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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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einmal.
    Schlaf gut und träum süß? Oh ja, das ist ein guter Plan!
    Irgendwie muss ich nach dem Anruf tatsächlich eingeschlafen sein. Als ich wieder aufwache, ist es kurz vor halb sieben. Fast schon Zeit zum Aufstehen. Mau liegt auf meinen Füßen und schnurrt im Schlaf. Ich strecke mich vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, und verschränke die Hände im Nacken.
    „Fünfzehn“, sage ich leise vor mich hin. „Eine Fünf und eine Zehn.“
    Ich lege mir die Zahlen auf die Zunge, drehe sie in meinem Kopf hin und her und betrachte sie von allen Seiten. Fühlt es sich anders an als gestern? Fühle ich mich anders? Wenn ja, wie? Gestern war ich noch vierzehn. Wo ist der Unterschied? Ob es einen gibt? Oder ist das Ganze nur Gerede und jedes neue Lebensjahr gnadenlos überbewertet?
    Nein, das kann nicht sein. Irgendetwas muss anders sein, beschließe ich. Immerhin habe ich fünfzehn Jahre meines Lebens darauf hingearbeitet, fünfzehn zu sein. Besonders das letzte Jahr war echt hart. Ich konnte es kaum erwarten, endlich älter zu werden. Und zwar nicht nur, weil es dann mehr Taschengeld gibt. Aber soll das alles sein? Zehn Euro mehr im Monat und eine weitere Kerze zum Auspusten auf der Torte? Hm …
    Ich grüble und grüble, aber außer dass ich jetzt den Mofa-Führerschein machen dürfte (was mir meine Eltern sowieso nie erlauben würden), fällt mir nicht viel ein, was anders sein könnte. Jedenfalls nichts wirklich Positives. Im Bus muss ich jetzt zum Beispiel einen sauteuren Erwachsenenfahrschein lösen, es sei denn, ich mache mich klein und piepse „Einmal zur Schule, bitte!“. Danke, darauf kann ich gut verzichten.
    Trotzdem. Mit vierzehn ist man irgendwie noch ein Kind, finde ich. Zumindest wird man so behandelt. Mit fünfzehn ist man dagegen schon fast erwachsen. Es MUSS also einen Unterschied geben.
    Ich werfe einen Blick auf den Kalender, der über meinem Schreibtisch hängt. Da steht es schwarz auf weiß: Heute ist der 30. April, mein Geburtstag. Ab heute habe ich genau ein Jahr Zeit, um den Unterschied herauszufinden – falls es einen gibt. Ich bin ja sooo neugierig!
    Ein einzelner Sonnenstrahl stiehlt sich durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen und malt einen goldenen Kringel an die Tapete. Kleine Staubkörnchen tanzen in der Luft. Ich liege in meinem Bett und warte. Darauf, dass ich mich anders fühle. Und darauf, dass meine Familie endlich auftaucht, um mir zu gratulieren.
    „Happy birthday to youuu, happy birthday to youuuu … “, singt jemand im Flur.
    Es geht los! Ich flutsche tief unter meine Decke und stelle mich schlafend.
    „Guten Morgen, Geburtstagskind!“, ruft meine Mutter, fröhlich wie immer. Die ist jeden Morgen gnadenlos gut drauf, egal wie früh es ist, ob’s stürmt oder schneit. Echt unglaublich.
    Jemand zieht mir die Bettdecke weg. Das kann nur Jakob sein. Na warte! Ich erwische einen Zipfel und ziehe mit voller Kraft zurück. Jakob fällt halb auf mich und grinst.
    „Häppi Börsdeh, du alte Schwester“, sagt er.
    Er war gestern beim Friseur und sieht aus wie ein kleines Hähnchen. Die Haare sind stachelig kurz geschnitten und in der Mitte zu einem kleinen Kamm gegelt. Seit er auf die Gesamtschule geht, legt er Wert auf sein Äußeres. Sehr süß.
    „Danke“, sage ich und befreie mich von ihm, um meine Geschenke entgegenzunehmen. Vorher hält mein Vater mir allerdings noch einen Schokoladenkuchen mit fünfzehn Kerzen unter die Nase. Da ist sie also, die Zusatzkerze! Ich hole tief Luft, kneife die Augen zusammen und puste. Dann werde ich umarmt. Links von Papa, rechts von Mama. Irgendwo dazwischen sind Jakob und der Kuchen. Und Mau, der von dem Radau aufgewacht ist und mitspielen will, indem er versucht, meine Zehen zu fangen.
    „Aua!“, protestiere ich. „Lass das! Ich hab Geburtstag!“
    „Beeil dich, Conni“, sagt meine Mutter. „Unten wartet dein Geburtstagstisch auf dich.“
    Mein Vater stellt den Kuchen auf den Nachttisch. Wie jetzt, keine Geschenke? Na gut, vielleicht ist es etwas Größeres. Ich will mal nicht so sein. Eigentlich habe ich mir ein iPad gewünscht, und das ist nun wirklich nicht so groß, als dass meine Eltern es nicht hätten nach oben tragen können. Es muss also etwas anderes sein. Fragt sich nur was? Ein rosa Elefant vielleicht?
    Ich hüpfe aus dem Bett. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es vielleicht noch, vor Jakob ins Bad zu kommen. Er hat zwar seine Haare gestylt, aber angezogen ist er noch nicht. Wenn er das Badezimmer erst mal
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