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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
Autoren: David Baldacci
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Prolog
    I hre Schritte waren bedächtig. Die Straße hinunter, dann nach links, zwei Querstraßen entlang, dann nach rechts. An einer Abzweigung legte sie eine kurze Pause ein; an der nächsten machte sie einen längeren Halt. Aber das war reine Gewohnheit, denn ihr inneres Radar zeigte keine Gefahr an. Sie beschleunigte ihre Schritte. Es waren noch ziemlich viele Passanten auf der Straße, obwohl es spät war, aber die Leute sahen sie nicht. Sie schien wie eine Brise an ihnen vorbeizuwehen - man fühlte sie, ohne sie sehen zu können.
    Das dreistöckige Gebäude war dort, wo es immer gewesen war, wie festgekeilt zwischen einem Hochhaus zur Linken und einem Rohbau zur Rechten. Natürlich gab es Sicherheitseinrichtungen, aber die waren nicht der Rede wert. Einen Anfänger würden sie nur ein paar Minuten aufhalten, für einen Profi waren sie ein Witz.
    Sie suchte sich ein Fenster auf der Rückseite des Gebäudes aus, statt durch die Vordertür einzubrechen. Diese Einstiegspunkte waren fast nie verkabelt. Sie legte den Riegel um, schob das Fenster hoch und wand sich hindurch. Die Bewegungssensoren hatte sie rasch hinter sich gelassen, aber dann wurde sie doch nervös: Sie war jetzt sehr nahe am Ziel, und das jagte ihr eine Heidenangst ein, auch wenn sie es nie zugegeben hätte.
    Der Aktenschrank war verschlossen. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.
    Du machst mir ganz schön Arbeit, Horatio.
    Fünfzehn Sekunden später glitt die Schublade auf. Ihre Finger huschten über die Rücken der Aktenmappen. Genau in der Mitte hielt sie inne - dort, wo sie es nie erwartet hätte. Es war eine dicke Akte, aber damit hatte sie gerechnet. Sie zog die Akte heraus und blickte zum Kopierer.
    Okay, dann los.
    Horatio Barnes war ihr Psychiater. Vor einiger Zeit hatte er sie überredet, in eine Klinik zu gehen. Doch durch diese freiwillige Einkerkerung war aber nur ein einziges Rätsel gelöst worden, und das hatte nichts mit ihren Problemen zu tun. Später hatte Horatio sie hypnotisiert und in die Kindheit zurückgeführt; jeder Seelenklempner, der sein Geld wert war, tat das früher oder später. Die Sitzung hatte offenbar viele Dinge zutage gefördert. Das Problem war nur, dass Horatio beschlossen hatte, ihr nicht alles zu sagen, was sie ihm enthüllt hatte. Und nun war sie hier, um dieses Versäumnis zu korrigieren.
    Sie legte die Seiten in den Papiereinzug des Kopierers und drückte den Knopf. Eins nach dem anderen huschten die Ereignisse ihres Lebens durch das Gerät. Und mit jedem Blatt Papier, das in die Ablage geworfen wurde, ging ihr Puls schneller.
    Schließlich steckte sie die Originalakte wieder in die Schublade und band die Kopie mit einem Gummiband zusammen. Ruhig ging sie zu ihrem SUV zurück, erneut so unsichtbar wie eine Brise. Um sie her wogte das Nachtleben, doch niemand sah sie.
    Sie stieg in ihren Wagen, ließ den Motor an. Ihre Hände legten sich um das Lenkrad. Sie hatte es schon immer geliebt, die Kraft der Achtzylindermaschine zu spüren, wenn sie über unbekannte Straßen raste. Doch als sie nun durch die Windschutzscheibe blickte, wollte sie nichts Unbekanntes mehr, nichts Neues. Sie wollte, dass alles wieder so wurde wie früher.
    Sie blickte auf die Akte, sah den Namen auf der ersten Seite.
    Michelle Maxwell.
    Für einen Augenblick schien es ein fremder Name zu sein: Auf den kopierten Seiten standen das Leben, die Geheimnisse und die Qualen eines anderen. Probleme. Was für ein furchtbares Wort. Dabei klang es so harmlos. Probleme. Jeder hatte Probleme.
    Der hubraumstarke Motor des SUV bollerte im Leerlauf und blies Kohlendioxid in eine Atmosphäre, die ohnehin schon voll davon war. Ein paar dicke Regentropfen klatschten auf die Windschutzscheibe. Michelle sah, wie die Leute schneller gingen, um dem drohenden Wolkenbruch zu entfliehen. Eine Minute später war das Unwetter da. Michelle spürte, wie der Wind an ihrem SUV rüttelte. Ein greller Blitz, krachender Donner. Die Heftigkeit des Unwetters ließ darauf schließen, dass es nicht lange anhalten würde. Eine solch verschwenderische Gewalt hatte sich bald erschöpft, die Energie war rasch aufgebraucht.
    Michelle stellte den Motor ab, griff nach den Kopien, riss das Gummiband herunter und begann zu lesen. Zuerst allgemeine Informationen: Geburtsdatum, Geschlecht, Bildungsweg, berufliche Laufbahn. Michelle blätterte weiter. Da stand nichts, was sie nicht schon wusste. Aber das war keine Überraschung. Schließlich ging es hier um sie.
    Als Michelle auf
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