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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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sitzen bleiben.
    Schweren Herzens raffen wir uns nach einer halben Stunde auf und gehen weiter. Wir bummeln noch einmal durch die Stadt. Mit seinem Handy macht Phillip unentwegt Fotos von mir. Ich glaube, auf den meisten sehe ich ziemlich traurig aus, aber ein paarmal lache ich auch. Er soll mich lachend in Erinnerung behalten, nicht traurig und verheult.
    Schließlich gehen wir zu unseren Rädern zurück. Wie vergessen stehen sie vor der Schule und lehnen sich aneinander, als würden sie sonst umfallen. „Sie sehen ein bisschen aus wie wir“, meint Phillip und schießt ein Foto.
    Der Weg zum Bauernhof von Krischans Eltern führt am Waldsee vorbei. Wir erinnern uns an die Zeit, die wir hier verbracht haben, an all die Küsse und die unbeschwerten Nachmittage im Sonnenschein. Einmal hat uns ein Sommergewitter überrascht. Stundenlang haben wir damals am Ufer gehockt und uns nicht getraut, uns zu bewegen, weil wir solche Angst hatten, ein Blitz würde in die hohen Bäume über uns krachen und uns erschlagen. Heute lachen wir darüber.
    Überall um uns herum sind solche witzigen Erinnerungen und Weißt-du-nochs. An jeder Ecke, hinter jedem Stein. Ich kann sie gar nicht mehr zählen, aber ich weiß, dass ich mich daran erinnern werde, wenn Phillip fort ist und ich diese Wege alleine gehen muss.
    Bei Krischan werden wir von unseren Freunden begrüßt. Alle sind schon da, als hätten sie nur noch auf uns gewartet. Lena nimmt zuerst Phillip und danach mich in den Arm.
    „Schön, dass ihr gekommen seid“, sagt sie.
    Hinter der Scheune, in einem alten Obstgarten, sind Bierbänke und ein langer Tisch aufgebaut, der mit einem rot-weiß karierten Tischtuch, weißem Porzellan und buntem Besteck gedeckt ist. Dazwischen stehen große Körbe mit Obst und Stangenbrot und große Schüsseln mit Salaten. Die Sonne fällt durch die Blätter der Apfelbäume und malt kleine Kringel auf die Teller. Das Bild verschlägt mir kurz den Atem. Es sieht aus wie in einem französischen Spielfilm, den ich mal gesehen hab.
    „Ist das schön!“, sage ich.
    Lena nickt glücklich.
    Paul verteilt die Getränke. Es gibt Cidre, hausgemachten Apfelwein und Säfte. Phillip und ich wählen den Cidre und verdünnen ihn mit Wasser. Er schmeckt süß und prickelt im Glas. Dann setzen wir uns zu den anderen an die lange Tafel. Die ganze Zeit lassen sich unsere Hände nicht los.
    Krischan hat eine kleine Musikanlage aufgebaut, aus der im Hintergrund leise französische Chansons dudeln. Es könnte so schön sein, aber ich vergesse keine Sekunde, warum wir hier sind.
    Mein Herz blutet still vor sich hin und ich kann meine Tränen nur mühsam zurückhalten. Vielleicht war es doch keine so gute Idee hierherzukommen. Vielleicht hätten Phillip und ich lieber auf unserem Rettungsfloß bleiben sollen. Vielleicht, vielleicht …
    Als es anfängt zu dämmern und die Sonne langsam tiefer sinkt, zünden Anna und Lena Kerzen in hohen Gläsern an. Sie duften nach Zitronen.
    Krischan und Lukas stellen große Platten mit Grillfleisch auf den Tisch. Die Salatschüsseln werden herumgereicht. Mein Magen ist wie zugeknotet. Ich knabbere nur an einem Stück knusprigem Brot und trinke ab und zu einen Schluck Cidre. An den Gesprächen und dem Gelächter um mich herum beteilige ich mich kaum. Phillip hat seinen Arm um mich gelegt. Ich spüre seinen Herzschlag und fühle, wie er atmet. Er riecht so gut. Am liebsten würde ich in ihn hineinkriechen. Als getanzt wird, warten wir auf ein langsames Stück.
    „Siehst du den Stern da oben?“ Phillip hebt sanft mein Kinn.
    Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon dunkel ist. Über uns funkeln Millionen Sterne. Ich nicke.
    „Wenn du ihn abends siehst, denk ich an dich. Und wenn er morgens verschwunden ist und die Sonne aufgeht, denk ich auch an dich. Und wenn es regnet, hagelt oder schneit, auch. Ich denk die ganze Zeit an dich. Das versprech ich dir.“
    Wir küssen uns. Die Welt um uns herum steht still.
    Es ist fast Mitternacht, als Phillip meint, dass es langsam Zeit wird zu gehen. Sein Vater hat gesagt, dass er wach bleibt, bis er kommt, weil sie dann gleich losfahren müssen. Sie wollen im Flugzeug schlafen.
    Lena und Krischan bemerken, dass wir loswollen, und kommen auf uns zu.
    „Hey, wartet mal einen Moment! Wir wollen euch einen Vorschlag machen“, sagt Krischan.
    Lena steht neben ihm. Ihre Augen funkeln im Schein der flackernden Kerzen.
    „Wir müssen los“, sagt Phillip. „Tut mir leid. Ich bring Conni noch nach Hause
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