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Mein Leben als Superagent

Mein Leben als Superagent

Titel: Mein Leben als Superagent
Autoren: Janet Tashjian
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hält Lauren mich noch mal zurück.
    »Hier, für dich.« Sie drückt mir das Lederhalsband mit Muscheln und Federn in die Hand, das ich mir amAnfang angeguckt hatte. »Trag es, wenn du Skateboard fährst.«
    »Vielleicht überbringt es mir ja göttliche Botschaften.«
    Lauren lächelt. »Manchmal sollte man vielleicht nicht mehr erwarten als eine gute Fahrt.« Sie legt mir die Kette um den Hals und hält mich dann auf Armlänge von sich weg, um mich zu betrachten. Ich nehme ihre Worte und die Kette als schützende Allwetter-Ausrüstung für stürmische Zeiten mit.
    Zum Abschied drücke ich Lauren auch, obwohl ich das nicht müsste, und dann laufe ich meinen Eltern nach. Sie stehen schon am Auto und Mom weint immer noch.
    »Wir besuchen Madeline James einen Tag früher als geplant«, sagt sie. »Ich fühle mich so betrogen! Diesmal bin ich diejenige, die Antworten haben möchte.«
    betrogen
    Mein Vater funkelt mich an, als wollte er sagen: Das hast du ja mal wieder fein hingekriegt!

Mrs James
    Als Dad meine Mutter bittet, sich das Ganze noch mal durch den Kopf gehen zu lassen, besteht ihre Antwort in einer Wut- und Schmerz-Explosion. Ich würde alles geben, wenn ich die Zeit bis zu dem Tag zurückdrehen könnte, an dem ich den Zeitungsartikel gefunden habe. Was hab ich mir damals bloß dabei gedacht?
    durch den Kopf gehen lassen
    Das Haus von Mrs James ist komplett rosenumrankt, und aus irgendeinem Grund denke ich daran, was Carly jetzt wohl im Lern-Camp so macht. Und genau wie damals bei dem Besuch beiCarly frage ich Mom, ob ich nicht im Auto warten könnte.
    »Du hast das alles hier losgetreten«, sagt Mom. »Und deshalb gehst du gefälligst auch den ganzen Weg bis zum Ende mit.«
    Wir treffen Mrs James im Garten an. Sie trägt grüne Stiefel, hellbraune Shorts und ein grellrosa T-Shirt. Ihre Haare sind zwar noch sehr blond, aber sie sieht trotzdem viel älter aus als meine Eltern. »Oh, ich hatte Sie erst morgen erwartet! Aber kommen Sie doch rein.«
    Sie wirkt erfreut, uns endlich wiederzusehen, und umarmt Mom zur Begrüßung. Meine Mutter hat den gleichen Gesichtsausdruck wie wenn mein Onkel Bob mit einer neuen Freundin bei uns aufkreuzt.
    Mrs James beugt sich zu mir herunter und gibt mir die Hand. »Und dumusst Derek sein. Ich hol dir mal ein Glas Limonade.«
    Wir folgen ihr in die Küche und sie holt einen vollen Krug aus dem Kühlschrank. Halbe Zitronenscheiben schwimmen wie fröhliche Smileys an der Oberfläche, und ich frage mich, ob sie sich in traurige Smileys verwandeln, wenn Mom Mrs James erzählt, was sie von ihr hält. Okay, Mrs James hat die ganzen Jahre gelogen, was den Tod ihrer Tochter angeht, aber ich hoffe trotzdem, dass Mom sich ihr gegenüber nicht so wütend gibt, wie sie vorhin im Auto war. Dad sieht aus, als hätte er genau die gleichen Sorgen.
    An einer Wand prangt eine riesige Collage aus ungerahmten Fotos von Susan und ich muss an die Bilder in Moms Praxis denken. Ich zupfe Mom am Ärmel, um ihr die Collage zu zeigen, aber sie kann jetzt anscheinend nurnoch an die Ungerechtigkeit denken, die ihr zehn Jahre lang widerfahren ist.
    Ungerechtigkeit
    »Nächste Woche würde Susan achtundzwanzig werden.« Mrs James fährt mit einem grellrosa lackierten Fingernagel über ein Foto, auf dem ihre Tochter eine Katze im Arm hat.
    »Also, der Tag, an dem …«, setzt meine Mutter an.
    Mrs James dreht sich zu ihr um, und auf einmal hört die Erde auf, sich um ihre Achse zu drehen – oder zumindest kommt es mir so vor. Mrs James’ Augen sind so voller Traurigkeit, dass sie den Worten, die aus dem Mund meiner Mutter strömen wollten, einen Riegel vorschieben. Egal ob Mrs James ihre Tochter nun fälschlich als Heldin aufgebaut hat oder nicht – diese Frau hat damals ihr Kind verloren, und so wie sie aussieht, muss es für sie nochgenauso schmerzhaft sein, als wäre es erst gestern passiert.
    Erdachse
    So hin und her gerissen hab ich Mom noch nie erlebt. Sie starrt auf ihre Füße, schüttelt den Kopf, dann schaut sie schließlich wieder hoch.
    »Susan war bestimmt ein wundervolles Mädchen«, sagt sie. »Erzählen Sie uns doch ein bisschen von ihr.«
    Mrs James’ Gesicht hellt sich schlagartig auf, und sie zeigt uns Fotos von Susan bei einer Tanzaufführung, Susan bei ihren Großeltern in Deutschland, Susan mit einem Kind, dem sie nach der Schule Nachhilfe gibt. Keiner von uns unterbricht sie, wir alle nicken eifrig, während Mrs James von einem Bild zum nächsten wechselt. Meine Mutter legt mir
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