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Mein Leben als Superagent

Mein Leben als Superagent

Titel: Mein Leben als Superagent
Autoren: Janet Tashjian
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flüchtig eine Hand auf den Arm, dann wendet sie ihre Aufmerksamkeit wieder Mrs James zu. Ich hab in meinem Leben schon viele Filmegesehen, aber ich glaube, noch in keinem hat jemand ein größeres Opfer gebracht als Mom heute. Als wir uns ein paar Stunden später verabschieden, umarmen sich meine Mutter und Mrs James sehr sehr lange.
    Tanzaufführung
    Opfer
    Mom starrt aus dem Fenster, als wir die Auffahrt hinunterrollen. »Können wir die Geschichte um Susan James jetzt als beendet betrachten?«, fragt sie.
    »Ja, ich erkläre sie hiermit offiziell für beendet«, sage ich. »Aber es gibt da noch etwas, das wir dringend klären müssen.«
    offiziell
    Als Mom sich zu mir umdreht, lächelt sie. »Und das wäre?«
    »Wann gibt’s was zu essen?«
    Mom versucht nach mir zu greifen, aber ich weiche quer über den Sitz zu Bodi aus.
    »Sieht so aus, als hätte deineMutter damals den richtigen Hund aus dem Tierheim geholt, was?«, sagt Dad.
    Ich nicke, aber ehrlich gesagt hat Laurens Geschichte nicht dazu geführt, dass ich Bodi jetzt mehr liebe als vorher. Nicht weil ich es nicht zu schätzen wüsste, dass er mir das Leben gerettet hat, sondern weil ich diesen Hund sowieso nicht mehr lieben könnte, als ich ihn eh schon liebe. Ich bin sein Calvin und er ist mein Hobbes – war immer so und wird immer so bleiben.
    Bodi streckt sich auf meinem Schoß aus und hält mir den Bauch zum Kraulen hin. »Du hast in meine Windel gebissen, du verrückter Hund. Ich hoffe, die war nicht voller Babykacke.« Er schaut mich an, als wollte er sagen: Selbst wenn, ich hätte dich trotzdem rausgezogen, du Dumpfbacke.

Eine Sache noch
    Am nächsten Tag beschäftigt mich etwas, aber ich kann nicht genau sagen, was es ist. Erst als meine Eltern auf der Veranda Kaffee trinken und die Zeitung lesen, fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
    »Also, ich weiß, ich hab die Geschichte mit Susan James offiziell für beendet erklärt, aber eines müssen wir auf jeden Fall noch tun, bevor wir von der Insel fahren.«
    Mein Vater lässt den Kopf nach vorne kippen, als hätte ihn ein Basketball von hinten getroffen. Mom liesteinfach weiter, als hätte ich gar nichts gesagt.
    »Wir müssen nach South Beach. Dahin, wo alles passiert ist.«
    »Zu viele Erinnerungen«, sagt Dad. »Und zu viele Touristen.«
    »Und wenn wir ganz früh morgens hingehen?«, schlage ich vor. »Nur für ein paar Minuten. Bitte!«
    Mom lässt die Zeitung sinken. »Nimmt das eigentlich nie ein Ende?«
    »Doch. Heute. Versprochen.«
    Margots Visualisierungs-Technik, mein Daumenkino und Michaels Animation meiner Wortschatzzeichnungen haben meine Art, Geschichten zu sehen, irgendwie verändert. Jetzt kommt es mir so vor, als würde eine Szene aus Susan James’ Leben fehlen, wenn wir nicht nach South Beach fahren.
    Mom schweigt minutenlang. »Ehrlich gesagt«, raunt sie schließlich, »vielleichtist das gar keine so schlechte Idee. Lasst uns sofort losfahren, bevor es zu heiß wird.«
    »Und zu viele Touristen da sind«, wiederholt mein Vater.
    Ich frage, ob Bodi mitkommen kann, aber Mom erklärt mir, dass Hunde im Sommer am Strand verboten sind. Mein Glück, dass Susan James diese Regel seinerzeit missachtet hat.
    missachten
    Wir packen Mineralwasser, Sonnenmilch und etwas zu essen ein und machen uns auf den Weg auf die andere Seite der Insel.
    Dad parkt den Wagen am Straßenrand und wir gehen zur rechten Strandseite runter, da wo sich Lauren und Susan laut Laurens Erzählung damals aufgehalten haben. Gar nicht so einfach, sich durch den weichen Sand zu kämpfen, also stapfen wir lieber zum Wasser, wo es sich auf demfesten nassen Sand besser laufen lässt.
    Als wir am Rettungsschwimmerturm vorbei sind, gehen wir noch ein paar Minuten weiter. Die Wellen sind hier höher als an allen anderen Stränden, die wir auf dieser Reise aufgesucht haben. Einmal erschrecke ich mich sogar, als ein Brecher direkt neben mir ans Ufer kracht.
    Dad nimmt Moms Hand. Nach einer Weile bleiben sie stehen und wenden sich dem Ozean zu. Der Ort ist wunderschön, aber es fällt mir schwer, nicht daran zu denken, was sich vor zehn Jahren hier abgespielt hat. Ich hole tief Luft und schicke Susan James in Gedanken einen Abschiedsgruß. Mom greift nach meiner Hand. Das Meer ist unendlich.
    unendlich
    »Nächster Halt: Portugal«, sagt mein Vater.
    Ich werfe ein paar Steine ins Wasser und denke an Mrs James und wie schwer es ihr fallen muss, ihren banalen Alltag zu bewältigen, ihren Garten zu bewässern, den Müll
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