicht weniger Schlaf als der Rest der Bevölkerung? Immerhin ist er daran gewöhnt, jeden Morgen früh aufzustehen, und in der
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