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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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schwimmen. Kommt jemand mit?“
    Meine Freundinnen schütteln ihre Köpfe.
    „Tob dich aus“, sagt Billi.
    „Mit dir können wir sowieso nicht mithalten“, meint Anna.
    Dina lächelt und wedelt mit der Hand, als wolle sie mich fortscheuchen.
    Das Wasser ist kühl. Ich gleite hinein und stoße mich vom Beckenrand ab. Ich werde schwerelos, schalte meinen Kopf und meine Gedanken aus. Kraulen, Atmen, Beinschlag. Wie immer schafft es das Schwimmen, Ordnung in mich und meine chaotischen Gefühle zu bringen. Ich spüre meine Muskeln und fühle mich gut. Diese Schwerelosigkeit ist kaum zu beschreiben, und für ein paar Minuten klappt es tatsächlich, dass ich mein Gehirn komplett ausschalte und mich ganz und gar auf mich konzentriere. Ich liebe diesen Flow, aber ich weiß auch, dass er nicht ewig anhält.
    Als ich nach ein paar Bahnen aufhöre und mich an den Beckenrand klammere, bin ich vollkommen aus der Puste und habe sogar leichte Seitenstiche. Ich muss unbedingt wieder mehr und vor allem regelmäßiger trainieren.
    Wenn Phillip erst mal weg ist, hast du genug Zeit, sagt eine Stimme in mir. Dann kannst du jeden Tag schwimmen und so lange trainieren, bis dir Schwimmhäute wachsen!
    Spitzenidee! Lächelnd stemme ich mich aus dem Wasser, nehme die Schwimmbrille ab, schüttele mir das Wasser aus den Ohren und wringe meine Haare aus. Phillip wird staunen, wenn er zurückkommt und ich habe Schwimmhäute zwischen den Fingern und den Zehen! Er behauptet ja sowieso ständig, ich wäre eigentlich eine Nixe und hätte es nur vergessen.
    Vom Freibad aus fahre ich direkt zu ihm. In seinem Zimmer sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall liegen Bücher, Notizen, Papiere und Klamotten herum.
    „Und du bist sicher, dass du noch den Durchblick hast?“, grinse ich.
    „Nein“, grinst Phillip zurück und zieht mich an sich.
    Ich habe mir das Sonnenöl und den Chlorgeruch gründlich abgeduscht und dufte nach Apfelsinenshampoo und Vanillebodylotion. Er schnuppert an meinen Haaren.
    „Mhmm, lecker … “, flüstert er.
    Durch den dünnen Stoff seines T-Shirts spüre ich seinen Herzschlag. Sein Mund sucht meinen. Ich spüre dieses Kribbeln in mir, diese wohlige Wärme, die sich überall in meinem Körper ausbreitet. Gleichzeitig fühle ich mich total geborgen. Seine Arme umschlingen mich, als wollte er mich nicht mehr loslassen. Ich wünschte, es wäre so. Ich wünschte, wir könnten uns für immer umarmen und küssen und würden uns nie mehr loslassen. Ich wünschte, wir müssten uns niemals trennen.
    Wir fallen rückwärts aufs Bett, lachen, schieben achtlos Bücher beiseite und küssen uns weiter. Aus der Anlage kommt laute Musik, irgendwas Rockiges.
    Phillips Vater ist nicht zu Hause. Wir sind ganz allein.
    Wenn er jetzt mit mir schlafen will, denke ich plötzlich. Ich glaub, ich würd’s tun.
    Nein, wir schlafen nicht miteinander. Das kann warten. Vielleicht, wenn er zurückkommt. In einem halben Jahr. Vielleicht, mal sehen.
    Wir streicheln uns, tauschen endlos zärtliche Küsse aus und kuscheln uns eng aneinander. Mein ganzer Körper prickelt, von den Haarspitzen bis in die kleinen Zehen. Es ist ein verrücktes Gefühl, total intensiv. Alle meine Sensoren sind auf Phillip ausgerichtet und seine auf mich. Es ist, als wären wir auf einer einsamen Insel. Nein, wir sind mitten auf einem riesigen Ozean und das Bett ist unser Floß, unser Rettungsboot. Von uns aus könnte genau in dieser Sekunde die Welt um uns herum versinken. Wir würden es wahrscheinlich nicht mal merken. Wir haben uns. Das ist alles, was wir brauchen.
    „Eigentlich will ich gar nicht weg“, murmelt er zwischen zwei Küssen.
    Ich richte mich halb auf und starre ihn an.
    „Ich hab Angst, dass du mich vergisst.“ Phillip schaut mich ernst an. „Dass du vielleicht jemand anderen kennenlernst.“
    „Spinnst du?“ Ich ziehe an seinen Haaren, kringele mir eine Locke um den Finger.
    „Ja“, sagt er. „Ein bisschen.“
    Wir stopfen uns ein dickes Kissen in den Rücken und unterhalten uns. Über die Zeit, die vor uns liegt, und über alles andere.
    „Wir müssen uns vertrauen“, sage ich. „Sonst halten wir das nicht aus.“
    Phillip nickt und fährt mit dem Finger die Linien in meinem Gesicht nach. Es kitzelt und fühlt sich gleichzeitig wunderschön an. Und dann treiben wir wieder auf unserem Floß über den Ozean, küssen uns, bis wir nicht mehr können, und halten die Welt an. Wir vergessen unsere Sorgen und Ängste – zumindest für
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